Was sind nachhaltige Immobilien-Investments?
Heutzutage ist alles nachhaltig. Das Wort ist mittlerweile so abgenutzt, dass wir uns oft keine Gedanken darüber machen, was es eigentlich genau bedeutet. Immobilien-Investments sollten natürlich auch nachhaltig sein. Zwar kristallisiert sich allmählich ein umfassendes Verständnis des Begriffs der Nachhaltigkeit heraus, das sich nicht nur einseitig auf einzelne Aspekte fokussiert. Dennoch: Insbesondere die Herausforderungen, die sich aus dem demografischen Trend ergeben, werden dabei noch viel zu oft unzureichend oder gar nicht berücksichtigt.
Viel zu oft werden bei Immobilieninvestitionen der energetische Aspekt der Nachhaltigkeit ins Zentrum gerückt und demografische Gesichtspunkte vernachlässigt. Die Zahlen sprechen hier eine deutliche Sprache: Dem Geschäftsbericht der KfW-Bankengruppe zufolge wurde das energieeffiziente Sanieren und Bauen im Jahr 2013 mit 10,4 Milliarden Euro gefördert, der altengerechte Umbau dagegen nur mit 408 Millionen Euro. Das zeigt, dass auch für die Politik Nachhaltigkeit bei Immobilien in erster Linie mit ökologischen Aspekten zu tun hat.
Unter Immobilieninvestoren und Projektentwicklern herrscht inzwischen weitgehend Konsens darüber, dass sich Nachhaltigkeit beim Bau nicht allein auf ökologische Aspekte beziehen sollte. Vielmehr bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, die vor allem von der Frage ausgeht, inwiefern eine Immobilie mittel- und langfristig marktgerecht und wettbewerbsfähig sein kann. Denn ein Gebäude, das leer steht oder nur teilweise vermietet werden kann, ist unter Nachhaltigkeitsaspekten in jedem Fall problematisch: Es bedeutet nicht nur finanzielle Einbußen für den Investor, sondern auch eine Verschwendung von Ressourcen.
Die langfristigen demografischen Trends in Deutschland sprechen eine klare Sprache. Es ist ebenso absehbar, dass die Lebenserwartung in den kommenden Jahren weiter steigen wird, wie sich bereits heute abzeichnet, dass die Einwohnerzahl perspektivisch abnehmen wird. Denn in Deutschland werden bekanntermaßen zu wenige Kinder geboren, um die Bevölkerungszahl konstant zu halten. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung – und damit auch der Nachfrager am Wohnungsmarkt – wird also weiter steigen. Wer künftig in Deutschland Wohnraum vermieten will, wird mehr potenzielle Mieter in höherem Lebensalter finden als unter jungen Menschen, die gerade ins Berufsleben starten oder sich in der Ausbildung befinden. Das bedeutet zugleich, dass die angebotenen Wohnungen viel stärker als bisher auf die Anforderungen dieser Zielgruppe zugeschnitten sein müssen. Wer diese Entwicklung ignoriert, riskiert erhebliche Fehlinvestitionen. Umgekehrt bieten sich Investoren attraktive Chancen, wenn es ihnen gelingt, bedarfsgerechte Wohnungen für das Wohnen im Alter anzubieten.
Dass Barrierefreiheit ein zentrales Kriterium sein muss, liegt dabei auf der Hand. Zahlreiche Wohnhäuser in Deutschland verfügen bis heute über keinen Aufzug. Teilweise ist es auch nur unter unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, Aufzüge nachträglich zu installieren. Und selbst dort, wo ein Aufzug vorhanden ist, bedeutet das keineswegs, dass damit in jedem Fall eine Barrierefreiheit gegeben wäre. Wo Aufzüge nachgerüstet wurden, halten diese häufig „auf halber Treppe“ – also auf den Treppenpodesten zwischen den Etagen. In diesen Fällen ist die Wohnung dann auch trotz Aufzug nicht mit Rollstuhl oder dem Rollator zu erreichen.
Zahlen von ImmobilienScout24 zeigen, dass deutschlandweit nur etwa 1,6 Millionen von insgesamt etwa 21 Millionen Wohnungen in Gebäuden mit drei oder mehr Wohneinheiten über einen altersgerechten Fahrstuhl verfügen. Laut Prognos-Studie gibt es in der Altersgruppe der über 65-Jährigen in Deutschland rund 3,7 Millionen Menschen, deren Bewegungsfreiheit alters- und gesundheitsbedingt eingeschränkt ist. Allein für diese Gruppe fehlen aktuell 2,1 Millionen Wohnungen mit altersgerechtem Aufzug. Hinzu kommt, dass nicht in jeder Wohnung mit altersgerechtem Aufzug auch tatsächlich über 65-Jährige wohnen. Laut einer vom Kuratorium Deutsche Altershilfe durchgeführten Untersuchung zum Thema „Wohnen im Alter“ leben nur 5,2 Prozent der Menschen, die älter als 65 Jahre sind, in altersgerechten Wohnungen. Bei den Seniorenhaushalten mit pflegebedürftigem Mitglied sind es 7,7 Prozent. Folglich ist der Bedarf an altersgerechten Wohnungen noch sehr viel höher.
Neben der Barrierefreiheit gilt es eine Reihe anderer Faktoren zu beachten, die dafür ausschlaggebend sind, ob und inwiefern eine Wohnung den Anforderungen des Wohnens im Alter genügt – man könnte auch sagen: ob sie demografiefest ist. Zum einen müssen die Wohnungen bezahlbar sein. Angebote im Luxussegment gibt es in ausreichender Zahl, doch die Zahl der potenziellen Mieter oder Käufer dafür ist begrenzt. Bezahlbare, barrierefreie Wohnungen mit modernem Standard gibt es jedoch viel zu wenig. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die notwendige Differenzierung und Vielfalt des Angebots. Wohnen im Alter bedeutet für viele Menschen in erster Linie eben nicht betreutes Wohnen oder Wohnen in einer Pflegeeinrichtung. Viel wichtiger ist es, dass die Wohnung auch im höheren Lebensalter und bei eventuellen gesundheitlichen Einschränkungen möglichst lange ein eigenständiges Leben erlaubt, und dass später bei Bedarf zusätzliche Angebote – beispielsweise eine Pflege zu Hause – problemlos integriert werden können.
Um den Bewohnern möglichst lange Autonomie zu gewährleisten, hat ein geeigneter Mikrostandort gewisse Anforderungen. Eine ruhige Lage im Grünen mag ihre Vorteile haben, sie wird für ältere Menschen jedoch schnell zum Problem. Das hat vor allem infrastrukturelle Gründe, etwa wenn es an einer guten Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz fehlt oder wenn Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte und andere im Alltag benötigte Dienstleister nicht oder nur umständlich erreichbar sind. Dabei darf jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass es – aufgrund des nachlassenden Hörvermögens – für ältere Menschen nicht auch künftig auf eine möglichst ruhige Wohnumgebung ankommt. Denn in dem Frequenzbereich, in dem sie trotz zunehmender Schwerhörigkeit hören können, sind ältere Menschen empfindlicher.
In den Wohnanlagen selbst sind neben dem barrierefreien Zugang auch Abstellmöglichkeiten beispielsweise für den Rollator notwendig; zudem sollte es möglich sein, mit dem Auto direkt bis vor die Haustür zu fahren. Geschätzt werden zudem ein hohes Sicherheitsgefühl im Wohnumfeld oder eine Abstellkammer in der Wohnung, statt eines schlecht erreichbaren Mieterkellers und schwellenfreier Bäder. Die Wohnungsgrundrisse sowie großzügige private Freiflächen auf Terrassen oder Balkonen sollten ausreichende Bewegungsradien erlauben.
Hier besteht sicherlich Korrekturbedarf im Bereich staatlicher Wohnungsbauförderungen. So wurden mit KfW-Mitteln in den vergangenen drei Jahren nur rund 53.000 barrierearme Wohnungen gefördert – und damit deutlich weniger als im Bereich der energetischen Sanierung. In diesem Tempo würde es rund 115 Jahre dauern, bis der geschätzte Bedarf von etwa 2,05 Millionen barrierefreien Wohnungen gedeckt wäre, der in einer aktuellen Prognos-Studie ermittelt wurde.
Wer nachhaltige Wohnimmobilien-Investments sucht, sollte dabei nicht nur auf den ökologischen Fingerabdruck achten. Entscheidend sind demografische Aspekte, um auch in 30 Jahren noch eine Wohnung zu haben, für die es eine ausreichende Nachfrage gibt. Wer glaubt, dass sich Immobilieninteressenten erst im fortgeschrittenen Alter für barrierefreien Wohnraum interessieren, der täuscht sich: So belegt eine aktuelle Umfrage von Immonet, dass sich sogar die junge Generation schon mit dem Thema „Wohnen im Alter“ auseinanderzusetzen scheint. Rund die Hälfte der unter 25-Jährigen würde das Eigenheim barrierefrei planen. Insgesamt würden drei Viertel der Befragten ihre eigene Immobilie barrierefrei planen. Grund genug als Investor, demografische Aspekte bei der Investition zu berücksichtigen, um tatsächlich nachhaltige Investments zu tätigen.
Gastbeitrag:
Dr. Michael Held
ist Geschäftsführender Gesellschafter der Terragon Immobilien GmbH. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung als Projektentwickler.
Terragon Immobilien
hat sich auf nachhaltige und qualitativ hochwertige Senioren- und Pflegeimmo-bilien, insbesondere für Betreutes Wohnen, im gesamten Bundesgebiet spezialisiert. Das Unternehmen unterstützt Bauherren und Investoren bei der Finanzierung und Realisierung von Vorhaben. Bis heute hat die Terragon Projekte im Gesamtumfang von fast 300 Millionen Euro verwirklicht.