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Südafrikanische Wirtschaft unter Druck

OpinionsSüdafrikanische Wirtschaft unter Druck

Eine mögliche Herabstufung durch Moody’s könnte die wirtschaftlichen Probleme Südafrikas verschlimmern, so Sabrina Khanniche, Senior Economist bei Pictet Asset Management.

Wie an der historischen Beziehung zwischen unserem eigenen Score für die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung1 und der Entwicklung des Agenturratings abzulesen ist (siehe Abb. 1 unten), besteht die Gefahr, dass Moody’s Südafrika am 1. November auf Non-Investment-Grade herabstuft.

HERABSTUFUNG SÜDAFRIKAS DURCH MOODY’S NICHT UNWAHRSCHEINLICH

Abb.1 – Pictet AM Score für die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung1 im Vergleich zu Moody’s (2018)

Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv, Bloomberg; September 2019.

Moody’s ist die einzige grosse Ratingagentur, die dem Land bislang ein Non-Investment-Grade erspart hat. Fitch Ratings und S&P Global haben die Kreditwürdigkeit des Landes im April 2017 auf „Ramschniveau“ herabgestuft, als Finanzminister Pravin Gordhan entlassen wurde. Vor diesem Hintergrund beobachten wir sehr genau die wachsende Verschuldung und die Finanzierungsprobleme, mit denen Südafrika zu kämpfen hat.

Verschuldung – Südafrikas Schwachstelle

Das Land weist eine schwache Schuldendynamik auf1, vor allem gegenüber vergleichbaren Ländern, wie unten abgebildet.

DIE SCHULDENDYNAMIK SÜDAFRIKAS STELLT SICH IM VERGLEICH ZU ANDEREN SCHWELLENLÄNDERN NICHT GUT DAR.

Abb. 2 – Pictet AM Score für die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung1 im Vergleich zu Ratings von Moody’s (2018)

Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv, Bloomberg; September 2019.

Die Fähigkeit des Landes, seine Verschuldung durch Wirtschaftswachstum abzubauen, ist begrenzt, wie die stark negative Differenz zwischen Wachstumsrate und Zinssatz zeigt (Abb. 3a unten).

Auch die Schuldenfinanzierungsfähigkeit (d. h. die Finanzierungsfähigkeit des privaten Sektors) ist aufgrund des enttäuschenden Wirtschaftswachstums weiter schwach, was dem Staat geringere Einnahmen beschert. Unser Frühindikator für Wachstum deutet nicht auf eine Erholung hin, wie rechts zu sehen ist.

TRÜBES BILD: SCHULDENFINANZIERUNGSFÄHIGKEIT DES LANDES

Abb. 3a (links) – Nominales BIP-Wachstum abzüglich Zinszahlungen (2018) / Abb. 3b (rechts) Pictet AM Frühindikator für Wachstum

Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv, Bloomberg; September 2019.

Staatseigene Betriebe sind weiteres Sorgenkind in der ohnehin schon angeschlagenen Wirtschaft…

Da die staatseigenen Betriebe Liquiditätsspritzen brauchen, dürfte sich die Lage verschlechtern. So kündigte die Regierung vor kurzem weitere Unterstützung für Eskom, den grössten Elektrizitätserzeuger2, in Höhe von 59 Mrd. ZAR (4 Mrd. US-$) bis Ende des Haushaltsjahres 2020/21 an. Dieser Betrag kommt zu den 230 Mrd. ZAR aus dem Rettungsfonds hinzu, die im diesjährigen Etat für die kommenden zehn Jahre eingeplant sind3.

Andere staatseigene Betriebe stehen auf der Kippe, wie z. B. South African Airways, South African Broadcasting Corporation und Denel4, und werden demnächst wohl auch finanzielle Unterstützung brauchen.

Bringt eine Herabstufung Südafrikas durch Moody’s das Fass zum Überlaufen?

Eine Herabstufung durch Moody’s würde die ohnehin schon hohe aussenwirtschaftliche Verwundbarkeit Südafrikas weiter verschärfen, wie das Leistungsbilanzdefizit des Landes zeigt.

Der Finanzierungsbedarf ist weiterhin hoch und wird zunehmend durch Portfolioanlagen gedeckt (d. h. Anlagen durch Investmentfonds, die sich häufig an Mindestrating-Vorgaben halten müssen), die im Allgemeinen eine volatilere Finanzierungsquelle als ausländische Direktinvestitionen sind.

Abb. 4a (links) – Zahlungsbilanz / Abb. 4b (rechts) – Abweichung des südafrikanischen Rand (ZAR) vom Gleichgewicht


Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv, Bloomberg; September 2019.

Wir sind auch überzeugt, dass eine Herabstufung auf Non-Investment-Grade Kapitalabflüsse auslösen würde. Dies wiederum könnte zu einer Abwertung der Währung führen, vor allem, weil nicht mehr viel fehlt und der südafrikanische Rand die am stärksten überbewertete Währung im Schwellenländeruniversum ist, wie Abb. 4b oben zeigt.

Die südafrikanische Wirtschaft ist angeschlagen und die Lage wird durch den wachsenden Bedarf an ausländischer Finanzierung immer schlimmer. So wie es aktuell aussieht, glauben wir nicht, dass das Land in der Lage ist, seine Schuldenlast zu reduzieren, vor allem nicht angesichts des mässigen Wirtschaftswachstums. Dies ist auch an der wachsenden Zahl staatseigener Betriebe abzulesen, denen finanziell unter die Arme gegriffen werden muss. Eine Herabstufung durch Moody’s auf Non-Investment-Grade am 1. November hätte sicherlich zur Folge, dass das Land seine Probleme dann nur noch schwerer in den Griff bekommt. Für einen Wandel sind tiefgreifende Massnahmen durch die Regierung Ramaphosa dringend nötig.

Die südafrikanische Wirtschaft ist angeschlagen und die Lage wird durch den wachsenden Bedarf an ausländischer Finanzierung immer schlimmer. Wir glauben nicht, dass das Land in der Lage ist, seine Schuldenlast zu reduzieren, vor allem nicht angesichts des mässigen Wirtschaftswachstums. Dies ist auch an der wachsenden Zahl staatseigener Betriebe abzulesen, denen finanziell unter die Arme gegriffen werden muss. Eine Herabstufung durch Moody’s auf Non-Investment-Grade am 1. November, die unausweichlich scheint, hätte sicherlich zur Folge, dass das Land seine Probleme dann nur noch schwerer in den Griff bekommt.


1) Unser selbst entwickelter Score für die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung versucht für Industrie- und Schwellenländer die potenzielle negative Verschiebung der öffentlichen Verschuldung zu identifizieren, bevor sie nicht mehr umkehrbar ist. Wichtige Kennzahlen, die Auskunft über die Bezahlbarkeit der Schulden, Finanzierungsfähigkeit und Umkehrbarkeit geben, fliessen in das Gesamtergebnis ein. Das Gesamtergebnis ist die Summe der Teilergebnisse „Cross Country“ und „Time Series“.
– Das Teilergebnis „Cross Country“ stellt die Positionierung eines Landes im Vergleich zu anderen Ländern dar (Gewichtung = 2/3).
– Das Teilergebnis „Time Series“ stellt die Positionierung eines Landes gegenüber seinem Trend dar (Gewichtung = 1/3).
Der Z-Gesamtscore gibt Auskunft darüber, wie ein Land im Vergleich zu den anderen Ländern und seiner eigenen Geschichte abschneidet. Ein positiver Score bedeutet eine positive Schuldendynamik; bei einem negativen Score ist das Gegenteil der Fall.
2) Eskom erzeugt rund 95% der Elektrizität in Südafrika und circa 45% der in Afrika genutzten Elektrizität. Quelle: http://www.eskom.co.za/OurCompany/CompanyInformation/Pages/Company_Information.aspx, 20.09.2019 
3) Quelle: Bloomberg, Umrechnungskurse vom 23.09.2019
4) Denel ist ein Unternehmen, das in den Bereichen Verteidigung, Sicherheit, Luft- und Raumfahrt sowie verwandten Technologien tätig ist.

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Über Sabrina Khanniche

Sabrina Khanniche ist seit 2011 als Ökonomin im Fixed Income-Team bei Pictet Asset Management beschäftigt. Vor Pictet war sie vier Jahre als Finanzingenieurin bei Groupama Asset Management tätig und in dieser Funktion für die Analyse und Modellierung von Hedgefondsrisiken zuständig. In dieser Rolle veröffentlichte und präsentierte sie ihre Arbeiten auf internationalen Fachkonferenzen. Frau Khanniche hat an der Universität Paris West Nanterre La Défense einen Masterabschluss und einen Doktortitel erworben.

Über Pictet Asset Management

Pictet Asset Management ist ein unabhängiger Vermögensverwalter mit einem verwalteten Vermögen von 171 Milliarden EUR, das wir für unsere Kunden in Aktien, Festverzinsliche, alternative Anlagen und Multi-Asset-Produkte investieren. Wir verwalten Einzelmandate und Anlagefonds für einige der größten Pensionsfonds, Finanzinstitute, Staatsfonds, Finanzintermediäre und deren Kunden weltweit. Bei unserem auf Anlagen basierenden Geschäft verfolgen wir einen langfristigen Ansatz mit einer einzigartigen Kundenorientierung. Unser Ziel ist es, der bevorzugte Anlagepartner unserer Kunden zu sein. Wir schenken ihnen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, bieten Pionier-Strategien und fühlen uns der Exzellenz verpflichtet.

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