Ein Beitrag von Nadège Dufossé, CFA, Global Head of Multi-Asset bei Candriam: Das Jahr 2024 endet mit großen wirtschaftlichen Unterschieden zwischen den Regionen. Welche Anlageklassen sollten für den Einstieg ins Jahr 2025 priorisiert werden?
Das globale Wachstum verläuft wie erwartet, doch die wirtschaftliche Landschaft bleibt fragmentiert. Während sich die USA dynamisch entwickelt, kommt die Eurozone nur schwer voran. China leidet unter einem schwachen Konsum. Geopolitische Spannungen und zunehmende politische Unsicherheit könnten diese Divergenzen 2025 noch verschärfen.
Die Aktienmärkte haben die regionalen Wachstumsunterschiede bereits eingepreist: Der US-Markt schließt das Jahr in nahezu euphorischer Stimmung ab, während Investoren europäische und Schwellenländeraktien meiden. Noch sind nicht sicher, welche Politik Donald Trump wirklich umsetzt. Die Herausforderung für 2025 liegt darin, Chancen in Vermögenswerten zu finden, die heute riskant oder unterbewertet erscheinen.
Unsere Asset Allocation für 2025
Unsere aktuelle Asset Allocation basiert auf der Annahme einer sanften Landung des globalen Wachstums. Die wichtigsten Zentralbanken haben einen neuen Zyklus geldpolitischer Lockerung eingeleitet, um die Wirtschaft zu stützen. Auch China hat signalisiert, das Wachstumsziel von 5 % erreichen zu wollen. Das größte Risiko bleibt jedoch die Politik von Donald Trump, der im Januar 2025 ins Weiße Haus zurückkehrt. Eine harte Haltung zu Zöllen und Einwanderung könnte das Wachstum belasten und die Inflation anheizen („Hard-Trump-Szenario“). Eine gemäßigtere Politik hingegen hätte kaum Auswirkungen auf die globalen Wirtschaftsprognosen.
Positiv gegenüber Aktien
Vor diesem Hintergrund bleiben wir positiv gegenüber Aktien und übergewichten US-Werte. Der Wachstumspfad der US-Wirtschaft und der dortigen Unternehmensgewinne ist deutlich stärker und widerstandsfähiger als in anderen Industrieländern, auch wenn ein gewisser Optimismus nach dem Wahlsieg von Donald Trump bereits eingepreist ist. Trotz bereits hoher Bewertungen bieten kleine und mittlere Unternehmen sowie zyklische Sektoren wie die Industrie und Finanzwerte aus unserer Sicht weiteres Potenzial. Diese profitieren besonders von Trumps als reflationär geltender Politik, die den heimischen Markt stärkt. Im Technologiesektor bleiben wir neutral, hier sehen wir trotz starker Gewinndynamik wenig Raum für weitere positive Überraschungen. In diesem Segment bevorzugen wir Software- und Serviceunternehmen gegenüber Halbleiterproduzenten.
Europäische Aktien gewichten wir weiterhin unter. Die Region zeigt im Vergleich zu den USA weiter ein schwaches Gewinnwachstum und leidet unter der Spaltung der Parteienlandschaft in Ländern wie Deutschland und Frankreich. Attraktive Bewertungen allein reichen nicht aus, um Investoren zurückzugewinnen. Nötig wären bessere Wachstumsperspektiven, dass Deutschland seine Schuldenbremse kippt und eine Lösung der Handelsspannungen mit den USA – alles bleibt bisher unsicher.
Schwellenmärkte bieten attraktive Bewertungen, stehen jedoch unter Druck durch die US-Zinspolitik und einen starken Dollar. Die Einführung von US-Strafzöllen stellt derzeit das größte Risiko für die Region dar, was sich negativ auf Wachstum und Inflation auch in den USA auswirken würde. Trumps Nominierungen und Ankündigungen deuten allerdings auf Verhandlungsbereitschaft hin, was das Risiko eines Handelskriegs reduziert. Die letzten positiven Signale aus China könnte das Land wirtschaftlich stabilisieren, wovon die gesamte Region profitieren würde. Auch mit Blick auf Japan sind wir neutral.
Positiv für europäische Staatsanleihen, negativ für die USA
Wir bleiben long bei deutschen Anleihen. Das für 2025 prognostizierte Wachstum ist niedrig, die EZB wird die Zinsen gegebenenfalls weiter senken. Zudem bieten Staatsanleihen Schutz vor Enttäuschungen, da Aktien und Anleihen in Europa wieder negativ korreliert sind. Französische Anleihen sehen wir etwas kritischer, hier warten wir auf eine Einigung zum Haushalt 2025. Wir bevorzugen stattdessen spanische Papiere aufgrund des robusten Wachstums.
Bei US-Anleihen bleiben wir defensiv. Trotz stabiler Zinsen nach der Wahl von Donald Trump besteht ein Aufwärtsrisiko, das von seiner Politik abhängt. Die Geldpolitik in den USA und in Europa wird sich weiter deutlich unterscheiden. Eine negative Position kann Portfolios vor dem Risiko eines „Hard-Trump-Szenarios“ und vor steigenden Inflationsrisiken schützen.
Bevorzugung europäischer Unternehmensanleihen.
Die Spreads bei Krediten haben sich 2024 stark eingeengt, bei Investment Grade und High Yield-Anleihen haben sie inzwischen einen historischen Tiefststand erreicht. Vor allem in den USA erhöht dies das Risiko asymmetrischer Entwicklungen, besonders bei Hochzinsanleihen. Aktuell entsprechen die Spreads einer impliziten Ausfallrate von 2%1, was deutlich unter den aktuellen Ausfallraten von 4-5%2 liegt. Ohne Rezession ist das Risiko eines starken Anstiegs der Spreads begrenzt, genau wie das Potenzial für weitere Verengungen. Wir bevorzugen daher europäische Unternehmensanleihen, die von einem günstigeren Zinsumfeld und insgesamt höheren Spreadniveaus als in den USA profitieren. Schwellenländeranleihen erscheinen ebenfalls attraktiv, sind aber vor allem in Landeswährung stark abhängig von der US-Zins- und Zollpolitik und dem Dollar.
Währungsentwicklung im Mittelpunkt der Handelsverhandlungen
Der US-Dollar hat in diesem Jahr gegenüber dem Euro um 5% aufgewertet, bleibt aber seit Anfang 2023 weiter in einer Spanne von 1,05-1,123. Während Donald Trump mit einem schwachen Dollar die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen stärken will, könnten seine wirtschaftlichen Maßnahmen den Greenback tatsächlich stützen. Dieses Paradoxon kann den Kursanstieg des US-Dollar begrenzen, auch wird der Wechselkurs bei den anstehenden Verhandlungen mit den wichtigsten Handelspartnern der USA eine zentrale Rolle spielen. Der Yuan könnte aufwerten, falls die chinesische Wirtschaft sich stabilisiert und sich Kompromisse im Handelskonflikt abzeichnen. Auch der Yen könnte nach einer Stabilisierung des Dollars aufwerten.
Welche diversifizierenden Anlagen bevorzugen wir?
Wir bleiben positiv gegenüber Gold, das auch auf längere Sicht in der Allokation weiter als Diversifikations- und Schutzinstrument dient. Trotz der Belastung durch die dynamische Entwicklung von Kryptowährungen nach der Wahl von Donald Trump, durch steigende US-Realzinsen und einen starken Dollar bleibt die Nachfrage durch Zentralbanken im Vergleich zur begrenzten Goldproduktion und dem limitierten Bestand weiterhin hoch. Kursrücksetzer nutzen wir zum Ausbau unseres Engagements.
Auch alternative Strategien wie marktneutrale Ansätze und Risikoarbitrage können 2025 Vorteile bieten. Sie profitieren von erhöhter Volatilität und einem Wiederaufleben von M&A-Aktivitäten und Unternehmensübernahmen in den USA.
Fazit
Das Jahr 2025 beginnt in einem Umfeld moderaten Wachstums und einer wirtschaftlich wieder verträglichen Inflationsrate – aber mit neuen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten in Folge der Wahl von Donald Trump. Während seine Politik Risiken birgt, könnten die Finanzmärkte als Puffer gegen extreme Entscheidungen wirken und Investoren beruhigen.
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1Quelle: Candriam-Schätzungen
2Quelle: Bloomberg
3Quelle: Bloomberg, Wechselkurs EUR/USD
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