So erzielen Profis positive reale Renditen trotz steigender Zinsen
Während die Finanzkrise immer noch nicht vorüber ist, werden Anleger bereits wieder mit neuen Szenarien konfrontiert. Die wirtschaftliche Erholung in den USA, eine mögliche Reflation in Japan und eine Reduzierung des Quantitative Easings üben Druck auf die Zinssätze aus. Wie Anleger in dieser Welt der Unsicherheiten positive reale Erträge generieren können, erklärt Peter Doherty von Tideway Investment Partners im Interview.
altii: Niedrige Volatilität, positive reale Erträge und ein handhabbares Risiko. Das mit festverzinslichen Wertpapieren zu erreichen klingt wie die Quadratur des Kreises. Ist das tatsächlich möglich?
Peter Doherty: Zwei wichtige Themen fördern derzeit die steigende Emission von Anleihen: Zum einen fahren Banken ihr Fremdkapitalengagement zurück. Daher geben viele Unternehmen zum ersten Mal selber Wertpapiere aus oder nutzen das Instrument stärker zur Finanzierung.
Zum anderen nutzen viele unterschiedliche Emittenten, also Banken, Versicherungen und Unternehmen, die Ausgabe neuer Anleihen als Alternative zu frischem Eigenkapital.
Obwohl diese Papiere per Definition riskanter sind, lässt sich das Risiko reduzieren, indem man die Emittenten mit der stärksten Bilanz wählt. So ist es durchaus möglich, positive reale Renditen zu bekommen und gleichzeitig ein hohes Maß an Sicherheit zu haben.
altii: Wie investieren Sie, ohne zu viel Risiko einzugehen?
Doherty: Ich sage gerne, dass ich immer versuche, das schlechteste Haus in der besten Straße zu kaufen. Gehen Sie kein unnötiges Emittenten- oder Ausfallrisiko ein. Wählen Sie stattdessen einen allgemein bekannten Namen mit einer starken Bilanz und einer guten Marke und suchen Sie dann nach einem Rentenpapier, das aus irgendeinem Grund ungewöhnlich günstig ist.
altii: Welche Zielrenditen sind bei solchen Rentenpapieren künftig realistisch?
Doherty: Durch das sorgfältige managen von Durations- und Kreditrisiken wird es immer noch möglich sein, 6 Prozent pro Jahr nach Gebühren zu liefern – über viele Jahre hinweg. Offensichtlich ist das mit 10-jährigen Staatspapieren für 1,8 Prozent schwieriger. Das ist das Feld, in dem sich der klare Mehrwert eines aktiven Managements und der täglichen Suche nach risikoadjustierten Erträgen auszahlt.
altii: Auf was für eine Wertentwicklung kann Ihr Fonds zurückblicken?
Doherty: Der Fonds startete im September 2011 und hat seitdem 27 Prozent nach Gebühren abgeliefert. In beiden Kalenderjahren waren die Erträge mit etwa 13,5 Prozent nahezu gleich. Das Jahr 2013 war bis zum heutigen Tag eine deutliche Herausforderung. Aber wir sind stetig im positiven Bereich mit über 3 Prozent (YTD) und müssen damit den Vergleich mit anderen Fonds nicht scheuen.
altii: Was war der maximale Verlust?
Doherty: Der maximale Drawdown seit Auflegung, gemessen am täglichen NAV war 4,1 Prozent. Mein Ziel ist es, niemals über 5 Prozent abzugeben. Das ist ein schwieriges Ziel, gemessen an dem Umfeld, in dem wir uns bewegen. Wenn wir aber nicht so strenge Ziele hätten, würden die Investoren sich zurecht fragen, warum sie uns ihr Geld anvertrauen sollten.
altii: Sie schauen sehr stark auf die fundamentalen Wirtschaftsdaten. Wann werden wir wieder steigende Zinsen sehen?
Doherty: Ich glaube, dass es 2014 keine Erhöhungen von offizieller Seite geben wird. Die Zinskurven könnten dennoch etwas steiler werden, um die anstehenden Zinsbewegungen im Jahr 2015 und darüber hinaus zu reflektieren. Wenn die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und die Inflationserwartungen in den USA zunehmen, werden die Zinsen weit schneller und höher steigen, als dies gegenwärtig erwartet wird.
altii: Die Bilanz der US-Notenbank ist außer Kontrolle geraten. Was bedeutet das für Bond-Investoren?
Doherty: Ist die Bilanz wirklich aus dem Gleichgewicht? Wer weiß das schon? Ja, die Bilanz der FED ist mit 3,75 Billionen US-Dollar riesig. Doch im Kontext einer Wirtschaftsleistung von 15 Billionen Dollar ist das nicht notwendigerweise unverhältnismäßig. Sicherlich, wenn die Bedingungen für das Ende des QE einmal festgelegt sind und der größte Käufer der US-Schulden nicht länger aktiv sein wird, werden die Zinsen steigen, insbesondere für Hypotheken.
altii: Sollten Bond-Investoren vor einem solchen Wende-Szenario Angst haben?
Doherty: Jeder muss bereits sein, den Schmerz zu ertragen, wenn sich nach dem QE die Zinsen wieder hin zu einem „normalen“ Niveau bewegen. Die Frage ist: Welchen realen Zins können die Volkswirtschaften aushalten? Ich glaube, dieser kann nicht sehr hoch sein. Solange die Verschuldungsraten nicht von über 100 Prozent auf 70 bis 80 Prozent zurückgegangen sind, werden wir eine Periode mit negativen Realzinsen brauchen.
altii: Bei steigenden Zinsen heißt es immer: lange Laufzeiten sind schlecht, kurze sind gut. Ist das so einfach?
Doherty: Das ist keine schlechte Faustregel. Aber wenn die Zinsen nicht so schnell und so stark anziehen, wie viele glauben, dann verliert der Anleger, der auf kurze Laufzeiten setzt. Das ist jetzt tatsächlich fast fünf Jahre lang in den USA geschehen und in der Tat sind die Verluste, sogar bei den sehr langen Laufzeiten nicht wirklich katastrophal.
altii: Wie hedgen Sie die Durationsrisiken?
Doherty: Ich mache da einiges – manches ist konventionell, anderes eher weniger. Eine einfache Methode ist es, zehnjährige Futures auf US-Schatzbriefe, Gilt und Bunds zu verkaufen. Gegenwärtig schätze ich, dass bei einem Anstieg der zehnjährigen Zinsen um 100 Basispunkte der Fond nur 0,6 Prozent verlieren würde.
Auf dem Papier sieht das Durationsrisiko höher aus. Ein Bond wird bei einem gegebenen Preis auch von Kreditereignissen beeinflusst und das kann zu einer höheren Durationseinschätzung führen.
Ich versuche das zu kompensieren, weil in diesem Fall die Bond-Preis-Bewegung nicht ursächlich durch die Zinsen ausgelöst wird, sondern mit den Kredit-Spreads einhergeht, die sehr stark mit den Aktienmarktrisiken korrelieren. Ich glaube, das ist so ein Moment, bei dem ich mich einbringen kann. Da helfen keine Modelle und keine Formeln. Da helfen nur Erfahrung und Besonnenheit.
altii: Sie investieren in Finanzwerte systemrelevanter Institute. Dabei ist es doch das erklärte Ziel der Regierungen, diese Systemrelevanz künftig zu beseitigen.
Doherty: Banken und Versicherungen sind seit der Krise viel sicherer geworden. Ausschlaggebend aber ist, dass die emittierten Instrumente den Anlegern signifikant höhere und schnellere Verluste bescheren als die vorherigen Kapitalmarktinstrumente.
Also nein, ich stimme der These nicht zu, dass die Regierungen wollen, dass der Sektor uninvestierbar wird. Was gerade passiert ist ein geplanter und klarer Transfer von Risiken vom öffentlichen auf den privaten Sektor. Das ist etwas Gutes.
altii: Gibt es viele Bonds, die derzeit aufgrund der sich verändernden Verhältnisse fehlbepreist sind?
Doherty: Ich glaube, alle „zero recovery“ CoCo’s sollten gemieden werden. Ansonsten finde ich Tier 1 Bonds von Versicherungsunternehmen gut. Auf der Verkaufsseite gibt es relativ wenig Research bzgl. der Verschuldungssituation dieser Emittenten, dass es schon per Definition falsch bewertete Assets gibt.
altii: Würden Sie ein Investment in Banken und Versicherungen im Moment generell empfehlen.
Doherty: Meine Empfehlungen sind sehr selektiv, sogar innerhalb dieser Gesellschaften. Im Allgemeinen kämpfen die Anleger, die Banken und Versicherungen meiden noch auf verschiedenen Feldern gestrige Schlachten. Makroökonomische Risiken bestehen natürlich weiterhin aber die Reparatur der Bilanzen und die Transparenz machen Fortschritte, auch wenn es noch einigen Weg zu gehen gilt.
altii: Gibt es noch andere Sektoren außer der Finanzbranche mit einem ähnlichen Alpha für Bond-Investoren?
Doherty: Ich investiere nicht in Emerging Markets Anleihen, aber ich bin sicher, dass die letzte Verkaufswelle Preis-Anomalien verursacht hat, insbesondere wo liquide Bonds von gut geführten Unternehmen und sogar von Ländern Wert bieten.
altii: Was ist mit Versorgern? Sind die attraktiv?
Doherty: Der Versorgungssektor ist im Allgemeinen defensiv, aber einige Gesellschaften in Europa sollten gemieden werden. Ich fange an auf Länder zu schauen, die einen verlässlichen regulatorischen Rahmen und ein stabiles Umfeld für Unternehmen haben.
altii: Was ist mit Staatsanleihen? Was erwarten Sie hier für das nächste Jahr, insbesondere in der Euro-Zone und in den USA?
Doherty: Staatsanleihen bleiben als Folge des QE und der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (LRGs) in Europa, Japan, den USA und in Großbritannien künstlich teuer. Es ist diese Politik, die kaum vorhersagbar ist, die bestimmt, was künftig bei Staatsanleihen passiert.
Für Banken bedeuten Staatsanleihen immer noch Positionen für Null Prozent Risiko. So bleibt es ein Mechanismus, um mit der Zeit die Bilanzen zu bereinigen und um die lasterhaft spendablen Regierungen zu finanzieren. Ich glaube nicht, dass sich das ändern wird.
Im Interview
Peter Doherty
ist Partner und Chief Investment Officer bei Tideway Investment Partners. Der 46-Jährige hat mehr als 20 Jahre Erfahrung mit festverzinslichen Wertpapieren, Währungen und Derivaten bei Goldman Sachs, Bear Stearns, Bank of America, Solent Capital und Markit.
Tideway Investment Partners LLP
ist ein in London ansässiger Vermögensverwalter unter Aufsicht der englischen Finanzaufsichtsbehörde FSA (Financial Services Authority). Das Unternehmen wurde im Jahr 2009 gegründet und hat sich auf festverzinsliche Anlagen sowie Währungen (Overlay-Strategie) unter makroökonomischen Gesichtspunkten spezialisiert.