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Börsengänge 2020: Licht und Schatten in der Tech-Welt

OpinionsBörsengänge 2020: Licht und Schatten in der Tech-Welt

Das Jahr 2019 hielt für die Tech-Branche einige Enttäuschungen bereit: So entpuppte sich der langerwartete Börsengang von Uber als Misserfolg, von dem das Unternehmen sich bis heute nicht erholt hat. Im November kam es zu einem regelrechten Ausverkauf. Insgesamt kamen Aktien im Wert von fast einer Milliarde US-Dollar auf den Markt, der Kurs rutschte um 14 Prozent. Hoffnungsträger WeWork wiederum hat es gar nicht erst an die Börse geschafft. Der IPO wurde abgesagt, nachdem WeWork seine Bewertung stetig gesenkt hatte. Diese soll für den Börsengang unter 20 Milliarden US-Dollar gelegen haben – gegenüber einer vorherigen Bewertung von 47 Milliarden Dollar.

Das zeigt ein grundlegendes Problem der Branche auf: Viele junge Unternehmen sind sehr hoch bewertet, ohne bisher Gewinne erwirtschaftet zu haben. Das birgt zwar Risiken, Anleger müssen sich aber nicht abschrecken lassen. Auch heute noch bieten IPOs die Chance, bereits frühzeitig an einer Erfolgsgeschichte teilzuhaben, wie es damals bei Amazon oder Netflix der Fall war. Wichtig ist jedoch, sich nicht von hohen Bewertungen blenden zu lassen und das Geschäftsmodell kritisch zu betrachten. Auch 2020 gibt es wieder einige Börsenneulinge. Die Fondsboutique GAMAX Funds wirft einen ersten Blick auf drei potenzielle IPO-Kandidaten, ihre Stärken und ihre Risiken.

Didi Chuxing: Zwischen Marktführerschaft und Mordfällen

Auch wenn die Branche der Fahrdienstanbieter und ihre Investoren noch am Uber-IPO zu knacken haben – immer wieder werden Gerüchte über einen möglichen Börsengang des chinesischen Anbieters Didi Chuxing laut. Didi ist der weltweit größte Anbieter von Fahrdienstleistungen und bietet neben eigenen Fahrern, die ihre Privatautos nutzen, auch die Vermittlung von Taxis, Chauffeurdiensten, Mietautos und Reisebussen an. Bereits 2016 übernahm das Unternehmen das China-Geschäft von Wettbewerber Uber und expandierte zuletzt in Länder wie Australien, Mexiko und demnächst Costa Rica. Ein möglicher Börsengang wäre mehrere Milliarden Dollar schwer, schwarze Zahlen schreibt das mit 57 Milliarden US-Dollar bewertete Unternehmen jedoch noch nicht.

Größtes Risiko: Das Unternehmen hat seit einiger Zeit mit einem Sicherheits- und Reputationsproblem zu kämpfen, nachdem 2018 zwei Passagierinnen von ihren Fahrern getötet wurden. Zwar hat der Fahrdienst mit gesteigerten Sicherheitsvorkehrungen reagiert, der Einbruch der Fahrgastzahlen zwang das Unternehmen jedoch zu Sparmaßnahmen. 2018 verzeichnete Didi einen Verlust von 1,6 Milliarden US-Dollar.

Größte Stärke: Didi ist trotz aktueller Probleme der größte Ride-Sharing-Anbieter in China und deckt mit seinem Service geografisch die größte Fläche ab. Bereits 2018 registrierte die App mehr als 10 Milliarden Einzelfahrten. 2019 hatte Didi nach eigenen Angaben 550 Millionen registrierte Nutzer. Auch für die Zukunft scheint das Unternehmen gut gerüstet: Didi betreibt die größte Elektroautoflotte in China, inklusive eines Netzwerks an Ladestationen. Zudem ist geplant, in Shanghai einen autonomen Fahrservice mit Robo-Taxis zu launchen.

Robinhood: Aktien-App für Millennials

Das 2013 in Kalifornien gegründete Startup ermöglichte als erster Anbieter den kostenlosen Aktien und ETF-Handel per App, inzwischen ist – zumindest auf dem US-amerikanischen Markt – auch der Handel mit Optionen und Kryptowährungen möglich. Neben dem Kauf und Verkauf von Aktien bietet die App weitere Funktionen wie den Zugang zu Wirtschaftsartikeln und -videos, Analystenratings oder Benachrichtigungen bei Preisänderungen an. Anleger, die sich tiefergehend informieren möchten, können einen Premium-Account anlegen, der sie zusätzlich mit detaillierten Marktinformationen und Research-Reports versorgt. Hauptzielgruppe sind jüngere Anleger aus der Millennial-Generation zwischen Ende 20 und Ende 30. Die Idee überzeugt die Geldgeber: Robinhood hat bereits mehr als 900 Millionen US-Dollar eingesammelt und ist zurzeit mit ambitionierten 7,6 Milliarden US-Dollar bewertet. Aktuell expandiert die Plattform nach Großbritannien.

Größtes Risiko: Robinhood ist zurzeit noch defizitär und die Konkurrenz schläft nicht. Das ehemalige Alleinstellungsmerkmal des kostenfreien Aktienhandels wird inzwischen international von mehreren FinTechs kopiert. In Deutschland gehört zum Beispiel das Startup Trade Republic Bank zur Konkurrenz, in Großbritannien Revolut und Freetrade und in den USA Firsttrade und M1 Finance.

Größte Stärke: Die Stellung als Markt-Pionier und starke Wachstumsraten. Die Plattform zählte im Dezember 2019 mehr als 10 Millionen Accounts. Zum Vergleich: Ende 2018 betrug die Nutzerzahl 6 Millionen. Das entspricht einem Wachstum von 66 Prozent. Als First Mover konnte Robinhood sich damit einen großen Vorsprung verschaffen und die strategisch wichtige Zielgruppe der tech-affinen Millennials an seine Marke binden.

Airbnb: Disruptiver Marktführer

Der Community-Marktplatz hat vor elf Jahren den Trend zur Shared Economy mitbegründet und schreckt mit der Vermittlung von Unterkünften die Hotelbranche in mehr als 191 Ländern auf. Das Unternehmen arbeitet seit 2016 profitabel und hat bisher mehr als 4,8 Milliarden US-Dollar an Investorengeldern eingesammelt. Die aktuelle Marktbewertung beläuft sich auf rund 31 Milliarden US-Dollar. Private Anleger hoffen schon länger auf eine Chance, an der Erfolgsgeschichte teilzuhaben. Bereits 2018 war ein Börsengang im Gespräch, jetzt könnte es laut Aussagen von CEO Brian Chesky 2020 soweit sein.

Größtes Risiko: Dem Geschäftsmodell werden zurzeit Steine in Form von politischen Regulierungen in mehreren Städten weltweit in den Weg gelegt, zum Beispiel in Berlin, Boston und Toronto. Hinzu kommt, dass Airbnb ein weiterer Anbieter ist, der aufgrund von Gewaltverbrechen mit Reputationsproblemen zu kämpfen hat: Bei einer Halloween-Party in einem über Airbnb vermieteten Haus in Kalifornien kamen 2019 bei einer Schießerei fünf Menschen ums Leben. CEO Chesky twitterte daraufhin, in Zukunft gezielt gegen unautorisierte Parties vorgehen und das manuelle Screening von „high risk“ Buchungen verstärken zu wollen.

Größte Stärke: Airbnb ist First Mover in einem neuen Marktsegment, das die Spielregeln für die weltweite Hotelbranche verändert. Inzwischen macht die Plattform klassischen Hotels nicht nur Privatkunden, sondern auch Geschäftsreisende streitig. So investierte sie jüngst in die Firma Zeus Living, die unmöblierte Privathäuser in Firmenunterkünfte umwandelt und vermietet.

Risiko gehört zum Geschäft

Dies ist nur eine Auswahl an potenziellen IPO-Kandidaten. Die Liste möglicher Börsengänge im nächsten Jahr ist deutlich länger. Anleger sollten also nichts überstürzen. Wichtig ist, sich vor einem Investment intensiv mit dem jeweiligen Unternehmen auseinanderzusetzen. Jedes Geschäftsmodell birgt Risiken, entscheidend ist jedoch, wie eine Firma darauf reagiert. Airbnb und Didi haben schnell Konsequenzen gezogen. Das bedeutete besonders im Fall Didi zwar kurzfristig Einbußen bei Fahrgastzahlen und Umsätzen, verbessert langfristig jedoch die Sicherheit der Dienstleistungen und zahlt auf die Reputation ein. „Es kommt auf langfristiges Denken an“, sagt GAMAX Fondsexperte Tommaso Tabacchi. „Sowohl bei der Unternehmensführung als auch bei der Investment-Strategie. Anleger, die sich nicht nur an vielversprechenden Bewertungen orientieren, sondern das Unternehmen als Ganzes im Blick haben, können bei einem frühzeitigen Einstieg attraktive Renditen erwirtschaften.“


Über GAMAX Funds

Die Fondsboutique GAMAX Funds wurde 1992 gegründet und gehört seit 2001 zum italienischen Finanzdienstleistungskonzern Mediolanum Banking Group. Aktuell verwaltet GAMAX in drei Fonds ein Vermögen von rund 1 Milliarden Euro (Stand: 28.2.2019). Mit dem GAMAX Funds Junior und dem GAMAX Funds Asia Pacific bietet die Boutique zwei aktiv gemanagte Aktienfonds für ein gezieltes Investment in starke Marken sowie in den wachstumsstarken asiatisch-pazifischen Raum.