Sachwerte - Die Energiewende erfordert eine Technik- und Kapitalwende
Investoren suchen nach realer Rendite bei geringem Risiko, Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbaren Energien brauchen Kapital. Man muss beide Seiten nur zusammenbringen, finden Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner von der Mainova AG und Reinhard Liebing, Alceda Real Asset Trust..
Sind Investitionen in die Energieinfrastruktur und in Erneuerbare Energien ein Modethema? Nein, sie sind vielmehr Ausdruck klarer wirtschaftlicher Notwendigkeit und politischer Vorgaben. Sind sie „nur“ ein deutsches Thema? Auch hier ein klares Nein. Weltweit sind institutionelle Investoren bereit, signifikante Beträge in Infrastrukturprojekte zu investieren. Laut der aktuellen Studie Power & Renewables Deals 2014 Outlook and 2013 Review der Unternehmensberatung PwC stieg der Transaktionswert im Bereich Erneuerbarer Energien im Jahr 2013 um 25 Prozent von knapp 13 auf 16,1 Milliarden Euro. Somit handelt es sich hier um einen globalen Trend.
Dass institutionelle Anleger ihr Augenmerk verstärkt auf dieses Feld richten, hat gute Gründe. Angesichts des Niedrigzinsumfeldes, in dem zehnjährige Bundesanleihen mit nur rund 1,7 Prozent jährlich verzinst werden, einer vergleichsweise hohen Volatilität am Aktienmarkt, häufig geringen Risikobudgets und Mindestrenditezielen in einer Bandbreite von 3,5 bis etwa fünf Prozent pro Jahr sind sie gezwungen, sich mit der strategischen Neuausrichtung ihrer Kapitalanlage zu beschäftigen und Renditepotenziale abseits der klassischen Bondanlagen zu suchen.
Gerade Investitionen in Infrastruktur sind hier attraktiv. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie bieten in der Regel ein attraktives Rendite-Risiko-Profil bei stabilen und langfristig planbaren Cashflows, verbunden mit einem hohen Werterhalt. Das haben australische und kanadische Pensionsfonds laut einer OECD-Studie aus dem Sommer 2013 bereits in den frühen 1990er-Jahren erkannt. Sie haben damals schon begonnen, diese Anlageklasse sehr erfolgreich für sich zu erschließen.
Neu ist das Thema der Infrastrukturinvestitionen also nicht. Neu sind aber die Herausforderungen, vor denen die europäische Energiewirtschaft derzeit steht. Sie beschäftigt die Frage, wie sie angesichts der Energiewende und dem damit verbundenen, dringend notwendigen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien ihr Geschäftsmodell anpassen kann, um langfristig profitabel arbeiten zu können. Erkennbare Wachstumspotenziale gibt es zwar beispielsweise im Netzgeschäft, im Bereich der Erneuerbaren Energien, im Vertriebs- und Endkundengeschäft sowie in den Bereichen der dezentralen Energieversorgung und der Energieeffizienz. Das Problem ist aber der dafür benötigte Finanzbedarf.
Die wesentlichen Elemente der Energiewende hierzulande sind dabei im Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, festgelegt. Laut den aktuellen Plänen der Bundesregierung ist das Ziel, bis 2050 die Kohlendioxid-Emissionen um 80 Prozent zu senken, 25 Prozent des Strombedarfs soll eingespart werden und der Anteil an erneuerbarer Energieerzeugung am Energiemix auf 80 Prozent steigen.
Wie umfangreich, komplex und kapitalintensiv die Herausforderung dieses Projekts aber ist, das wird bei einem genaueren Blick auf die technischen Hintergründe der Energiewende deutlich. Denn im Grundsatz ist die Energiewende zunächst einmal eine Technologiewende. Das traditionelle, von fossiler Primärenergie dominierte Energiesystem soll in einem Zeitraum von knapp 40 Jahren in ein regeneratives System überführt werden. Wenn die Energiewende gelingen soll, dann muss dies jedoch mit einer Steigerung der Energieeffizienz auf der Anwendungsseite einhergehen. Daran wird deutlich, dass der Aufbau des beschriebenen Systems neue technische Realitäten schafft. Die Medien Strom, Wärme und Gas werden auf neue Weise gekoppelt und der horizontale Energieaustausch gewinnt an Bedeutung. Viele aktuell gültige gesetzliche Regelungen basieren auf dem traditionellen, von Großkraftwerken dominierten Energiesystem und bilden vertikale Energieströme ab. Hier sind daher Anpassungen erforderlich. Die Energiewende wird damit auch zu einer ordnungspolitischen Wende.
Die für die Umsetzung der Energiewende erforderlichen technischen Bausteine sind heute im Grundsatz vorhanden. Doch darf bei all dem nicht vergessen werden, dass der Aufbau der beschriebenen Infrastruktur eine enorme Kapitalmenge erfordert, die langfristig gebunden ist. Die Energiewende stellt damit eine Kapitalwende dar. Das für diesen Transformationsprozess erforderliche Kapital kann zudem nur zu einem geringen Teil von der traditionellen Energiebranche aufgebracht werden. Denn den Versorgern eröffnet die Energiewende zwar neue Geschäftsmöglichkeiten, sie bedeutet zunächst aber rückläufige Umsätze im klassischen Versorgergeschäft.
Auf der anderen Seite eröffnen sich Chancen für Investoren. Bürgergenossenschaften, Kapitalfonds, die Wohnungswirtschaft oder Industrie- und Gewerbebetriebe können Investoren und damit Teil der neuen Energiebranche werden. Tatsächlich finden sich inzwischen vermehrt Beispiele für Kooperationen zwischen Energieversorgern und Finanzinvestoren. So kooperiert E.ON mit Finanzinvestoren aus Abu Dhabi und mit Pensionsfonds aus Dänemark. RWE dagegen strebt künftig nur noch Minderheitsbeteiligungen bei Kraftwerksprojekten an. Vattenfall arbeitet mit einem Investmentfonds zusammen und Tennet kooperiert bei der Netzanbindung von Offshore-Windparks mit Mitsubishi.
Potenzielle Investoren sollten dabei zweierlei bedenken: Zum einen sollte der Blick nicht nur auf den deutschen Markt gehen. Denn die Energiewende ist kein rein deutsches Thema. Chancen liegen insbesondere auch in Norwegen, Schweden, Frankreich, Polen und Irland. Bis 2035 prognostiziert der Ölkonzern BP in seinem „BP Energy Outlook 2035“ zudem einen Anstieg des globalen Energieverbrauchs um 41 Prozent. Die globale Erzeugung Erneuerbarer Energien wird in diesem Zeitraum um das Dreifache gegenüber dem Niveau von 2010 steigen, woraus eine Zunahme des Anteils Erneuerbarer Energien innerhalb des globalen Energiemix von 20 auf 31 Prozent resultiert. Die deutsche Energiewende reiht sich somit in die internationale Entwicklung ein. Das sollten Investoren nutzen, da ein international ausgerichtetes Portfolio zur effizienten Streuung der Investments beiträgt. So ergeben sich mehr und bessere Investmentchancen und das regulatorische Risiko kann insgesamt reduziert werden.
Bei begrenzten internen Ressourcen eines Investors stellt sich deshalb die Frage, wie die Chancen im Bereich der Infrastruktur und insbesondere im Feld der Erneuerbaren Energien genutzt werden können. Der Zugang zu attraktiven Investitionen ist schwierig und die Risiko- sowie Beteiligungsbewertung komplex. Hier bietet sich die Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Service-KVG an. Diese übernimmt die Verwaltung der Sondervermögen eines oder mehrerer Anleger, wobei es sich meist um Spezialfonds handelt. Während Funktionen wie beispielsweise die Administration, das Risikomanagement, die Bewertung und das Reporting einheitlich von der Service-KVG übernommen werden, können für die Verwahrstelle und andere Funktionsbereiche jeweils die besten Anbieter ausgewählt werden.
Eine weitere Lösung können partnerschaftliche Beteiligungsstrukturen sein. Diese sind auf drei Ebenen möglich: als Kooperation auf Ebene eines einzelnen Projektes, als Etablierung eines Joint Ventures, um gemeinsam in unterschiedliche Projekte, wie beispielsweise Windparks in Europa, zu investieren oder die Entwicklung und Umsetzung eines Investmentvehikels, das von einem Energieversorger verwaltet und gesteuert wird.
Fazit: Die Neuausrichtung der Energiewirtschaft ist mit erheblichem Investitions- und Finanzierungsbedarf verbunden. Neben Desinvestitionen kommen Co-Investitionen mit institutionellen Investoren in Betracht, um diese Finanzierung sicherzustellen. Hierfür ist „Financial Engineering“ auf Projekt- und Investorenseite gefragt, um auch aufsichtsrechtlich optimierte Lösungen für regulierte Institutionelle zu erzielen. Zu denken ist hier insbesondere an Solvency II.
Autoren:
Reinhard Liebing
ist Geschäftsführer der Alceda Real Asset Trust GmbH. Zuvor war er in seiner Funktion als Principal bei Mercer Investment Consulting mit Alternativen Investments, steuereffizienten Investment- und Portfoliostrukturierungen, Asset Allokationen, Private Equity sowie Manager-auswahl betraut. Vor dieser Zeit war er als -Geschäftsführer eines renommierten -Multi -Family Offices und als Head of Wealth -Management bei der Tochtergesellschaft einer deutschen Großbank tätig.
Alceda Real Asset Trust (ARAT) begleitet institutionelle Klienten unabhängig und umfassend in Fragen der In- und Desinvestition von Real Assets. Der Fokus liegt dabei auf den Segmenten Infrastruktur, Erneuerbare Energien, Immobilien sowie Land- und Forstwirtschaft. Die Leistungen umfassen die Identifikation und Bewertung attraktiver Real Assets und ihre -Zusammenführung mit Investoren im Rahmen von Einzel- bzw. Club Deal-Transaktionen. Darüber hinaus werden maßgeschneiderte Strukturierungslösungen für Investitionsprojekte unter Beachtung von steuer- und aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten entwickelt. Im Rahmen der Bewertung und Strukturierung kann ARAT auf ein internationales Netzwerk aus externen Spezialisten und Beratern sowie Service-providern zurückgreifen.
Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner
verantwortet bei der Mainova AG die Bereiche Netze und Regulierung, Anlagenbau Erzeugung, Betrieb und Instandhaltung Kraftwerke, Arbeitsmedizinischer Dienst, Sicherheit und Umweltschutz sowie Innovations- und Wissensmanagement. Zuvor war er Technischer Vorstand der slowakischen Landesgesellschaft der RWE, der VSE, sowie Technischer Geschäftsführer der RWE Rhein-Ruhr Netzservice GmbH. Von 2001 bis 2004 war er Prokurist der LEW AG und verantwortlich für den Geschäftsbereich Netzbetrieb.
Mainova AG versorgt als Energiepartner die Rhein-Main-Region zuverlässig und umweltschonend mit Strom, Erdgas, Wärme und Wasser.