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German Debt Project 2021: Back to business

OpinionsGerman Debt Project 2021: Back to business

von Prof. Dr. Tobias Just, FRICS, Universität Regensburg und IREBS Immobilienakademie und Simon Wiersma, Universität Regensburg.

Bereits zum neunten Mal hat die IREBS unter dem Projektnamen „German Debt Project“ die Entwicklung des gewerblichen Immobilienfinanzierungsgeschäfts in Deutschland analysiert. Die Grundlage bildete wie in den letzten Jahren die enge Kooperation mit wichtigen Finanzierungshäusern in Deutschland, die Portfoliodaten in einem Datenfragebogen und in 21 persönlich geführten, strukturierten Interviews bereitstellten.

Die Ergebnisse lassen sich in fünf Kernaussagen zusammenfassen:

  1. Die Banken berichten, dass sich nach dem schweren Unsicherheitsschock 2020 bereits zum Ende des Jahres 2020 eine Normalitätsentwicklung eingesetzt hat. Die meisten Institute erwarten, dass dieser Prozess noch nicht beendet ist. Mit dieser Normalität ist gemeint, dass die meisten Banken wieder bereitwilliger als 2020 gewerbliche Immobilienkredite vergeben. Zwar ist die Spanne zwischen möglichen Geschäftsstrategien gemessen am Neugeschäftswachstum und auch gemessen an den Aktivitätsschwerpunkten größer als vor der Pandemie, aber insgesamt nähern sich die Strategien der Finanzinstitute wieder deutlich an. Dies führt auch dazu, dass der Wettbewerbsdruck seit der zweiten Jahreshälfte 2020 zugenommen hat.
  2. Dieser Wettbewerbsdruck zeigt sich insbesondere auf jenen Feldern, die als vergleichsweise risikoarm eingeschätzt werden, also z.B. die Finanzierung von Wohnungsportfolios und Logistikimmobilien. Einzelhandelsimmobilien und Hotelimmobilien werden noch immer mit großer Vorsicht eingeschätzt, auch wenn es hier zumindest keimenden Optimismus bei einem Teil der befragten Institute gibt. Für Büroimmobilien bleibt die Einschätzung weiterhin zwiegespalten: Für ein Teil der Institute sind Büroinvestments weiterhin sinnvoll und risikoarm, ein Teil der Institute ist jedoch angesichts der anhaltenden Diskussion um die Zukunft von Home-Office Arbeitsplätzen zurückhaltend. Konsens scheint es dahingehend zu geben, dass insbesondere Büroimmobilien in den Innenstädten wenigen Risiken ausgesetzt sind, und dass periphere Bürolagen stärker unter den Unsicherheiten leiden als die nicht vermehrbaren Kernstadtlagen. Projektentwicklungen werden insgesamt etwas zurückhaltender finanziert als vor der Pandemie. Im langjährigen Mittel ist der Anteil der Projektentwicklungsfinanzierungen aber weiterhin hoch.
  3. Dass die LTVs (loan-to-values) 2020 zum Teil deutlich zurückgegangen sind, liegt nicht nur an der Vorsicht der Banken und auch nicht nur an der grenzensetzenden Regulierung, sondern dass gerade bei den Investitionen in Core-Lagen die marktbestimmenden Grenzkäufer, also jene Käufer mit der höchsten Zahlungsbereitschaft, oft eigenkapitalstarke und sicherheitsorientierte Langfristinvestoren sind, deren Anlagedruck weiterhin hoch ist. Insofern ist eines der Hauptrisiken für die kommenden Jahre weniger der Fremdkapitalanteil, sondern eher die weiterhin aggressive Preisbildung gerade auf den als sicher eingeschätzten Investmentmärkten.
  4. Zum ersten Mal wurde in diesem Jahr ein eigener Fragenblock zum Thema ESG (environmental, social, governance) in der Finanzierung gemacht. Die Banken waren sich einig, dass dieses Thema eines der Leitthemen der kommenden Jahre wird. Alle Banken haben strategische Weichenstellungen vorgenommen, wobei die Geschwindigkeiten und die erreichten Meilensteine bei der Umsetzung dieser Strategien sehr unterschiedlich sind. Die Größe des Finanzierungsinstituts scheint ein verlässlicher (natürlich nicht ausschließlicher) Prädiktor dafür zu sein, wie weit eine Bank bereits in der Umsetzung ist.
  5. Im Jahr 2020 kreisten die persönlichen Interviews noch ausschließlich um die Unsicherheiten, die mit der Pandemie verbunden waren. In diesem Jahr bedeutet die „Rückkehr zur Normalität“, dass über ein umfangreiches Set an Chancen, aber über ein noch größeres Set an Risiken diskutiert wurden. Nachdem die größte Unsicherheit mit Blick auf Corona als überwunden wahrgenommen wurde, rückten die bereits zuvor erkannten Risiken wieder stärker in den Fokus: Überbewertungsrisiken, geopolitische Risiken, Zinsänderungsrisiken, regulatorische Anforderungen, strukturelle Wettbewerbsrisiken. Die Rückkehr zur Normalität ist keine Rückkehr zu einem ruhigen Aufschwung, sondern erfordert weiterhin umsichtiges Management, oder wie ein Gesprächspartner es sagte: „Es ist die Zeit für Profis“.

Für die jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit danken wir dem vdp, der uns auch in diesem Jahr inhaltlich unterstützt hat. Darüber hinaus bedanken wir uns herzlich für die finanzielle Unterstützung bei unseren Sponsoren, die uns zudem auch in diesem Jahr mit Ideen und inhaltlicher Unterstützung geholfen haben, die Studie zu erstellen.


Dieser Beitrag wurde zuerst von der IREBS Immobilienakademie publiziert. Ein PDF des Beitrags finden Sie hier.

Der vollständige Bericht kann hier erworben werden: https://www.irebs-immobilienakademie.de/shop/publikationen/

Weitere Veröffentlichung dieses Texts: Just, Tobias und Wiersma, Simon (2021). Rückkehr zur Normalität: Vorstellung der Ergebnisse des German Debt Project 2021. In: vdp QUATERLY Q4.21, S. 18-19.