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Bewertungsproblematik trifft auf Marktrealität

OpinionsBewertungsproblematik trifft auf Marktrealität

Ein Beitrag von Jan Düdden, Managing Partner bei ARCIDA Advisors: Seit August 2023 verzeichnen deutsche offene Immobilienpublikumsfonds durchgängig Nettomittelabflüsse. Nach Angaben von Barkow-Consulting belaufen sich diese kumuliert auf rund 9,4 Milliarden Euro (Stand: Juni 2025). In den Sommermonaten werden voraussichtlich weitere Mittel abfließen. Die Rückgaben dürften aufgrund der zu bedienenden Kündigungen in den kommenden Monaten auf einem hohen Niveau verharren, wie Scope Fund Analysis Anfang Juni in einer Research-Note schrieb. Diese Entwicklung unterstreicht den anhaltenden Vertrauensverlust institutioneller und privater Anleger in die Stabilität klassischer Immobilienanlagen – ein beunruhigendes Signal für die Assetklasse insgesamt.

Zunehmend wird deutlich, dass viele Marktteilnehmer die nachgelagerte Bewertungspraxis offener Immobilienfonds als nicht mehr marktgerecht empfinden. In Gesprächen mit Investoren zeigt sich: Die Lücke zwischen bilanzierten Buchwerten und tatsächlich am Markt erzielbaren Preisen führt zu einer Transaktionsstarre, die sich wie ein Schleier über den gesamten Markt legt.

Ein Marktpreis hat sich längst gebildet – nur sind viele nicht bereit, ihn zu akzeptieren. Vor allem im Bürosegment besteht die Hoffnung, dass die Preise der Vorkrisenjahre zurückkehren. Doch insbesondere für nicht mehr zukunftsfähige Büroimmobilien ist klar: Ohne Investitionen werden Mieter nicht verlängern. Und damit sind die Immobilien in drei Jahren noch weniger wert als heute.

Die größte Finanzierungslücke besteht derzeit im Bürosegment. Dies ist die direkte Folge überhöhter Preise in der Hochphase bis 2022. Erst mit Ablauf des Jahres 2028 – so die Prognose – werden Refinanzierungen wieder realistisch abbildbar sein, da dann die Post-Korrekturwerte in der Finanzierungslogik wieder greifen.

Dieser Effekt wird durch die nach wie vor zurückhaltende Haltung der Banken verstärkt. Die LTV-Quoten (Loan-to-Value) haben sich trotz Bewertungskorrekturen nur marginal verbessert: Ein signifikanter Teil des Kreditvolumens weist nach wie vor erhöhte Beleihungsausläufe auf. Zu den zinsinduzierten Veränderungen kommen strukturelle Veränderungen im Büromarkt, die nicht verschwinden werden. Das zeigt eine im Mai veröffentlichte ifo-Umfrage: Demnach erachtet mehr als ein Viertel der Unternehmen in Deutschland, nämlich 26,3 Prozent, die eigenen Büroflächen für nicht ausreichend ausgelastet. Immer mehr Unternehmen verkleinern deshalb ihre Büroflächen. 10,3 Prozent haben dies bereits getan, 12,5 Prozent planen eine Verkleinerung in den kommenden fünf Jahren. Im Vergleich zur vorherigen Umfrage habe sich der Trend zur Verkleinerung verstärkt, sagt ifo-Forscher Simon Krause und nennt Homeoffice als wesentlichen Grund für die Unterauslastung der Büroflächen.

Auch die Aufsicht bleibt vorsichtig. Anders als bei Wohnimmobilien hat die BaFin den Systemrisikopuffer für Gewerbeimmobilien im Frühjahr nicht gesenkt und schätzt die Situation bei Gewerbeimmobilien weiterhin als nicht stabil ein. Diese Einschätzung wird wohl von den meisten Immobilienfinanzierern geteilt.

Wir sehen die Problematik der nachgelagerten Bewertung in vielen unserer Gespräche mit Investoren. Die Transaktionsstarre ist eine der Folgen. Denn wie offene Immobilienfonds momentan ihren Wert aufweisen, erachten wir als problematisch.

Solange sich die Transaktionsvolumen bei gewerblichen Immobilien nicht stabilisieren, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Bewertungen weiter fallen werden. Allerdings schauen Marktteilnehmer bei der Bewertung immer noch zu sehr auf vergangene Transaktionen. Nostalgie hilft aber nicht weiter. Auf der Suche nach Lösungen ist der Blick nach vorne entscheidend, denn die Abwertungen durch Gutachter dürften ihren Höhenpunkt erst noch erreichen.

Bild © Arcida Advisors