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KI und Nachhaltigkeit – auf der richtigen Seite der Disruption stehen

OpinionsKI und Nachhaltigkeit – auf der richtigen Seite der Disruption stehen

Ein Kommentar von Portfolio Manager Hamish Chamberlayne, Janus Henderson Investors: Die langfristigen Investmenttrends in den Bereichen Elektrifizierung, erneuerbare Energien, Digitalisierung, KI und Reshoring schreiten ununterbrochen voran.

Im vergangenen Jahr erreichten die Investitionen in die grüne Wende ein beispielloses Niveau – erstmals über 2 Billionen US-Dollar.[1] Der Großteil dieser Mittel floss in bewährte Technologien wie erneuerbare Energien, Energiespeicherlösungen, intelligente Stromnetze und Elektrofahrzeuge (EVs).

Klimaschutz in USA stockt – Europa und China schreiten voran

Trotz der derzeit stockenden Klimaschutzinitiativen in den USA verstärken Europa und China ihre Bemühungen um saubere Energie und Nachhaltigkeit im Allgemeinen. Die weltweiten Verkaufszahlen für Elektrofahrzeuge dürften dieses Jahr um 25 % (22 Millionen) gegenüber 2024 steigen. Fast zwei Drittel davon entfallen auf China, gefolgt von Europa (17 %).[2] Selbst in den USA dürften die Verkaufszahlen für Elektrofahrzeuge dieses Jahr um 7 % steigen – trotz Streichung der staatlichen Fördermittel durch die Trump-Regierung.

Gleichzeitig können sich Unternehmen, die in den USA investieren, dank Präsident Trumps „Big Beautiful Bill“ auf umfangreiche staatliche Finanzmittel, Zuschüsse und Steueranreize freuen. Die Rückverlagerung der Produktion und die Verbesserung der Stabilität der Lieferkette für kritische Mineralien werden einen längeren Investitionszyklus unterstützen. Dieser wird durch die enormen Summen, die in die KI-Infrastruktur investiert werden, noch weiter angekurbelt.

Die großen Technologieunternehmen, die als „Magnificent 7“ bezeichnet werden, geben jährlich mehr als eine halbe Billion US-Dollar[3] im Wettlauf um die Spitzenposition im KI-Bereich aus. Diese Investitionen sind allesamt ressourcen- und arbeitsintensiv, und wir beobachten einen anhaltenden Nachfrageanstieg nach Energie und Elektrifizierungsinfrastruktur, um sie zu unterstützen.

Bedeutung der KI für die Dekarbonisierung

Diese hohen Investitionen werfen Fragen zur ökologischen Nachhaltigkeit auf. Der Aufbau all dieser KI- und Elektrifizierungsinfrastruktur ist ebenfalls kohlenstoffintensiv. Wir haben Bedenken, ob die Kohlenstoffemissionen in die richtige Richtung gehen. Obwohl wir über diesen Anstieg besorgt sind, sind wir optimistisch, dass KI letztendlich durch Fortschritte in Innovation und Produktivität eine positive Rolle bei den Dekarbonisierungsbemühungen spielen wird. Wir sind weiterhin zuversichtlich, dass die steigende Energienachfrage durch erhöhte Investitionen in saubere Energielösungen gedeckt werden kann.

Janus Henderson verfügt über ein eigenes Analyseinstrument für den Klimawandel und steht in engem Dialog mit den investierten Unternehmen hinsichtlich ihrer Dekarbonisierungsstrategien. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass deren Nachhaltigkeitsinitiativen nachlassen. Tatsächlich beobachten wir, dass Unternehmen weltweit sich weiterhin Netto-Null-Ziele setzen und Kapital in Effizienz, Abfallreduzierung und die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten investieren. Dies schafft eine solide Grundlage für unsere nachhaltigen Anlagestrategien.

Boomende Konjunktur in Aussicht?

Parallel zu diesen hohen Investitionen dürften die Staatsdefizite weiterhin hoch bleiben – dies wirkt sich positiv auf die Unternehmensgewinne und die Vermögenspreise aus. In Verbindung mit einer Lockerung der Geldpolitik und wachstumsfördernden Änderungen der Bankenregulierung sehen wir darin ein positives Umfeld für die globalen Aktienmärkte.
Daher glauben wir, dass trotz geopolitischer Unsicherheiten die Voraussetzungen für einen Aufschwung der Weltwirtschaft gegeben sind. Anleger sollten sich daher auf diese eindeutigen und wichtigen Anlagetrends konzentrieren, die sich ungeachtet aller Umstände weiterentwickeln werden. Diese Trends sind von Natur aus langfristig und werden eher durch technologische Fortschritte und gesellschaftliche Bedürfnisse als durch politische Veränderungen oder die Politik einzelner Länder vorangetrieben.

Nachhaltige Fundamentaldaten

Wir konzentrieren uns weiterhin auf Unternehmen, die von diesen anhaltenden Nachhaltigkeitstrends profitieren können. So bevorzugen wir beispielsweise Sektoren wie Industrie und Informationstechnologie. In diesen Bereichen gibt es viele innovative Unternehmen, die sich mit Effizienz- und Klimaproblemen befassen. Unternehmen aus den Bereichen Elektrogeräte, professionelle Dienstleistungen, Software, erneuerbare Energien, Automobiltechnologie und Infrastruktur profitieren von den langfristigen Themen Elektrifizierung, digitale Dienste, KI und Dekarbonisierung. Diese Unternehmen nutzen die boomende Nachfrage und bieten genau jene Produkte und Dienstleistungen an, die für die Entwicklung einer digitalen, elektrischen und grünen Zukunft erforderlich sind.

Wir uns ist wichtig, nach hochwertigen Unternehmen mit starkem freiem Cashflow und nachhaltigem Wachstum zu suchen. Diese Vorgehensweise mildert die Volatilität bei Marktturbulenzen. Sie spiegelt die Lehren aus dem Jahr 2020 wider, als sich Unternehmen mit soliden Finanzen und nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen (die zur Sicherung der Profitabilität eines Unternehmens beitragen) als weitaus widerstandsfähiger erwiesen.

Indem wir „auf der richtigen Seite der Disruption bleiben“ – d. h. in Unternehmen investieren, die den Wandel vorantreiben, anstatt in solche, die davon bedroht sind –, glauben wir, dass Anleger Turbulenzen besser überstehen und im Laufe der Zeit überdurchschnittliches Wachstum erzielen können. Das bedeutet, dass wir stets vorausschauend handeln müssen. Unsere These basiert auf den Prinzipien der Beständigkeit in Verbindung mit Innovation – wie Peter Drucker, der österreichisch-amerikanische Autor und Berater, der zur Entwicklung der modernen Managementtheorie beigetragen hat, uns erinnert: „Die größte Gefahr in turbulenten Zeiten ist nicht die Turbulenz selbst, sondern das Handeln nach der Logik von gestern.“

[1] Quelle: Internationale Energieagentur, „World Energy Investment 2025”.

[2] Quelle: BloombergNEF, „Long-Term Electric Vehicle Outlook 2025”, 18. Juni 2025.

[3] Quelle: Financial Times, „Was passiert, wenn wir fast 3 Billionen Dollar für Rechenzentren ausgeben, die niemand braucht?”, 30. Juli 2025.