Friday 26-Apr-2024
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Adieu sichere Häfen

OpinionsAdieu sichere Häfen

Mit der jüngsten Erholung der Aktienmärkte ist die Risikoaversion auch bei den Anleihen zurückgegangen. Die sicheren Häfen werden also wieder verlassen. Nach deutlicher Abschwächung bis Ende Juni folgte wieder eine gute Entwicklung von Unternehmensanleihen und High-Yield-Anleihen.

Letztlich profitierten auch die Emerging-Market-Anleihen. Die Währungskomponente spielt hier eine unterstützende Rolle. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Emerging-Market-Hartwährung die Kosten der Währungsabsicherung von US-Dollar und Euro trägt.Staatsanleihen, also die sicheren Häfen der Anleihen, fielen dementsprechend wieder etwas zurück. Die beschriebene Erholung gilt jedoch nicht für die „Euro-Peripherie“. Hier sind die deutlichen Renditeausweitungen noch nicht wieder abgebaut, Italien (10-jährige Staatsanleihen) rentiert bei ca. 2,3 Prozent Abstand zu deutschen Bundesanleihen. Das liegt deutlich über den Niveaus vor Mitte Mai, als die Regierungsturbulenzen begannen.

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Geld-/Kapitalmarkt – Ruhe nach politischem Sturm

Die Entwicklung der Konjunkturindikatoren befindet sich nach wie vor auf hohen Niveaus – das gilt auch für die Eurozone. Noch höher sind aber die Analystenschätzungen, weshalb einige Indikatoren relativ betrachtet weiterhin enttäuschen.

Nach einem Treffen zwischen EU-Kommissionspräsident Juncker und US-Präsident Trump Ende Juli ist eine Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und der EU vorerst vom Tisch. EZB-Präsident Draghi äußerte sich daraufhin bei der EZB-Sitzung Ende Juli durchwegs positiv. Seiner Meinung nach befindet sich das wirtschaftliche Wachstum der Eurozone auf einer soliden und breiten Basis. Dennoch ist mit Leitzinsanhebungen der EZB erst in der zweiten Jahreshälfte 2019 zu rechnen.

Die US-Notenbank wird hingegen, trotz Kritik von Präsident Trump, an ihrem Programm festhalten. Das bedeutet noch zwei Zinsschritte bis zum Jahresende. Wir erwarten, dass sich die Verflachung der US-Zinskurve fortsetzt.

Staats- und Unternehmensanleihen – Anhaltende Unsicherheit oder Normalisierung?

Seit Anfang Juli sind die Risikoprämien an den Euro-Kreditmärkten relativ deutlich gesunken. Diese Erholung ist in erster Linie an den Derivate-Märkten eingetreten, weniger an den Kassamärkten. Vermutlich werden an den Kassamärkten höhere Illiquiditätsprämien gepreist, die in den handelsschwächeren Sommermonaten schwerer abgebaut werden können. Wir erwarten eine Nachholbewegung am Kassamarkt in den kommenden Wochen.

Die Berg- und Talfahrt der Risikoprämien italienischer Staatsanleihen gestaltet sich nach wie vor holprig. Von den Höchstständen haben wir uns allerdings deutlich verabschiedet (siehe Grafik). Die Rating-Agenturen Fitch und Moody‘s werden in einem Monat neue Ratings zu Italien veröffentlichen. Moody’s stellte das Baa2 Rating Italiens bereits unter negative Revision. Kommt es zu einer Abwertung um eine Stufe, befindet sich das Rating Italiens nur noch eine Stufe über High-Yield. Allerdings: der Markt preist 10-jährige italienische Staatsanleihen bereits knapp 100 BP über BBB-Staatsanleihen und damit praktisch „High-Yield“!