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Wie kann etwas so Großes wie der Ozean so leicht vergessen werden?

OpinionsWie kann etwas so Großes wie der Ozean so leicht vergessen werden?

Ein Beitrag von Lorna Lucet, Joan Elbaz und Molly Minton, Amundi Investment Solutions: Der Zustand der Ozeane verschlechtert sich aufgrund menschlicher Aktivitäten rapide. Aber trotz des bedeutenden Wertes, den die Ozeane für die Weltwirtschaft und die Menschheit insgesamt darstellen, werden die finanziellen Risiken, die sich aus der Schädigung der Ozeane ergeben, in weiten Teilen übersehen. Zur Einordnung: Der Wert der Ozeane, einschließlich der Ökosystemleistungen, wird auf 24 Billionen USD jährlich geschätzt. Das entspricht etwa 3-5 % des weltweiten BIPs. Immer mehr öffentliche und private Akteure weisen eindringlich auf die irreversiblen Folgen für die wirtschaftliche Stabilität und die Ernährungssicherheit hin. Aber die Maßnahmen stecken immer noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen.

Alarmierende Signale

Die Verschlechterung des Zustands der Meere kostet schätzungsweise mehr als 4 Milliarden Dollar pro Jahr und könnte bis zum Jahr 2100 auf 2 Billionen US Dollar ansteigen. Aber es gibt schlicht zu wenige Lösungen und langfristige Initiativen, die sich auf den Schutz der Ozeane konzentrieren.

Das zeigt sich allein daran, dass das Nachhaltigkeitsziel “Leben unter Wasser” (SDG 14) das am wenigsten finanzierte Sustainable Development Goal ist und in alarmierender Weise von der allgemeinen Entwicklung abweicht: Zwischen 2015 und 2019 wurden nur 10 Mrd. statt der erwarteten 175 Mrd. USD pro Jahr investiert, und bei 50 % der Ziele sind Rückschritte zu verzeichnen. Darüber hinaus wird das Ziel, 30 % der Küsten- und Meeresgebiete bis 2030 zu erhalten (30×30-Ziel), laut einem im Vorfeld der COP 16 veröffentlichten Bericht beim derzeitigen Tempo 77 Jahre später erreicht – also im Jahr 2107.

Die meisten Unternehmen unterschätzen ihre Auswirkungen auf die Ozeane, weil sie diese eher als indirekt betrachten. Amundi hat im vergangenen Jahr 67 Unternehmen zum Schutz der Ozeane befragt, von denen 20 als sogenannte Ocean 100-Unternehmen identifiziert wurden. Dabei handelt es sich um 100 transnationale Konzerne, die den Großteil ihrer Einnahmen aus der wirtschaftlichen Nutzung der Weltmeere erzielen. Von diesen untersuchten Unternehmen wies weniger als die Hälfte in ihrer Berichterstattung eine Strategie zum Schutz der Ozeane auf. Von allen 67 untersuchten Unternehmen erkannte jedoch mehr als die Hälfte in gewissem Maße ihre Verbindung zu den Auswirkungen auf die Ozeane an, und mehr als 80 % haben bereits Maßnahmen ergriffen, um die wichtigsten Auswirkungen zu bekämpfen.

Gerade bei der nötigen Finanzierung und damit auch privatem Kapital geht die Entwicklung nur langsam voran und befindet sich zumeist noch in der Aufbauphase in Form von Leitlinien. Auch die Investitionen sind nach wie vor begrenzt: Seit 2019, als die erste blaue Anleihe begeben wurde, machen blaue Anleihen nur 0,2 % der gesamten nachhaltigen Anleiheemissionen aus.

Amundi als führender europäischer Vermögensverwalter, hat einen speziellen Ansatz entwickelt, um die Ozeane bei Anlagelösungen und -entscheidungen noch stärker zu berücksichtigen.

Vermeiden, Reduzieren, Favorisieren

Der Ansatz zielt darauf ab, ozeanbezogene Risiken in den Portfolios zu minimieren, indem einerseits die negativen Auswirkungen von Unternehmen auf die Ozeane reduziert werden und andererseits in Unternehmen investiert wird, die in ozeanbezogenen Fragen führend sind. Er folgt den drei Säulen: Vermeiden, Reduzieren, Favorisieren:

  • Vermeidung von Investitionen in Unternehmen mit starken negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt: Unternehmen können von allen aktiv verwalteten Fonds von Amundi ausgeschlossen werden, wenn sie gegen den UN Global Compact und insbesondere gegen die drei Umweltziele verstoßen, die Auswirkungen auf die Ozeane haben.
  • Reduzierung von meeresschädigenden Aktivitäten: Die ESG-Analysten von Amundi bewerten die wichtigsten Themen von Unternehmen und planen konkrete Engagements. Ziel ist es, dass ESG-Rating der einzelnen Unternehmen zu bestätigen und verbessern.
  • Favorisieren und Finanzströme in Richtung Meeresschutz lenken: Hier wird in Emittenten investiert, die in Bezug auf Biodiversität führend sind. Geeignete Unternehmen werden durch ein Screening ermittelt, bei dem mehr als 20 % der Umsätze mit Naturkapitalthemen oder mehr als 80 % der Umsätze mit Lösungen für den Klimawandel in Verbindung gebracht werden. Auf der Kreditseite werden grüne Anleihen zur Finanzierung von Projekten, die sich positiv auf die biologische Vielfalt auswirken, ebenfalls in dieser Säule berücksichtigt.

Damit Ozeane auch in Zukunft ihre entscheidende Rolle für die Stabilität des Ökosystems der Erde einnehmen können, muss das Tempo beim Management der Risiken und Bekämpfung der Bedrohungen deutlich erhöht werden. Die Ausweitung von Finanzinstrumenten, wie z. B. blauen Anleihen, sowie von entsprechenden Leitlinien wird eine wichtige Triebfeder für die Finanzierung der Blue Economy sein und Anlegenden eine Vielfalt von Investitionsmöglichkeiten zur Finanzierung des Meeresschutzes bieten.

Quelleninformationen und weitere Angaben finden Sie im Thematic Paper „Blue Economy: Ready, Set, Sail!“ sowie im Amundi Research Center.