Saturday 27-Apr-2024
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Unterschiedliche Signale

OpinionsUnterschiedliche Signale

Je nach Betrachtung kann ein Glas halb voll oder halb leer sein. Die Rentenmärkte senden unterschiedliche Signale aus. Eigentlich wären schwächere Konjunkturdaten und wieder expansivere Notenbanken ja eine gute Unterstützung. Doch die Märkte gingen zuletzt eher schwächer: die Renditen sind wieder etwas gestiegen, der Bullenmarkt legt eine Pause ein – oder ist das die Bodenbildung nach einem langen Zyklus fallender Renditen?

Wenn auch der abgelaufene Monat schwächer verlief, das Gesamtjahr steht prächtig da. Selbst in Deutschland – alle Laufzeiten weisen hier negative Renditen auf – liegt die Wertentwicklung noch über 4 %. Unternehmensanleihen liegen entsprechend höher, bei ihnen lebt die Fantasie durch das erwartete Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank weiter.

Gewinner der letzten Monate waren sicherlich die Emerging Markets, vor allem in lokaler Währung. Dort können einige Regionen die erlittenen Rückschläge langsam wieder aufholen. Allen voran liegen weiterhin die US-Unternehmensanleihen, synchron zum Boom an den US-Aktienbörsen.

Die vollständige Ausgabe von Raiffeisen Capital Management’s märkte | unter uns finden Sie links als PDF.

Geld-/Kapitalmarkt: Steigende Renditen trotz expansiver Zentralbanken

Noch bevor das monatliche Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank Ende Oktober/Anfang November gestartet ist, sind die Renditen europäischer Staatsanleihen relativ deutlich angestiegen. Gleichzeitig präsentierte sich die konjunkturelle Verfassung der europäischen Wirtschaft zunehmend schwächer. Beide Aspekte hätten im Normalfall für sinkende oder unverändert niedrige Renditen sprechen sollen. In einem Umfeld negativer Zinsen zeigt sich jedoch, dass es den Normalfall nicht mehr gibt. Vor allem sorgte vermutlich die positive Nachrichtenlage in Bezug auf den Handelskonflikt zwischen den USA und China für Renditeanstiege.

Wir hatten europäische Staatsanleihen (vor allem Deutschland und Frankreich) taktisch untergewichtet und behalten diese Untergewichtung weiterhin bei. Bei US-Staatsanleihen erwarten wir eine Versteilerung der Zinskurve (5 vs. 30 Jahre) und wir gehen von einem engeren Interkontinentalspread (Renditediffe- renz US 10 vs. DE 10 Jahre) aus.

Staats- und Unternehmensanleihen: EZB-Kaufprogramm läuft wieder an

Die US-Notenbank befindet sich noch mitten im Zinssenkungsmodus, sie möchte damit in erster Linie negativen Effekten aus dem Handelsstreit mit China vorbeugen. Zuletzt ist die US-Zinskurve deutlich angestiegen und nun wieder positiv geneigt. Die Hinweise sind vage, aber eine US-Rezession inklusive lauter geldpolitischer Begleitmusik scheint in den kommenden 12 Monaten möglich. Wir übergewichten US-Anleihen und erwarten eine steilere US-Zinskurve.

Euro-Unternehmensanleihen bleiben im Rahmen unserer Taktischen Asset-Allocation ein wesentlicher Baustein. Vor allem mit dem Beginn der monatlichen Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (20 Milliarden Euro ab Anfang November 2019) gehen wir davon aus, dass gute Bonitäten zu den größeren Profiteuren zählen werden. Unser Übergewicht von Unternehmensanleihen hoher Qualität bleibt aufrecht. Im Euro-High-Yield-Segment erwarten wir in den kommenden Monaten ein Ansteigen der Ausfallsrate und ein dadurch bedingtes negativeres Sentiment.

Emerging Markets: Stabilisierung

Die Datenlage hat sich zuletzt zwar nicht verbessert, aber zumindest auf niedrigem Niveau stabilisiert. So zeigen etwa die Einkaufsmanager-Indizes für die Emerging Markets keinen weiteren Verfall an, in einigen Regionen sogar leichte Aufwärtstendenzen.

Am Rentenmarkt kann mit moderat niedrigeren Risikoprämien für Hartwährungsanleihen gerechnet werden. Somit belassen wir diese Anleihen gegenüber globalen und europäischen Staatsanleihen weiterhin übergewichtet. Emerging-Market-Aktien konnten sich in der relativen Entwicklung seit August stabilisieren, dennoch gehören sie im Jahr 2019 zu den relativen Verlierern im Spiel der globalen Aktienmärkte. Verantwortlich dafür ist die schwache Entwicklung des globalen verarbeitenden Gewerbes, das von Natur aus einen größeren Niederschlag bei Aktien aus den Emerging Markets findet. Die Gewinnentwicklung, insbesondere im asiatischen Raum, scheint einen Boden auszubilden. Daher ist es aus unserer Sicht nicht mehr angebracht, die Region unterzugewichten.