Seit der Einführung überraschend drastischer US-Zölle durch Donald Trump und den Gegenzöllen Chinas herrscht Panik an den Finanzmärkten. Warum langfristig orientierte Investoren dennoch Ruhe bewahren können, erläutern die Fondsmanager von Wagner & Florack.
Seitdem Donald Trump am vergangenen Donnerstag die Welt mit drastischen Zöllen überzogen und China mit entsprechenden Gegenzöllen reagiert hat, ist aus der Verunsicherung der vorangegangenen Wochen schlagartig Panik geworden.
Weltweit trennen sich Anleger von ihren Aktien, Anleihen und sogar Gold. Die Angst vor einer globalen Rezession und Inflation hat die Börse ergriffen. Warum wir uns aus unternehmerisch-langfristiger Sicht dennoch bestmöglich aufgestellt sehen.
Was passiert gerade?
Warum stürzen „die Märkte“ ab? Mit der Wahl Donald Trumps war die Erwartung verbunden, dass, wie schon in Trumps erster Amtszeit, ein wirtschaftsfreundlicher Kurs mit De-Regulierung und Steuersenkungen die US-Unternehmen weiter stärkt. In Vorwegnahme dieser Maßnahmen stiegen die Aktienkurse weltweit.
Nach dem Amtsantritt zeigte sich, dass Trumps Politik einen anderen Weg einschlägt, wirtschafts- und geopolitisch. Nicht zuletzt die America-first-Politik und die Zweifel an der Nato-Bündnistreue Trumps sorgten für eine „Rotation“ hin zu europäischen Unternehmen und Mid Caps.
Spürbare Folgen weltweit
Die angedrohten und nun am vergangenen Donnerstag verhängten törichten Zölle lösten dann die Sorge vor einem Handelskrieg und einer weltweiten Rezession aus – mit der Folge, dass die Kurse weltweit einbrachen. Die Folgen dieses Trump-gemachten Börsen-Crashs sind – gerade auch in den USA – unmittelbar zu spüren: Laut einer Gallup-Umfrage sind über 60% aller erwachsenen US-Amerikaner in Aktien investiert; in Bevölkerungskreisen mit höherem Einkommen sind es sogar fast 90%.
Stürzen die Kurse ab, sinkt damit unmittelbar der Wohlstand von Millionen US-Amerikanern. Da gerade auch die Altersvorsorge in den USA auf Aktien aufbaut, kann ein Crash vielen US-Amerikanern zur realen existenziellen Bedrohung werden. Dieser negative Wohlstandseffekt verbunden mit einer stark steigenden Inflation wirkt sich unmittelbar auf den Konsum in den USA und an der Wahlurne aus.
Auch Trump bekommt den Ärger zu spüren
Diesen hausgemachten dramatischen Wohlstandsverlust können auch Donald Trump und die Seinen nicht ignorieren. Sonst geht es um ihr politisches Überleben – gerade auch jetzt schon mit Blick auf die bevorstehenden Midterm-Wahlen in den USA in 2026. Donald Trump und seine Republikaner wären nicht die ersten Politiker, die den wirtschaftlichen Unmut ihrer Bürger an der Wahlurne zu spüren bekommen. Denn zu den Hauptleidtragenden gehören nicht zuletzt seine eigenen MAGA-Anhänger, Unternehmer und Wähler, denen er die größte „Steuererhöhung“ aller Zeiten zumutet.
Hinzu kommt: Es ist beileibe nicht so, dass die anderen großen Wirtschafsnationen die Zölle klaglos hinnähmen. China hat mit dem Exportverbot von ein paar Seltenen Erden in die USA schon ein erstes Folterwerkzeug ausgepackt – in der arbeitsteiligen, interdependenten Welt kann keiner einen Handelskrieg gewinnen.
Aber die Beteiligten können sich gegenseitig brutale Schmerzen zufügen. Und so erfährt vermutlich auch Donald Trump, dass er nicht allmächtig seinen Willen durchsetzen kann: An den wirtschaftlichen Realitäten in den USA und im Welthandel kommt auch Trump auf Dauer nicht vorbei.
Bislang sehen wir sowohl von den USA als auch China Maximalforderungen – diese dürften sich in Verhandlungen – früher oder später – sehr wahrscheinlich reduzieren. Vor diesem Hintergrund ist eher eine Entspannung des Zollkrieges erwartbar als eine weitere Eskalation, auch wenn der Zeitpunkt möglicher „Deals“ nicht prognostizierbar ist.
Blieben alle Beteiligten bei ihrer Maximalposition, gibt es nur Verlierer und eine Massenvernichtung von Wohlstand – das wissen alle Beteiligten und kann ernstlich keiner wollen. Denn ein Zollkrieg lässt sich nicht gewinnen. Diese Lektion sollte jeder Politiker aus der Vergangenheit gelernt haben.
Bereits jetzt ist der Vertrauensschaden bei Unternehmen, Investoren und Verbrauchern dramatisch. Mit seiner rabiaten Zollkonfrontation hat Donald Trump der Unternehmenswelt vor Augen geführt, dass ihm verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen offenkundig nichts bedeuten. Im Kern beruhen die marktwirtschaftliche Ordnung und die internationalen Handelsbeziehungen aber genau darauf.
Festzuhalten ist: Die Kursgewinne seit Trumps Wahl haben sich aufgelöst, die Börsen befinden sich in der Baisse. Auch die „Gewinner“ der geopolitischen Zeitenwende, vor allem Rüstungsunternehmen, verloren einen Großteil ihrer Kursgewinne. In der allgemeinen Verkaufswelle werden nun auch – nahezu wahllos – krisenrobuste Unternehmen aus Branchen wie Consumer Staples verkauft. Selbst vom „sicheren Hafen“ Gold trennten sich Anleger.
Was tun wir als Langfristinvestoren?
Hier gilt es, als Langfristinvestor genau – und vor allem – rational – hinzuschauen: Wer seine Weltklasseunternehmen nicht verkauft, verliert nichts. Denn: Gegen welches bessere Unternehmen wollte man es denn jetzt tauschen? In einer allgemeinen Panik, wie wir sie gerade sehen, verkaufen wir nicht.
Als rationale unternehmerische Langfristinvestoren sind wir im Gegenteil dann selektiver Käufer: So werden wir die Baisse zu gegebener Zeit für punktuelle Zukäufe nutzen, insbesondere dort, wo Marktreaktionen aus unserer Sicht überzogen sind und sich attraktive Bewertungen bieten.
Tatsächlich bietet die aktuelle Situation wie schon in den „Crash“-Jahren 2022, 2020, 2008, 2001/2002, 1987 besonnenen Investoren „Geschenke des Marktes“, wie es Warren Buffett einmal bezeichnet hat. Für aktive Investoren ist die Baisse eine der besten Gelegenheiten zum Investieren. Denn dann liegt der Preis von Firmen, die über alle Konjunkturzyklen hinweg gut verdienen und dafür nur wenig Kapital einsetzen, besonders deutlich unter ihrem unternehmerisch gerechtfertigten Wert.
Charlie Munger hat es auf den Punkt gebracht: „Price is what you pay, value is what you get.” – oder rustikaler ausgedrückt: „Invest, and then sit on your ass“.
Es gilt also geduldig zu sein und unternehmerisch zu investieren: Wir versuchen nicht, den Markt zu timen. Niemand kann für sich in Anspruch nehmen, die richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkte nachhaltig zu treffen. Wenn sich günstige Gelegenheiten bei Unternehmensbeteiligungen bieten, werden wir diese nutzen – konsequent und schrittweise, um im Mittel ordentliche Einstiegs- oder Nachkaufbewertungen erzielen zu können.
Wir bleiben unserer Investmentphilosophie treu – wir investieren in Weltklassefirmen mit robusten Geschäftsmodellen und tiefen Burggräben. Langfristig geht es mit diesen Unternehmen aufwärts. Und sie überstehen Krisen besser als andere Unternehmen.
(Dominikus Wagner und Dr. Dirk Schmitt, Wagner & Florack AG)
