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Trump macht handelspolitisch ernst

OpinionsTrump macht handelspolitisch ernst

Präsident Trump macht mit seinen protektionistischen Wahlversprechen ernst, und wir fragen uns, welche Schwellenländer wohl am meisten darunter leiden werden, so Patrick Zweifel, Chief Economist bei Pictet Asset Management.

Am 22. Januar belegte Donald Trump Solarmodule und Waschmaschinen mit hohen Zöllen (30% bzw. 20%) und hatte dabei ganz klar China im Auge. Diese neuesten Entwicklungen zeigen, dass er fest entschlossen ist, seinen Wahlversprechen Taten folgen zu lassen und die Handelspolitik zu verschärfen. Wir gehen davon aus, dass dies den Schwellenländern insgesamt schaden wird – nicht nur China.

Abb. 1 – Seit seiner Amtsübernahme hat Trump verschiedene handelspolitische Maßnahmen angekündigt

Der einfache durchschnittliche Zolltarif, der für alle in die USA eingeführten Waren gilt, beträgt 3,5% (siehe Abb. 4)

Quelle: Pictet Asset Management, South Morning China Post, BBC, CNN, US Department of Commerce, Februar 2018

Werden die üblichen Verdächtigen am meisten betroffen sein?

Das bei weitem größte US-Handelsdefizit  besteht (nominal) in den Handelsbeziehungen mit Festlandchina (-375 Mrd. USD)1. Allerdings machen US-Exporte aufgrund der Gesamtgröße der chinesischen Wirtschaft nur 3,6% des BIP aus. Wie an Abb. 2 unten abzulesen ist, ist zum Beispiel Mexiko im Falle einer Eskalation der US-Einfuhrzölle viel stärker gefährdet.

Abb. 2 – Bilaterale Handelsabhängigkeit der Schwellenländer von den USA zeigt, dass Mexiko am meisten gefährdet ist

Exporte in die USA in Prozent des BIPQuelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream, Februar 2018

Unserer Ansicht nach gewinnen wir jedoch bessere Einblicke, wenn wir uns diejenigen Volkswirtschaften anschauen, die am engsten in der weltweiten Wertschöpfungskette verzahnt sind (vgl. Abb. 3). Darin sind alle Waren erfasst, die während des Verarbeitungsprozesses zwischen den Nationen befördert werden.

Abb. 3 – Am stärksten globalisierte Volkswirtschaften dürften am meisten unter höheren weltweiten Zöllen zu leiden haben

Beteiligung an den weltweiten Wertschöpfungsketten*Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream, Februar 2018
* Anteil der ausländischen Wertschöpfung an den inländischen Exporten (Backward participation) + Anteil der inländischen Exporte, die als Wertschöpfung in die ausländischen Exporte einfließen (Forward participation)

Gemessen an diesem Wert liegt Taiwan mit einem Exportanteil von 67% ganz vorne2. Bei anderen asiatischen Ländern ist der Anteil ebenfalls sehr hoch, dicht gefolgt von europäischen Schwellenländern. China liegt in der Mitte, während die Folgen für Lateinamerika am geringsten wären.

Wie wahrscheinlich ist eine weitere Eskalation der Trump’schen Handelspolitik?

Unserer Einschätzung nach recht wahrscheinlich. Gegenüber anderen populistischen wirtschaftspolitischen Maßnahmen wie Steuern oder Einwanderung, die vom Kongress abgesegnet werden müssen, hat Trump in Sachen Handelspolitik mehr Handlungsspielraum. Der Präsident hat die Befugnis, Zölle oder Einfuhrquoten festzulegen.

Ob zutreffend oder nicht, in den Augen von Trumps Wählern haben die USA ihre führende Stellung als Verarbeitungsland wegen des unfairen Wettbewerbs durch China und andere führende Handelspartner verloren3. Es ist aber auch zu berücksichtigen, wie aus Abb. 4 hervorgeht, dass die US-Einfuhrzölle im Rahmen der Welthandelsorganisation niedriger sind als die anderer Länder. Mit anderen Worten, weitere Anhebungen sind möglich.

Abb. 4 – Die USA haben im Vergleich zum Rest der Welt sehr niedrige Einfuhrzölle

Einfache durchschnittliche Einfuhrzölle

Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream, Februar 2018

Welche Szenarien sind wahrscheinlich?

Trump hat vier handelspolitische Optionen.

Abb. 5 – Trump hat vier Handlungsmöglichkeiten, jede mit anderen Auswirkungen auf den Welthandel

Quelle: Pictet Asset Management, Februar 2018

Angesichts der Vorliebe Trumps für bilaterale Abkommen halten wir eine Fortführung der ersten beiden Optionen für das wahrscheinlichste Szenario. Vor diesem Hintergrund sind diejenigen Schwellenländer am meisten gefährdet, deren Exporte in die USA den größten Anteil an ihrem BIP ausmachen (Abb. 2), insbesondere Mexiko, Vietnam und Hong Kong.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Szenarien drei und vier zum Tragen kommen, hätte dies weltweit tiefgreifende Veränderungen zur Folge und würde Schwellenländer mit der höchsten Beteiligung an der weltweiten Wertschöpfungskette stark belasten (Abb. 4). In diesem Fall wäre Taiwan am meisten gefährdet, dicht gefolgt von Ungarn und der Tschechischen Republik.


Quellen
1) Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream; bilaterales Handelsdefizit in den Handelsbeziehungen mit den USA 2017.
2) Diese Zahl berücksichtigt sowohl Importe, die zu den taiwanesischen Exporten beisteuern (Backward participation), als auch taiwanesische Exporte, die zu den Exporten anderer Länder beisteuern (Forward participation).
3) Der Anteil der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe in den USA an der Gesamtbeschäftigung ist seit dem 2. Weltkrieg strukturell rückläufig (Quelle: Pictet Asset Management, Datastream). In den USA sind seit 1995 fünf Millionen Stellen im verarbeitenden Gewerbe weggefallen (Quelle: Bureau of Labor Statistics).

Über den Autor
Patrick Zweifel kam 1997 zu Pictet. Er ist als Chef-Ökonom von Pictet Asset Management tätig. Bevor er 2009 in diese Funktion wechselte, leitete er das Macro Research Team von Pictet Private Wealth Management. Dort war er insbesondere für Schwellenländer und Japan sowie die Entwicklung quantitativer Modelle für die wichtigsten Anlagekategorien, hauptsächlich Wechselkursmodelle, zuständig. Vor seiner Tätigkeit bei Pictet war er Forschungsassistent der Fachrichtung Ökonometrie und Geldmarkttheorie und beteiligte sich an internationalen Forschungsprojekten der Weltbank und der Europäischen Union. Patrick Zweifel hat einen Doktortitel im Fachgebiet Ökonometrie von der Universität Lausanne.

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