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Das Jahr nach 2017 – Rückblick und Ausblick für Insurance-Linked Strategies

OpinionsDas Jahr nach 2017 – Rückblick und Ausblick für Insurance-Linked Strategies

2017 war ein Jahr der Extreme für die (Rück-)Versicherungs- und ILS-Branche: Die Industrie wurde mit rekordhohen Versicherungsschäden – hauptsächlich aufgrund schwerer Naturkatastrophen – konfrontiert. Rückblickend auf 2017 lässt Ognjen Kuzman, Credit Suisse, die Ereignisse noch einmal Revue passieren, zeigt wie der Markt auf diese Schock­ereignisse reagiert hat und gibt einen Überblick über aktuelle und zukünftige Entwicklungen im Markt.

Die Anlageklasse ILS

ILS investiert in Versicherungskatastrophenrisiken, welche typischerweise Versicherer und Rückversicherer in den Kapitalmarkt transferieren, um ihr Konzentrationsrisiko zu limitieren. Der ILS-Anleger erhält eine Prämie für die Übernahme des Risikos, kann jedoch Verluste auf sein Kapital erleiden, falls eine im Risikotransfer definierte Katas­trophe eintritt. Der Nominalwert der Transaktion wird üblicherweise über ein Treuhandkonto (Trust Account) in Geldmarktinstrumente mit variablem Zins investiert. 

Die vertraglich gedeckten Katastrophenereignisse sind typischerweise Stürme/Hurrikane, Erdbeben und andere Naturkatastrophen oder vom Menschen verursachte Ereignisse in Regionen mit hoher Dichte an versicherten Sachwerten. Solche Ereignisse sind üblicherweise gekennzeichnet durch eine tiefe Eintrittsfrequenz, jedoch einen hohen Schweregrad. Das bedeutet, diese Katastrophen treten selten bis sehr selten ein, sind jedoch schwerwiegend oder sehr schwerwiegend und teuer für die Versicherungsindustrie, wenn sie tatsächlich eintreten.

Das Hauptrisiko, welches der ILS-Anleger trägt, ist das Risiko eines Drawdowns (Verlustrisiko) aufgrund von schweren Katastrophen oder einer Häufung von mehreren Katastrophen in der gleichen Risikoperiode. ILS-Manager können versuchen, das Risiko eines Drawdowns zu reduzieren, indem sie das ILS-Portfolio über verschiedene Risiken, Risikoregionen oder sogenannte Triggerpegel, also Verlustschwellen, inves­tieren. 

Das US-Hurrikanrisiko ist die dominierende Risikoklasse in der weltweiten Katastrophenrückversicherung und in ILS, weil hohe Versicherungswerte an der Ost- und Golfküste der USA gegenüber potenziell sehr starken und zerstörerischen Hurrikanen exponiert sind. Von den sieben teuersten Katastrophen in der Versicherungsindus­trie seit 2000 war nur ein Ereignis kein US-Hurrikan. Es handelte sich dabei um das Tohoku-Erdbeben in Japan im Jahr 2011 (Quelle: Swiss Re, Credit Suisse). 

Der diversifizierte ILS-Investmentansatz zielt darauf ab, das Verlustrisiko deutlich zu reduzieren, indem ein beträchtlicher Anteil des ILS-Portfolios in Nicht-US-Hurrikan-Risiken investiert wird, wie beispielsweise das Wind- oder Erdbebenrisiko in Japan oder das Windrisiko in Europa. Weitere Diversifikation kann erreicht werden, indem man sowohl in Risiken mit hohem Schweregrad als auch in Frequenzrisiken investiert.

2017: Beispiellose Frequenz schwerer Hurrikane

Im August und September 2017 gab es eine beispiellose Frequenz schwerer Hurrikane, die auf das US-Festland und auf US-Inseln trafen. Hurrikan Harvey am 25. August als Hurrikan der Kategorie 4 auf die Küste von Texas. Zwei Wochen später verwüstete Irma als Hurrikan der Kategorie 5 einige Karibikinseln und traf später als Sturm der Kategorie 4 auch auf Florida. Am 20. September traf Hurrikan Maria der Kategorie 5 auf Puerto Rico und auf die US Virgin Islands (beides US-Territorien). 

Gemäß Swiss Re betrugen die gesamten Versicherungsschäden aus Naturkatastrophen im Jahr 2017 insgesamt138 Milliarden US-Dollar, wovon 92 Milliarden auf die drei genannten Hurrikane zurückzuführen sind. Damit war 2017 das bislang teuerste Jahr für die Versicherungsindustrie, noch vor 2005 und 2011. Es sei hierbei zu erwähnen, dass es zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen kommen kann, bis die finalen Versicherungsschäden aus solchen Ereignissen feststehen.

Seit 1900 gab es kein einziges Jahr mit drei Hurrikanen der Kategorie 4 oder 5, die auf das US-Festland trafen. In den letzten 116 Jahren mit Datenaufzeichnungen gab es nur 22 Stürme, die als Kategorie 4 oder 5 auf US-Festland oder Puerto Rico trafen – und dann gab es mit Harvey, Irma und Maria gleich drei solcher Stürme in 2017.

Prämienentwicklung in 2018

Im Unterschied zum Finanzmarkt können Rückversicherungsrisiken nur in sehr begrenztem Ausmaß auf täglicher Basis gehandelt werden. Der größte Teil der Risiken wird an sogenannten Erneuerungsdaten gehandelt und folgt einem jährlichen Zyklus. Das wichtigste Erneuerungsdatum ist der 1. Januar, an welchem rund 60 Prozent der globalen Rückversicherungsverträge erneuert werden. Darüber hinaus sind der 1. April (Japan), der 1. Juni (US-Wind und Florida) sowie der 1. Juli (Australien) wichtige Erneuerungsdaten.

Die Hoffnungen der Marktteilnehmer lagen infolge der schweren Industrieverluste in 2017 auf einem kräftigen Prämienanstieg am 1. Januar. Diese haben sich jedoch nur zum Teil bestätigt. Während Cat-Bond-Neuemissionen aufgrund relativ geringer Verluste in 2017 nur moderate Prämienanstiege verzeichneten, fielen die Prämienanstiege in anderen Marktsegmenten wie beispielsweise im Retrozessionsmarkt (Rückversicherung auf Rückversicherung) höher aus, wenn auch unter den allgemeinen Erwartungen. Insgesamt zeigt sich, dass der Markt heute effizienter und entwickelter ist, als dies noch in den 1990er-Jahren der Fall war. Während Hurrikan Andrew in 1992 zu einer teils exorbitanten Prämienveränderung auf globaler Ebene und über praktisch alle Marktsegmente führte, ist diese nach 2017 nur in gewissen Marktsegmenten spürbar, was die Wichtigkeit eines breiten Marktzugangs für ILS-Manager verdeutlicht. 

Wie bereits ausgeführt, stammt der Großteil der letztjährigen Verluste aus US-Wind-Ereignissen. Deshalb wird die diesjährige Juni-Erneuerungsrunde mit besonderer Spannung erwartet. Vor allem bei Kontrakten, die von Verlusten betroffen waren, errechnen sich die Marktteilnehmer attraktive Prämienanstiege. Die Erfahrung mit großen Katastrophenereignissen in der Vergangenheit zeigt, dass es oft über ein Jahr dauert, bis das volle Ausmaß der Schäden bekannt ist. Deshalb sind wir der Meinung, dass sich auch am 1. Januar 2019 weitere Effekte der Ereignisse aus 2017 in den Prämien widerspiegeln werden.


Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.hedgework.de.

Ognjen Kuzman

stieß im Jahr 2015 als Product Specialist für Insurance-Linked Strategies zum Credit Suisse ILS-Team. Vor seiner Tätigkeit bei der Credit Suisse arbeitete er als Multi-Asset-Portfolio-Manager bei der Notenstein Privatbank sowie bei Wegelin & Co. Privatbankiers. Ognjen Kuzman hat einen Master in Finance der Wirtschaftsuniversität Wien, Österreich.

Credit Suisse

Die 1856 gegründete Credit Suisse besitzt heute eine globale Reichweite mit Geschäftsaktivitäten in über 50 Ländern und 48.200 Mitarbeitenden aus über 150 verschiedenen Nationen und hält eine Position als einer der globalen Marktführer im Private Banking und in der Vermögensverwaltung mit ausgeprägten Kompetenzen im Investment Banking inne.
Das Credit Suisse Insurance-Linked Strategies-Team verfügt über eine der längsten Leistungsausweise im Bereich Insurance-Linked Strategies (ILS). Seit dem Start im Jahr 2003 hat es sich zu einem der weltweit führenden ILS-Manager entwickelt.

Kontakt:
Credit Suisse Deutschland AG
Rudi Aberle
Tel.: +49 (0)69 7538 1034
E-Mail: rudi.aberle@credit-suisse.com
Internet: www.credit-suisse.com/de