Wednesday 19-Mar-2025
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Re­form der deut­schen Schul­den­brem­se könn­te Wachs­tum­s­im­puls set­zen

Markets and NewsRe­form der deut­schen Schul­den­brem­se könn­te Wachs­tum­s­im­puls set­zen

Felix Feather, Economist bei aberdeen, erläutert im folgenden Marktkommentar die Auswirkungen wirtschaftspolitischen Pläne der neuen Bundesregierung unter dem designierten Kanzler Friedrich Merz auf die deutsche Wirtschaft:

Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz hat umfangreiche fiskalische Stimulus-Maßnahmen vorgeschlagen, die möglicherweise bis zu 2 % des BIP pro Jahr betragen könnten. Allerdings wird dieser Impuls nicht eins zu eins in Wirtschaftswachstum umgewandelt.

Friedrich Merz hat vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags am 25. März eine Einigung über höhere Verteidigungs- und Infrastrukturinvestitionen bekannt gegeben. Die Pläne sehen vor, dass Verteidigungsausgaben über 1 % des BIP von der verfassungsmäßigen Schuldenbremse ausgenommen werden. Zudem soll ein Sonderfonds in Höhe von 500 Mrd. Euro (etwa 12 % des BIP) geschaffen werden, um über das nächste Jahrzehnt Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Deutschland gab im Jahr 2024 bereits 2,1 % des BIP für Verteidigung aus. Eine erste Schätzung legt nahe, dass dieser Anteil in den kommenden Jahren auf rund 3 % des BIP steigen könnte (siehe Abbildung 1).

Aus rein makroökonomischer Sicht wäre eine Steigerung der Verteidigungsausgaben um weitere 1 % des BIP erheblich, wenngleich der tatsächliche Effekt stark von der Mittelverwendung abhängt. Sollte ein großer Teil der Mittel für Beschaffungen im Ausland verwendet werden, würde dies den Wachstumseffekt dämpfen. Generell haben Verteidigungsausgaben jedoch nur einen begrenzten Wachstumsmultiplikator.

Auch verstärkte Investitionen in die Infrastruktur werden der Wirtschaft Impulse verleihen. Allerdings wird der jährliche Investitionszuwachs von etwa 1 % des BIP nicht sofort seine volle Wirkung entfalten, da es Zeit braucht, geeignete Projekte zu identifizieren und umzusetzen. Langfristig dürfte jedoch eine erhöhte Investitionstätigkeit helfen, strukturelle Herausforderungen der deutschen Wirtschaft zu bewältigen.

Eine moderate Reform der Schuldenbremse war bereits Teil unserer Basisszenarien. Die nun angekündigten Maßnahmen gehen jedoch weit darüber hinaus. Unsere Prognosen werden derzeit überprüft, aber es ist wahrscheinlich, dass wir die Wachstumsprognose für das deutsche BIP in den kommenden Jahren um 0,5 bis 1,0 % anheben.

Die Renditen deutscher Bundesanleihen sind nach der Ankündigung stark gestiegen. Dies reflektiert nicht nur die verbesserten Wachstumsaussichten, sondern auch eine höhere Risikoprämie angesichts des erheblich steigenden Angebots an Staatsanleihen, das der Markt aufnehmen muss. Gleichzeitig muss die Europäische Zentralbank (EZB) sowohl die kurzfristigen konjunkturellen Auswirkungen als auch die langfristige Entwicklung der Gleichgewichtszinsen berücksichtigen. Angesichts anderer wirtschaftlicher Herausforderungen erwarten wir derzeit jedoch, dass die EZB die Zinsen weiterhin zügig in Richtung des neutralen Niveaus senkt.

Die geplante Reform der Schuldenbremse dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit umgesetzt werden, ist aber noch nicht gesichert. Falls sie in vollem Umfang realisiert wird, würde sie hunderte Milliarden Euro an zusätzlichem finanzpolitischem Spielraum eröffnen. Sollten diese Mittel vollständig genutzt werden, könnten die zusätzlichen Verteidigungs- und Infrastrukturinvestitionen nicht nur das deutsche Wachstum erheblich stärken, sondern auch positive Impulse für die gesamte Eurozone setzen.

Bild © aberdeen