Aktien bleiben interessant, trotz aller Marktverwerfungen aufgrund politischem Störfeuer. Aber auf welche Werte setzt man jetzt, wo bleibt die Unternehmensstrategie unverändert erfolgreich?
Dominikus Wagner und Dr. Dirk Schmitt setzen auf ein deutsches, gut bekanntes Unternehmen, das aber die Zeichen der Zeit erkannt hat…
Beiersdorf im Wandel: Substanz, Strategie und Spielräume für nachhaltiges Wachstum
- Langfristige Wachstumsstrategie greift: Mit Innovationskraft, Markenstärke und globaler Expansion – insbesondere in den USA, China und Indien – wächst Beiersdorf schneller als der Markt.
- Starkes Geschäftsmodell in allen Segmenten: Vom Volumenprodukt bis zur Premiumpflege – die differenzierte Markenstrategie sichert Marge, Resilienz und Kundennähe weltweit.
- Solide Bilanz als strategischer Vorteil: Viel Cash und eine hohe Nettofinanzposition verschaffen maximale Flexibilität, gerade in Zeiten geopolitischer und handelspolitischer Unwägbarkeiten.
Beiersdorf befindet sich – wie im übrigen alle anderen Consumer Staples – in einer Übergangsphase. Nach dem überdurchschnittlich hohen Wachstum der Post-Corona-Jahre kehrt das Unternehmen nun auf den langfristigen, geschäftsmodelltypischen Wachstumspfad zurück. Externe Faktoren wie die Schwäche des chinesischen Marktes und die zusätzliche Verunsicherung durch Trumps Zollpolitik drücken die Kauflaune der Konsumenten. Beiersdorf selbst bereitet die Einführung des neuen Anti-Pigment-Produkts Luminous in China vor, mit temporären Auswirkungen auf Verkauf, Lieferkette und Lagerhaltung bei anderen Produkten (v.a. Herrenrasur und Körperpflege).
In diesem Umfeld wuchs Beiersdorf mit einem organischen Wachstum von 3,6% im ersten Quartal 2025 respektabel und damit schneller als von den kaffeesatzlesenden Analysten erwartet. Wir werfen einen Blick auf die langfristige Ausrichtung von Beiersdorf.
Wachstum mit Weitblick: Die neue Phase von C.A.R.E.+
Mit dem Strategie- und Wachstumsprogramm C.A.R.E.+ hat Beiersdorf in den vergangenen Jahren eine überzeugende Basis für langfristig profitables Wachstum geschaffen. Besonders im Fokus: die traditionsreiche Marke Nivea, deren Innovationskraft durch gezielte Investitionen in Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb neu belebt wurde. Das Ergebnis: mehr Dynamik in etablierten Märkten und Fortschritte beim Erschließen neuer Potenziale – etwa durch gezielte Maßnahmen zur Marktabdeckung in bislang unterrepräsentierten Regionen.
Seit Mitte 2024 trägt die Strategie den Namen „Win with Care“ – und bleibt damit inhaltlich auf Kontinuität und Weiterentwicklung ausgerichtet. Forschungsinitiativen, insbesondere im zukunftsträchtigen Anti-Aging-Segment oder bei der Behandlung von Hautpigmenten, bleiben ebenso prioritär wie der Ausbau der Präsenz in Wachstumsmärkten wie Indien, China und den USA. Unternehmerisch betrachtet schafft Beiersdorf damit die Voraussetzungen, um auch zukünftig schneller als der globale Hautpflegemarkt zu wachsen – mit Innovationskraft, Internationalisierung und strategischer Disziplin als Eckpfeilern.
Premiumisierung: Kein Spagat, sondern strategische Breite
Während andere Wettbewerber mit dem Trend zur Premiumisierung ringen, ist Beiersdorf bereits heute überaus breit aufgestellt: vom Massenmarkt (Nivea), über die Dermakosmetik (Eucerin) bis hin zum Luxussegment (La Prairie, Chantecaille). Dieses Spektrum ermöglicht es dem Unternehmen, unterschiedlichste Nachfragepräferenzen zu bedienen – und dabei gezielt Margen zu optimieren.
Die qualitative Höherpositionierung von Nivea trägt zur Verbesserung des Produktmixes bei, während die Präsenz im Hochpreissegment zusätzlichen Puffer gegen konjunkturelle Schwankungen bietet. Investoren profitieren somit von einem Geschäftsmodell, das nicht nur robust, sondern auch diversifiziert aufgestellt ist – mit starkem Cashflow-Potenzial.
Regionale Herausforderungen? Ja. Strukturelle Probleme? Nein.
Die gesenkte Wachstumsprognose im Konsumgütersegment (4–6 % organisches Wachstum für 2025) ist weniger Ausdruck von Schwäche als vielmehr eine Rückkehr zur Normalität – nach Jahren stark preisgetriebener Wachstumsimpulse. Entscheidender ist: Beiersdorf wächst auf hohem Niveau weiter und zeigt im Gegensatz zu zyklischen Industrien eine bemerkenswerte Konstanz.
Natürlich belasten derzeit regionale Entwicklungen das Bild: Der chinesische Markt und der asiatische Reiseeinzelhandel zeigen jetzt schon seit mehreren Quartalen Schwäche, während der US-Markt aktuell durch die Androhung neuer Strafzölle unter Druck gerät. Doch auch hier offenbart sich die strategische Stärke des Unternehmens: In China zeigt sich das Potenzial innovativer Produkte wie Luminous, die gezielt auf lokale Kundenbedürfnisse eingehen. In den USA wiederum kann Beiersdorf mit flexiblen Maßnahmen – wie dem gezielten Aufbau von Lagerbeständen – und der Preissetzungsmacht seiner Premiummarken effektiv gegensteuern.
Kurzum: Die temporären Herausforderungen in bestimmten Märkten werden kurzfristig und flexibel adressiert – und sind deshalb langfristig kein Anlass zur Sorge. Denn der Beautymarkt bleibt ein strukturell wachstumsstarker Sektor, in dem gut kapitalisierte Anbieter mit Innovationsführerschaft ihre Marktanteile ausbauen können. Und Krisen sind dafür die beste Zeit.
Kapitalstärke als strategisches Asset
Mit einer prall gefüllten Kasse und einer Net-Cash-Position steht Beiersdorf bilanziell exzellent da. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist das ein bedeutender Wettbewerbsvorteil – denn wo andere sparen müssen, kann Beiersdorf gezielt investieren: in Forschung, in strategische Akquisitionen, in Expansion.
Aus Investorensicht ist eine hohe Bilanzqualität außerdem der beste Schutz des eingesetzten Kapitals. Gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten oder in Stressphasen an der Börse kann es ungemein beruhigen, genau zu wissen, wie es um die Qualität der eigenen Portfoliounternehmen bestellt ist. Viele Kapitalmarktexperten propagieren dagegen das – typisch angelsächsische – Financial Engineering, also das „Hebeln“ des Gewinns je Aktie durch (schuldenfinanzierte) Aktienrückkäufe.
Für das Corporate Finance-Geschäft der Investmentbanken mag das attraktiv sein. Wir als langfristige Miteigentümer lehnen diese kurzsichtige Finanzakrobatik ab und schätzen solide Bilanzen mit möglichst viel Substanz. Gleichwohl hat vor kurzem auch Beiersdorf wieder ein Aktienrückkaufprogramm – allerdings in überschaubarem Umfang – aufgelegt, wobei die Aktien jedoch bis zur gesetzlich zulässigen Höhe als Vermögenswert und Substanz gehalten werden.
Fazit: Beiersdorf bleibt ein Qualitätsinvestment
Beiersdorf steht in unseren Augen für ein Geschäftsmodell mit klarer Strategie, hoher Resilienz und hervorragenden bilanziellen Ressourcen. Die Herausforderungen in einzelnen Märkten werden mit Weitsicht adressiert, das Innovationsportfolio wird gezielt weiterentwickelt und die Balance zwischen Massenmarkt und Premiumsegment strategisch klug austariert.
Für langfristig orientierte Investoren ist Beiersdorf damit ein überzeugendes Beispiel für ein Unternehmen, das nicht nur mit dem Markt wächst – sondern ihm auch in schwierigen Zeiten Stabilität verleiht.
(Dominikus Wagner und Dr. Dirk Schmitt, Wagner & Florack AG)
