Ein Kommentar von Ernst Glanzmann (Bild), Lukas Knüppel, Investment Directors, sowie Katsuya Takeuchi, Investment Analyst. Die Experten verwalten die japanischen Aktienstrategien bei GAM Investments.
Passive Anlagen sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden, weil kostenbewusste Anleger sich dafür entschieden haben, Marktindizes nachzubilden, anstatt sie möglicherweise zu übertreffen. Aus globaler und nationaler makroökonomischer Sicht stehen die Sterne gut für japanische Unternehmen.
Nach erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen, die durch Covid-19 verursacht wurden, hat sich die Weltwirtschaft nun weitgehend normalisiert. Dieses Ende einer beispiellosen Periode stellt für japanische Aktienanleger einen entscheidenden Zeitpunkt dar, ihre Portfolios neu zu bewerten und sich zu fragen, welche Unternehmen und Sektoren am besten positioniert sind, um das künftige Gewinnwachstum in der Zeit nach der Pandemie voranzutreiben.
Nachlassendes Gewinnwachstum im Value-Sektor
Nach der starken Performance von Value-Aktien in den letzten drei Jahren beginnt die Dynamik nun zu erlahmen, was sich in einem Rückgang des Gewinnwachstums in wichtigen Value-Sektoren zeigt (in denen unsere Strategie jeweils untergewichtet ist):
- Automobilsektor: Die Erholung des Umsatzes von den Produktionsengpässen während der Covid-19-Pandemie ist weitgehend abgeschlossen, und die Preisnachlässe der Branche steigen. Darüber hinaus ist es unwahrscheinlich, dass der Sektor, der am stärksten von der Yen-Schwäche profitiert hat, diese Vorteile weiterhin genießen kann, da die Zeit der akuten Yen-Schwäche vorbei zu sein scheint.
- Handelshäuser: Große Handelsunternehmen konnten aufgrund der pandemiebedingten Verwerfungen auf den Rohstoffmärkten und in den Versorgungsketten einen erheblichen Gewinnzuwachs verzeichnen. Diese Störungen haben sich jedoch inzwischen weitgehend normalisiert, was zu einer Verlangsamung des Wachstums geführt hat.
- Bankensektor: Die starke Performance des Bankensektors war weitgehend auf die Erwartungen einer Änderung der Geldpolitik durch die Bank of Japan (BoJ) zurückzuführen. Da diese Erwartungen nun weitgehend eingepreist sind, könnte die Dynamik des Sektors nachlassen.
Rückkehr der Wachstumsdynamik
Im Gegensatz dazu sehen wir eine klare Verlagerung der Dynamik des Gewinnwachstums – wie die jüngste Gewinnsaison bestätigt hat – hin zu führenden Qualitätsunternehmen mit langfristigem Wachstumspotenzial, auf die wir uns konzentrieren.
Diese Verschiebung ist auf eine Kombination von konjunkturellen und strukturellen Faktoren zurückzuführen:
- Industriebeteiligungen: Unsere Industriebeteiligungen verzeichnen eine Erholung der Erträge nach einer erheblichen Lagerkorrektur, die auf die rasche Abkühlung der während der Pandemie entstandenen erhöhten Nachfrage folgte. Außerdem ist eine zyklische Erholung im Gange, die in vielen Teilsektoren das Potenzial für eine weitere Expansion hat.
- Medizinische Geräte und Dienstleistungen im Gesundheitswesen: Die Normalisierung der Covid-bedingten Störungen kommt unseren Positionen im Gesundheitswesen zugute und führt zu einem erneuten Gewinnwachstum.
Strukturelle Wachstumsthemen als Motor für langfristiges Gewinnwachstum
Über den zyklischen Aufschwung hinaus sind wir strategisch so aufgestellt, dass wir von jenen strukturellen Wachstumsthemen profitieren, die den langfristigen Erfolg ausmachen. Schlüsseltrends wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz (KI), alternde Bevölkerung, zunehmender Arbeitskräftemangel und das Entstehen einer Mittelschicht in den Schwellenländern rücken wieder in den Vordergrund. Unsere Investitionen in Sektoren wie Halbleiterproduktionsanlagen, Fabrikautomation, Robotik, medizinische Geräte und digitaler Zahlungsverkehr sind gut auf diese Themen abgestimmt.
Der zunehmende weltweite Arbeitskräftemangel beschleunigt beispielsweise die Einführung von Automatisierung und Robotik, wodurch die Industrie ihre Effizienz und Produktivität steigern kann. Gleichzeitig treibt die Digitalisierung die Nachfrage nach fortschrittlichen Technologien voran, so dass unsere Beteiligungen an Halbleiterproduktionsanlagen von diesem anhaltenden Wandel profitieren dürften. Da KI und Big Data die Welt weiterhin umgestalten, sind wir davon überzeugt, dass unsere Portfoliounternehmen in dieser zunehmend technologiegetriebenen Landschaft florieren werden.
Darüber hinaus eröffnen die strukturellen Trends einer alternden Bevölkerung und einer aufstrebenden Mittelschicht in den Entwicklungsländern erhebliche Chancen auf den Gesundheits- und Verbrauchermärkten, die unseren Investitionen in Bereichen wie Medizintechnik und Körperpflege ein nachhaltiges Wachstum ermöglichen. Diese Mischung aus zyklischer Erholung und strukturellen Wachstumstrends sollte unsere Strategie in die Lage versetzen, von diesen entscheidenden Faktoren zu profitieren und langfristige Rentabilität und Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten.
Unsere Positionierung in diesen Sektoren beruht auf unserer Überzeugung, dass japanische Unternehmen in diesen Bereichen äußerst wettbewerbsfähig sind und sich auf Weltniveau bewegen. Wir investieren ausschließlich in Unternehmen, die das Potenzial haben, in ihren jeweiligen Bereichen führend zu sein. Diese Führungsposition beruht häufig auf ihrer herausragenden firmeneigenen Technologie und ihrem außergewöhnlichen Service, mit dem sie sich das Vertrauen und die Loyalität ihres wachsenden Kundenstamms erworben haben.
Warum gerade jetzt?
Der Zeitpunkt für japanische Aktien und für unsere Strategie ist aus drei wesentlichen Gründen jetzt besonders günstig:
- Marktpositionierung: Wir glauben, dass die Anleger die sich verändernde Gewinndynamik noch nicht vollständig erkannt haben. Die Mehrheit der Anleger scheint immer noch in Value-Themen positioniert zu sein – man könnte sagen, der Markt investiert immer noch mit der Mentalität von gestern. Wir konzentrieren uns weiterhin auf Unternehmen mit Qualitätswachstum und sind überzeugt, dass unsere Portfoliounternehmen langfristig häufiger positive Gewinnüberraschungen und ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum erleben werden.
- Potenzial für eine Bewertungsanpassung: Unsere auf Qualität und Wachstum ausgerichteten Portfoliobewertungen wurden als Reaktion auf den starken Zinserhöhungszyklus in den USA reduziert. Da die US-Notenbank jedoch im September mit ihrem Zinssenkungszyklus begann, könnte dies aus der Bewertungsperspektive zusätzlichen Rückenwind für unseren Wachstumsansatz mit langer Duration bedeuten.
- Stärkerer Yen: Schließlich wird erwartet, dass die abnehmende Zinsdifferenz zwischen Japan und den USA eine Aufwertung des Yen unterstützt. Dies könnte sich als zusätzlicher Vorteil erweisen, da Unternehmen mit einer starken Preissetzungsmacht besser in der Lage sind, ihre Verkaufspreise in Fremdwährungen zu erhöhen. Darüber hinaus könnte ein festerer Yen die Renditen für ausländische Anleger erhöhen.
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