Infrastrukturinvestitionen gewinnen in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Die Bundesregierung hat das Thema auf ihre Agenda gesetzt und verfolgt das Ziel, private Investitionen in öffentliche Projekte zu erleichtern und zu beschleunigen. Gleichzeitig besteht in Deutschland weiterhin Nachholbedarf bei Knowhow und belastbaren Daten zu Infrastruktur-Investments. Gerade für ausländische Investoren sind Transparenz und valide Informationen entscheidende Voraussetzungen für ein Engagement.
Diese Erkenntnisse standen im Mittelpunkt einer Expertenrunde mit Christoph Kraiker (CEO, Hauck & Aufhäuser Fund Services), Dr. Dirk Krupper (Geschäftsführer, Helaba Invest) und Martin Hüwel (Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft).
Vielfältige Strukturierungsoptionen sind bei Infrastruktur-Investments denkbar
Grundsätzlich sprechen für Infrastruktur-Investments die breite Palette an Strukturierungsmöglichkeiten und die Vielzahl an Investment-Modellen. Auf diese Weise lassen sich die Anlageziele verschiedener Investorengruppen bedienen. Infrastruktur-Investments lassen sich unter anderem strukturieren als: Infrastrukturfonds, Infrastruktur-Dachfonds, Co-Invest-Vehikel oder Joint Ventures.
Darüber hinaus ergeben sich aus dem Standort der Fondsgesellschaft unterschiedliche Strukturierungsmöglichkeiten, wenn sie beispielsweise in Luxemburg oder Deutschland ansässig ist. Für Privatanleger kommen in Luxemburg insbesondere Teil-II-Fonds nach luxemburgischem Investmentrecht sowie ELTIF-Strukturen zum Einsatz. In Deutschland können Infrastruktur-Investments als ELTIF oder über das Infrastruktur-Sondervermögen gemäß § 260a KAGB angeboten werden.
Für institutionelle Investoren wiederum eignen sich in Luxemburg Infrastruktur-Investments über den RAIF und sonstige AIF-Strukturen. In Deutschland wiederum sind offene Spezial-AIF (§ 282, § 284 Kapitalgesetzbuch) beziehungsweise geschlossene Spezial-AIF (§ 285 Kaptialgesetzbuch) denkbar.
Für Luxemburg als Sitz der Fondsgesellschaft spricht, dass das Land als Investmentstandort international sehr bekannt und der Markt vergleichsweise wenig Regularien unterworfen ist. „Das ermöglicht eine größere Vehikelauswahl und die Fondsprodukte lassen sich international besser vertreiben“, so Christoph Kraiker. Deutsche Fonds sind aufgrund ihrer Regulatorik weniger flexibel. Allerdings bevorzugen deutschen Anleger deutsche Fondsstrukturen, insbesondere wenn sie hierzulande in Infrastrukturprojekte investieren wollen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren. Denn die Erfahrungen in anderen Ländern belegen eindeutig, wie durch PPP-Kooperationen der Infrastrukturausbau beschleunigt werden kann, etwa im Bereich Transport und Logistik, bei der Versorgung mit Strom und Wasser oder bei sozialer Infrastruktur (Krankenhäuser, Schulen, Verwaltungsgebäude etc.).
Die hohe Akzeptanz von PPP in anderen Ländern liegt unter anderem daran, dass der Staat häufig einen größeren Teil der Risiken übernimmt und so die Risiken für die privaten Investoren signifikant minimiert werden (First-Loss).
Bei einem Investitionsvolumen einer PPP über 1 Mrd. Euro könnte sich der Staat beispielsweise bereit erklären, eine Garantie in Höhe von 100 Mio. Euro zu übernehmen. Damit würde er bis zu diesem Betrag das alleinige Risiko tragen. Eine solche PPP-Vereinbarung macht eine Investition für privates Kapitel attraktiv.
Mitspracherechte unterscheiden sich zwischen Immobilien- und Infrastruktur-Assets
Ein wichtiger Unterschied zwischen Investitionen in Infrastruktur und Immobilien ist, dass beim Kauf von Assets im Real-Estate-Bereich zumeist eine transparente Kommunikation entlang des Erwerbsprozesses gegenüber den Anlegern erfolgt. Bei Infrastrukturfonds ist das häufig nicht der Fall. Wichtig sei neben der Größe des Investments die Zusammensetzung der Anleger: Stellen sie eine größere homogene Gruppe dar, können sie durchaus im Anlageausschuss wirkungsvoll ihre Meinung zur Anlagestrategie, Risikopolitik etc. einbringen.
Die Experten sind optimistisch, dass die regulatorischen Ansprüche an Infrastruktur-Investments in Deutschland mittelfristig sinken. „Zum einen wird das Standortfördergesetz, das voraussichtlich Anfang 2026 in Kraft tritt, den Rahmen für Infrastruktur- und Energiewendeinvestments insgesamt deutlich erleichtern – von weniger bürokratischen Hürden und Gutachten über erweiterte Anlagemöglichkeiten für Fonds bis hin zu mehr steuerlicher Rechtssicherheit und attraktiveren steuerlichen Bedingungen für alternative Investments“, erläutert Martin Hüwel.
Parallel dazu arbeitet die EU an einer Vereinfachung der ESG-Regulierung. Ziel ist es, Investitionen in nachhaltige Assets zu erleichtern und regulatorische Anforderungen zu verschlanken.
Neues Template soll Standard bei Datenabfrage von Infrastrukturprojekten werden
Die Helaba Invest arbeitet derzeit an einem Standard-Template zur Abfrage ökonomischer Daten für Infrastruktur-Investments. Das Template soll Nutzern, wie Fondsmanagern und KVGen, im kommenden Jahr zur Verfügung stehen. „Für den Bereich Energie haben wir schon jetzt eine gute Datenbasis. Für andere Infrastrukturklassen wie Transport oder Telekommunikation ist es hingegen schwieriger, an Informationen zu kommen“, erläutert Krupper. Hier besteht Optimierungsbedarf.
Ergänzend wird der Einsatz von Künstlicher Intelligenz künftig eine zentrale Rolle im Datenmanagement spielen, etwa bei Datenaufbereitung, Prognosen und Reporting.
Fazit und Ausblick
„Die Branche sehnt Vereinfachungen im ESG-Bereich und geringere Berichtspflichten herbei, wie sie auf EU-Ebene derzeit diskutiert werden. Große Hoffnung setzt sie außerdem in das Standortfördergesetz: Es könnte den Rahmen für private Investitionen in Infrastrukturprojekte in Deutschland deutlich erleichtern und diese dadurch für Investoren attraktiver machen“, so Hüwel.
Infrastruktur-Investments bieten vielfältige Diversifikationsmöglichkeiten – von Private Equity und Private Debt über Green- und Brownfield-Projekte bis hin zu unterschiedlichen Risiko- und Renditeprofilen. Neben dem finanziellen Potenzial zeichnen sie sich durch ihren gesellschaftlichen Nutzen aus.
Bei einzelnen Infrastruktursegmenten bestehen nach Einschätzung der Experten weiterhin erhebliche, bislang unausgeschöpfte Potenziale. Dazu zählt unter anderem der Bereich Rechenzentren. Vergleichbare Entwicklungen waren bereits im Immobilienmarkt zu beobachten: Auch dort mussten sich bestimmte Assetklassen zunächst etablieren, bevor sie sich langfristig erfolgreich durchsetzten, etwa Mikroapartments.
Bild © Hauck & Aufhäuser Fund Services