Bewegte Zeit – Euro-Bargeld feiert 15. Geburtstag
In wenigen Tagen feiert der Euro seinen 15. Geburtstag: Am 1. Januar 2002 wurden die ersten Münzen und Banknoten an die Bevölkerung ausgegeben und der Umtausch gegen die einzelnen Länderwährungen begann. Bereits drei Jahre zuvor, Anfang 1999, war der Euro allerdings als Buchgeld eingeführt worden. Daher stellt sich die Frage, welches Datum Anlass zum Feiern gibt. Bei Hochzeiten entscheidet man sich für das emotionalere Ereignis – das wäre im Falle des Euro zweifellos die Bargeldeinführung, findet Joachim Corbach, Leiter für Währungen und Rohstoffe bei GAM.
Gläsernes Jubiläum
Das 15-jährige Hochzeitsjubiläum wird auch als gläserne Hochzeit bezeichnet. Manche Investoren dürften Joachim Corbach zufolge diese Analogie durchaus als treffend bezeichnen, scheine der Euro derzeit doch äußerst zerbrechlich zu sein. Immer weniger Marktbeobachter würden erwarten, dass der Euro in zehn Jahren noch sein silbernes Jubiläum feiern kann.
„Häufig wird zu wenig beachtet, dass die Einführung des Euro von Anfang an mindestens so sehr eine politische wie eine ökonomische Entscheidung war. Natürlich ist die Eurozone weit entfernt von einem optimalen Währungsraum“, sagt Joachim Corbach. Die einzelnen Volkswirtschaften seien sehr heterogen, die Konjunkturzyklen zu asymmetrisch und die Faktormobilität zu gering. „Zugegebenermaßen ist es deshalb ungewiss, ob die ökonomischen Vorteile die Nachteile in jedem Moment aufwiegen. Die treibende Kraft zur Einführung des Euro war politische Motivation. Die Idee der Gemeinschaftswährung war schon zu Beginn der Siebzigerjahre eng mit der europäischen Integration und der Schaffung eines europäischen Marktes verbunden“, erinnert sich Corbach. „Die Akzeptanz in der Bevölkerung einiger Euro-Staaten war zu Beginn zwar klein – in Deutschland lag sie beispielsweise unter 40 Prozent und verleitete den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl zu der Aussage, dass er bei diesem Thema wie ein Diktator handelte – stieg aber in den Folgejahren sukzessive an und ist trotz einiger Proteststimmen immer noch sehr hoch.“
Evolution des Wirtschaftsraums Europa
Eine wirtschaftliche Konvergenz der Länder innerhalb der Eurozone sei für ein langfristiges Überleben des Euro zwingend notwendig, stellt Corbach fest. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt von Maastricht allerdings stelle offensichtlich keine hinreichende Maßnahme zur Erreichung dieses Zieles dar: „Zumindest in den letzten Jahren hat man den Eindruck gewonnen, dass die Maastricht-Kriterien wohl eher zur Krise der Eurozone beigetragen haben, als diese zu verhindern. Es ist deshalb folgerichtig, dass mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und den massiven Anleihekäufen der EZB die Nichtbeistands-Klausel faktisch fallengelassen wurde.“ Auch andere wichtige Korrekturen seien vorgenommen worden, so etwa die 2014 beschlossene Bankenunion mit der sowohl die Bankenaufsicht als auch der Bankenabwicklungsmechanismus vereinheitlicht worden seien. Corbach kritisiert hingegen, dass die Einlagensicherung nicht darunterfalle.
Die Zukunft des Euro
Auch die künftige Entwicklung der Gemeinschaftswährung könne schwierig werden: Die politischen Risiken im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen in Frankreich seien nicht zu vernachlässigen. So wäre es möglich, dass in Frankreich im kommenden Jahr politische Kräfte an die Macht gelangen, die sich in der Vergangenheit explizit für einen Austritt Frankreichs aus der Eurozone ausgesprochen haben. „Das Beispiel Griechenlands zeigt jedoch, dass ein Wahlsieg von Eurokritikern nicht zwingend zu einem Austritt aus der Eurozone führt. Das ist nicht besonders verwunderlich, weil ein Austritt die wirtschaftliche Situation dieser Länder zumindest kurzfristig nicht verbessern, sondern eher deutlich verschlechtern würde. Trotz einer wachsenden Zahl pessimistischer Marktmeinungen ist es deshalb wahrscheinlich, dass der Euro noch so manches Jubiläum feiern kann."
Euro unterbewertet, Erholung erwartet
Was bedeutet dies nun für Investoren? „Der Euro ist gemessen an Kaufkraftparitäten fundamental deutlich unterbewertet. Dafür scheinen neben der gestiegenen Zinsdifferenz zum US-amerikanischen Dollar und der weiterhin ungelösten Problematik fauler Kredite in den Bilanzen großer europäischer Banken auch erwartete politische Risiken verantwortlich zu sein“, erläutert Corbach. Angesichts der Tatsache, dass bereits einige negative Erwartungen im aktuellen Kurs eingepreist seien und der Euro durch die stark positive Zahlungsbilanz laufend Unterstützung erhalte, dürfte sich der Wert des Euro in den kommenden Monaten laut Corbach stabilisieren oder sogar leicht erholen.