von Maximilian Ludwig, Head of Asset Management Retail & Hotel, Real I.S. AG.
Wer in Büroimmobilien investiert, der schätzt Multi-Tenant-Konzepte. Mehrere Nutzer mit unterschiedlichen Mietvertragslaufzeiten (oder -restlaufzeiten) und entsprechendem Wertschöpfungspotenzial. Die Vorteile wie Risikodiversifizierung und Werthebel sind bekannt. Längst ist ein weiteres Plus dazugekommen: Teilbereiche werden häufiger von der Standardvermietung ausgeklammert – und als Co-Working-Spaces entweder an einen Betreiber vergeben oder aber bei entsprechender Kompetenz auch vom unternehmenseigenen Asset-Management verantwortet. Insbesondere dann, wenn die Immobilie kreative Unternehmen anspricht, die ihre Belegschaft temporär um Freelancer aufstockt, aber auch je nach Situation wieder abbaut, ist Co-Working als Ergänzung zu den eigenen Büroräumen ein Mehrwert. Der Multi-Tenant-Ansatz würde so um eine weitere Ebene erweitert. Zusätzlich zur kleinteiligen Vermietung eine noch kleinteiliger nutzbare Fläche bis hin zum einzelnen Schreibtisch, den ein Unternehmen aus dem Gebäude (oder auch ein Dritter von außen) dazu bucht: Multi-Multi-Tenant.
Kritiker mögen sagen: Der Standardmietvertrag bringt über die Laufzeit eine gewisse Sicherheit und Prognostizierbarkeit für den Eigentümer mit Blick auf den Cashflow. Daher wird er von den meisten Vermietern weiterhin als Schwerpunkt bevorzugt. Bei Co-Working-Spaces hingegen können sich die Einnahmen bei Eigenvermietung sprunghaft verändern. Und wenn ich den Weg über einen Betreiber gehe, gelingt dies möglicherweise nur über kurzfristige Verträge. Die langfristige Sicherheit schwindet in beiden Fällen. Aber ist der Mietvertrag mit einer Länge von zehn Jahren nicht ohnehin ein Auslaufmodell? Wenn ich nicht gerade einen Staatsmieter für meine Fläche gewinne – welches Unternehmen kann heute noch verlässlich zehn Jahre in die Zukunft blicken? Die Mietverträge werden mit der zunehmenden Dynamik in allen Bereichen der Wirtschaft kürzer, von den Vorteilen in der Bilanz ganz zu schweigen. Dieser Trend lässt sich derzeit auch im Einzelhandel gut beobachten, wo der wachsende Online-Handel zu einem schnellen Wandel der Nutzungskonzepte führt. Das macht kürzere Vertragslaufzeiten insbesondere bei kleinflächigeren Konzepten für Vermieter interessant. Auch Co-Working-Spaces sind in hohem Maße drittverwendungsfähig. Selbst wenn sich das Konzept – den positiven Aussichten zum Trotz – nicht durchsetzen sollte, wäre der Weg zurück zum Standardmietvertrag keine große Hürde.
Sicherlich kommt es insgesamt auf das Timing und den Standort an. Nicht jede Lage eignet sich dafür schon jetzt. Mancher Standort wird sich nie eignen. Aber in Städten wie Berlin, wo das langfristige Potenzial von Co-Working-Areas jenseits von 30 Prozent des Büroflächenumsatzes liegt, lohnt es sich, zumindest als Ergänzung darüber nachzudenken.