Ein Beitrag von Dr. Marcus Cieleback, Chief Urban Economist, PATRIZIA SE: PATRIZIA feiert dieses Jahr sein 40-jähriges Jubiläum als unabhängiger Investment-Manager für Immobilien und Infrastruktur. Das Unternehmen wurde 1984 von Wolfgang Egger in Augsburg gegründet und hat sich in wenigen Jahrzehnten von einem lokalen Entwickler und Bauträger für Wohnungsbau über einen Immobilieninvestor in ganz Deutschland hin zu einem international anerkannten Investment-Manager für Immobilien und Infrastruktur entwickelt. Mit gut 900 Mitarbeitern an 27 Standorten weltweit verwaltet PATRIZIA aktuell rund 56 Milliarden Euro Vermögen seiner globalen institutionellen und privaten Kunden verwaltet.
Innerhalb dieser vier Jahrzehnte hat sich die Branche der Sachwerte-Investitionen dramatisch verändert und damit auch das Geschäftsmodell der PATRIZIA. Unsere Industrie wird heute durch vier große Megatrends maßgeblich bestimmt: Digitalisierung, Urbanisierung, Energiewende und eine grundlegende Veränderung unseres Lebenswandels. Hinzu kommen regulatorische Veränderungen sowie politische und wirtschaftliche Entwicklungen, die die Immobilienbranche massiv verändern. Ebenso verändern sich die Anforderungen und Bedürfnisse einer stetig wachsenden Zahl von institutionellen und privaten Investoren. Die Branche ist nicht nur wesentlich größer geworden, sondern vor allem auch vielfältiger und professioneller. Und sie ist ein zentraler Pfeiler für die langfristige Sicherung der Altersvorsorge einer Gesellschaft im demografischen Wandel.
In den 1980er-Jahren wäre mit „Real Assets“ – hätte es den Begriff damals schon gegeben – fast ausschließlich „Real Estate“ gemeint gewesen. Erneuerbare Energien gab es praktisch noch nicht, mit Ausnahme von Wasserkraftwerken an Talsperren, meist im Eigentum öffentlichen Versorger. Auch Private Equity als Finanzdienstleistung im heutigen Sinne steckte in Deutschland und Europa noch in den Kinderschuhen.
Das änderte sich in den 1990er-Jahren: Zum einen durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die politische Wende in Osteuropa. In vielen ehemaligen Ostblockstaaten mussten Wirtschaft und Infrastruktur (neu) aufgebaut werden, wofür auch privates Kapital zu mobilisieren war. Zu dieser Zeit setzte PATRIZIA erstmals als Investment-Manager auch auf Kapital von Investoren, um sein Portfolio erfolgreich weiter auszubauen und in Deutschland in weitere Sektoren wie Büro, Hotel, Logistik und Einzelhandel zu investieren.
Zum anderen setzte in den 1990ern eine weltweite Privatisierungswelle ein, in der staatliche Unternehmen an private Investoren verkauft oder an die Börse gebracht wurden. Dabei wurde auch immer mehr privates Kapital in den Auf- und Ausbau von Infrastruktur gelenkt: Häfen und Flughäfen, Mautstraßen und Bahnstrecken, Strom-, Telefon- und Mobilfunknetze und vieles andere erhielten private (Mit-)Eigentümer. Um die Jahrtausendwende waren öffentlich-private Partnerschaften (Public-Private-Partnerships, PPAs) in aller Munde – ein Begriff, der sich schnell überlebt hat, ohne dass das Konzept selbst verschwunden wäre.
Was sich bereits Ende der 1990er-Jahre angedeutet hatte, nahm in den 2000er-Jahren dann erstmals richtig Fahrt auf: der rasante Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung, zunächst Windenergie, mit der Zeit kam aber auch immer mehr Photovoltaik dazu. Staatliche Einspeisetarife sorgten für verlässliche Cashflows über einen Zeitraum von 20 Jahren. Damit tat sich eine bis dato völlig neue Assetklasse auf, die sich vor allem durch einen stabilen rentablen Cashflow auszeichnete – im Grunde ähnlich wie bei Immobilien, trotz aller Unterschiede in der Bewirtschaftung und beim Rendite-Risiko-Profil. Auch die Anlageinstrumente für Immobilien und Infrastrukturinvestments ähnelten sich bald: Von vielen möglichen Vehikeln setzten sich in einem teils auch verlustreichen Lernprozess zunächst geschlossene Fondsstrukturen durch.
Die 2000er-Jahre waren nicht frei von Rückschlägen. Der Zusammenbruch der Subprime-Immobilienkredite in den USA löste 2007 eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise aus. Die globale Finanzkrise war ein tiefer Einschnitt für unsere Branche. Immobilienfonds gerieten massiv unter Druck, und viele Institutionelle Investoren, Banken und Privatanleger verloren viel Geld. Das lag zum Teil auch an sehr komplexen Anlageprodukten, die selbst für Profis nur schwer nachvollziehbar waren. PATRIZIA war kurz vor diesem Zusammenbruch mit einem nach wie vor sehr auf deutsche Wohnimmobilien fokussierten Geschäftsmodell an die Börse gegangen. Ein herausforderndes Umfeld, aber rückblickend haben sich dieser Schritt und das Geschäftsmodell als sehr robust erwiesen.
Die damalige Finanz- und Wirtschaftskrise hatte weitreichende Folgen: Staaten hatten viel Geld in die Rettung des globalen Finanzsystems gesteckt und trieben als Konsequenz aus der Krise multilaterale Regulierungsvorhaben des Finanzsektors voran. Das galt für die Bankenregulierung, aber auch für die Asset- und Investment-Management-Branche sowie deren Vertriebskanäle. Die Europäische Union setzte ein wahrlich epochales Gesetzeswerk um: das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Damit wurde erstmals das Fondsgeschäft mit Sachwerten klar von der Regulierung liquider Assetklassen abgetrennt und ein großer Teil dessen, was zuvor als „grauer Kapitalmarkt“ galt, transparent gemacht.
Nach mehr als zehn Jahren KAGB kann man ein positives Fazit ziehen: Zwar sind die regulatorischen Kosten gestiegen, aber es hat gleichzeitig einen großen Professionalisierungsschub gegeben und dadurch auch Vertrauen bei Privatanlegern geschaffen oder wiederhergestellt. Auch PATRIZIA ist im Jahr 2016 mit regulierten Produkten erfolgreich ins Fondsgeschäft mit Privatanlegern eingestiegen.
Außerdem gab es eine noch weitreichendere Folgeentwicklung: Die Finanzkrise und die darauffolgenden Staatsverschuldungskrisen haben die großen Notenbanken zu einer Niedrigzinspolitik veranlasst, die fast die gesamten 2010er-Jahre anhielt. Am Schluss dominierten negative Real- und zum Teil sogar Nominalzinsen die Zinslandschaft der Anleihen der großen Volkswirtschaften.
Die Folge war ein erneuter Boom bei Sachwerten. Viele nannten es das goldene Jahrzehnt der Immobilieninvestitionen. Institutionelle Anleger litten unter einem regelrechten Anlagenotstand. Verlässlicher Cashflow war King, um langfristig laufende Pensionszahlungen zu bedienen. Auch Privatanlegern erschienen selbst nominal relativ niedrige Renditen von Immobilienfonds mit langen Laufzeiten immer noch besser als Null- oder gar Negativzinsen bei ihren Bankeinlagen.
In dieser Zeit gewannen auch Private-Equity-Investments wieder an Dynamik. Vor allem aber erlebten die erneuerbaren Energien einen enormen Boost. Der politische Druck, die Energiewende im Sinne des Klimaschutzes und der Reduzierung von Treibhausgasen global voranzutreiben, wuchs stetig. Als Megatrend beeinflusste die Energiewende das Anlageverhalten institutioneller wie privater Anleger ebenso wie immer strengere Regulierungen für nachhaltige Investitionen. Durch technischen Fortschritt und mehr Skalierungsmöglichkeiten – ob Windkraft, Solar, Biomasse oder Abfallverwertung – werden erneuerbare Energien auch ohne stattliche Subventionen immer wettbewerbsfähiger, und damit eine attraktive Infrastruktur-Assetklasse für Anleger.
Das laufende Jahrzehnt begann mit der weltweiten Corona-Pandemie, gefolgt vom Ukraine-Krieg, massiv steigenden Energiekosten in Europa, insbesondere in Deutschland, und zunehmenden geopolitischen Spannungen. Der dadurch ausgelöste Inflationsschock sorgte ab 2022 für ein jähes Ende der Niedrigzinspolitik. Für „Real Assets“, vor allem für Immobilien, führte dies zu einem Preisschock. Private Kapitalströme verlagerten sich rasant in liquide Assets wie Staatsanleihen oder Renten und selbst Festgeld wurde schlagartig attraktiver als illiquide Assets. Inzwischen glätten sich die Wogen, Inflation und Zinsniveau stabilisieren sich, Energiepreise sind deutlich gefallen, während geopolitische Spannungen und Konflikte weiterhin für Unsicherheit sorgen. Ein neuer Zyklus beginnt, aber das goldene Zeitalter der Immobilieninvestments ist vorbei.
In einer Welt im Wandel muss sich unsere Branche neu ausrichten. Investitionen in Sachwerte sind keine Nische mehr, sondern müssen sich im harten Wettbewerb um Kapital mit liquiden Assets behaupten. Kapitalanleger schauen nicht nur genau auf Renditen und Risikoprofile, sondern genauso auf Herkunft, den Track-Record und die Kompetenz von Investment-Managern für Sachwerte. Real Assets sind eine von vielen Anlagemöglichkeiten in einer Finanzindustrie, die ein immer breiteres Angebot an Anlagemöglichkeiten für Kapitalanleger bietet.
In Zukunft gilt es, als Investment-Manager für smarte Real-Asset-Lösungen die Megatrends des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels rechtzeitig zu erkennen und dabei Technologie und Innovation für die künftige Wertsteigerung von Sachwerten einzubeziehen und zu nutzen. Smarte Investment-Manager für Real Assets (Sachwerte) wie PATRIZIA haben eine vielversprechende Zukunft, weil sie ihren Kunden ein breiteres Angebot an langfristig attraktiven Investitionsmöglichkeiten für Immobilen- und Infrastruktur bieten können. Sie können das Wissen beider Bereiche zum Vorteil für Investoren nutzen. Unsere Branche wird in den nächsten 40 Jahren insbesondere für sicherheitsorientierte Anleger wie Versicherungen oder Pensionsfonds noch mehr an Bedeutung gewinnen, um Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig zukunftsfähig zu gestalten.
Bild (c) PATRIZIA SE