Die Pharmabranche ist das Zugpferd der Schweizer Wirtschaft, und der Wohlstand des Landes hängt maßgeblich von diesem Sektor ab. Heute ist die Schweiz neben den USA einer der wichtigsten Pharma-Forschungsstandorte weltweit und ihr Einfluss geht weit über Europa hinaus. Warum das so ist und welche Rolle Freihandelsabkommen und hohe Kapitalrenditen damit zu tun haben, erklärt Vinay Thapar, Portfolio Manager—Global Healthcare bei AllianceBernstein, in seiner Kolumne Vinay‘s Vision.
Die Schweiz ist ein kleines Land, aber ein großer Wirtschaftsakteur – das ist vor allem der Pharmaindustrie zu verdanken. Der pharmazeutische Sektor ist für die Schweizer Wirtschaft von entscheidender Bedeutung, da er rund 38 Prozent der gesamten jährlichen Exporte erwirtschaftet, rund 7 Prozent des BIP ausmacht und in den letzten 10 Jahren für rund 40 Prozent des BIP verantwortlich war.
Die Bedeutung der Branche wird durch Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums (Intellectual Property – IP) untermauert, die Forschung und Entwicklung unterstützen und zu den strengsten der Welt gehören. Dieser Urheberrechtsschutz in Kombination mit attraktiven Steueranreizen fördert Investitionen in Forschung und Entwicklung und hat es Schweizer Unternehmen in der Vergangenheit ermöglicht, an der Spitze der Innovation zu bleiben. Die Schweiz hat auch einige der schnellsten regulatorischen Prozesse der Welt, was sie zu einem idealen Standort für Pharmaunternehmen macht. Swissmedic, die nationale Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte, ist für ihre effizienten und klaren Zulassungsverfahren für Arzneimittel und Medizinprodukte bekannt, wovon der gesamte Gesundheitssektor profitiert.
Freihandelsabkommen erleichtern Zugang zu Exportmärkten
Die Schweiz hat Freihandelsabkommen (FHA) mit 43 Ländern abgeschlossen, darunter wichtige Innovationsgiganten wie China, Japan und Indien, die einen ungehinderten Zugang zu wichtigen Exportmärkten ermöglichen. Dieses ausgedehnte Handelsnetz bietet der Schweizer Pharmaindustrie mehrere Vorteile: geringere Zölle, dank derer Schweizer Pharmazeutika wettbewerbsfähig sind, und eine größere Marktreichweite, da die FHA die Entwicklung von Medikamenten über einen längeren Zeitraum hinweg ermöglichen.
Die Entwicklung von Arzneimitteln ist ein langwieriger und schwieriger Prozess. Wir wissen, dass es fast 90 Prozent der neuen Medikamentenkandidaten nicht auf den Markt schaffen. Roche ist ein Beispiel für ein Unternehmen, das in den letzten Jahren mehrere Misserfolge in der späten Phase der Entwicklungspipeline hinnehmen musste, was sich auf den Aktienkurs auswirkte. Roche gibt jedoch mehr als 20 Prozent seines Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus, es befinden sich also noch viele weitere Produkte in der Pipeline. Wir investieren weiterhin vorrangig in profitable Unternehmen, die über ausreichende Reinvestitionsmöglichkeiten für zukünftiges Wachstum verfügen.
Hohe Kapitalrenditen bei Selektion entscheidend
Beim Aufbau des AB International Health Care Portfolios konzentrieren wir uns auf darauf, starke Unternehmen mit hohen oder steigenden Kapitalrenditen zu identifizieren, die in der Lage sind, für langfristiges Wachstum profitabel zu reinvestieren. Daher treffen wir keine Top-Down-Entscheidungen für Investitionen in bestimmte Länder oder Sektoren. In der Schweiz sind wir jedoch mit einer Position im Pharmaunternehmen Roche, in den Life Science Tool-Unternehmen Lonza Group und Bachem sowie im Healthcare-Equipment Unternehmen Straumann vertreten. Im Einklang mit unserer Anlagephilosophie basieren unsere Investitionen auf der Attraktivität dieser Unternehmen, wie auch in jedem anderen Land oder in jeder anderen Branche.
Wir denken, dass die Schweiz mehrere attraktive Merkmale aufweist, die den Gesundheitssektor unterstützen. Sollte sich die politische Landschaft des Landes nicht wesentlich verändern, gehen wir davon aus, dass die Schweiz in diesem Bereich weiterhin führend bleiben wird. Der Gesundheitssektor ist jedoch im ständigen Wandel. So schreitet etwa die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz sowie der Übergang zu biologischen und genetischen Therapien immer weiter voran. Daher muss die Schweiz flexibel bleiben, und wir vertrauen darauf, dass das Land dazu auch in der Lage ist. Die Schweiz verfügt zudem über eines der besten Bildungssysteme der Welt, insbesondere in den Bereichen Naturwissenschaft, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik. Die hoch qualifizierten Arbeitskräfte des Landes sollten in der Lage sein, sich diesen Veränderungen anzupassen und die Schweiz an der Spitze der Innovation im Gesundheitswesen zu halten.