Saturday 20-Apr-2024
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Ruhe nach dem Sturm

OpinionsRuhe nach dem Sturm

Der letzte Monat verlief, insbesondere im Vergleich zu den Marktausschlägen davor, recht ruhig. Weltweit sind die „Corona-Zahlen“ ungebrochen hoch, sogar steigend, die Marktlage hat sich aber beruhigt. Durch die expansiven Fiskalprogramme wird erstmals eine globale Staatsverschuldung von 100 % des ebenso globalen Bruttosozialprodukts überschritten. Da die Notenbanken einen Teil dieser Neuverschuldung absorbieren, herrscht Stabilität bzw. weiterer Optimismus in Form von niedrigen Renditen über die gesamte Renditekurve, so Raiffeisen Capital Management in der neusten Ausgabe von märkte | unter uns.

Bleibt der Blick auf die Spread-Märkte, also die Marktsegmente mit Renditeaufschlägen: Hier ist in den letzten Monaten eine sehr gute Entwicklung zu sehen. High-Yield- und Emerging-Market-Anleihen, vor allem in Hartwährung, haben sich in den letzten Monaten wieder sehr gut erholt, ebenso die Unternehmensanleihen mit höherer Kreditqualität. Dennoch liegen sie unter den Niveaus zum Jahresbeginn.

Geld-/Kapitalmarkt: Niedrige Renditen auf längere Sicht

Immer wieder wird über eine Politik der Negativzinsen in den USA spekuliert bzw. am Terminmarkt vorübergehend auch gepreist. Die US-Fed sieht in einer Negative Interest Rate Policy (NIRP), wie sie ja auch die EZB verfolgt, vorerst jedoch keine Option. Die Notenbanken beginnen nun zunehmend, durch ihre Kaufprogramme nicht nur Geldmarkt und kurzlaufende Zinsen, sondern auch die gesamte Renditekurve zu steuern. Die EZB setzt dabei ihr Asset Purchase Programme (APP) mit einem Volumen von durchschnittlich 20 Milliarden Euro pro Monat fort, weitere zusätzliche Rahmen existieren unverändert – auch wesentliche Finanzierungsbeiträge der Fiskalprogramme, die bereits jetzt die Programme der letzten Krise 2008 bis 2010 um ein Vielfaches übersteigen.

Die Leitzinsen sollen auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau verbleiben, bis sich die Inflation nachhaltig Richtung Zielbereich entwickelt. Das wird angesichts der aktuellen Konjunkturlage, deren Normalisierung seitens EZB erst in 2022 gesehen wird, noch dauern.

Staats- und Unternehmensanleihen: Notenbanken sichern niedrige Renditen

Die aktuelle globale Rezession wäre ein gutes Umfeld für erstklassige Staatsanleihen, weniger für Unternehmensanleihen. Wesentlichste Treiber für niedrige Renditen bleiben jedoch die Anleihekäufe der globalen Notenbanken. Ein Ende ihrer Unterstützungsmaßnahmen ist vorerst nicht abzusehen. In Summe gehen wir davon aus, dass die Risikoprämien am Staatsanleihenmarkt – entgegen der fundamentalen Verfassung der meisten Staaten – vorerst weiter sinken werden. Wir bleiben bei unserer Übergewichtung von US-Staatsanleihen, bei den europäischen Staatsanleihen bevorzugen wir europäische Peripherieanleihen. Entgegen der schwachen wirtschaftlichen Lage, die steigende Ausfallsraten erwarten lässt, sind Corporate Bonds gefragt. Wie Staaten emittieren Unternehmen derzeit überdurchschnittlich viele Anleihen. Die Netto-Emissionserlöse fließen zum Großteil in Liquiditätsreserven, was aus Gläubigersicht kurzfristig positiv zu werten ist. Wir behalten unser Übergewicht an Euro-Unternehmensanleihen und US-Dollar-High-Yield-Anleihen.

Hartwährungsanleihen – zumeist in US-Dollar – aus Emerging Markets bleiben für uns unverändert eine der attraktiveren Anleiheklassen. Nach herben Verlusten sollte ein Großteil der durch die Krise ausgelösten fundamentalen Probleme hier bereits eingepreist sein. Wir finanzieren dieses Übergewicht durch ein Untergewicht bei europäischen Staatsanleihen.