Friday 26-Apr-2024
14 C
Frankfurt am Main

Verteidigung auf der ganzen Linie: Aufbau eines robusteren Portfolios

OpinionsVerteidigung auf der ganzen Linie: Aufbau eines robusteren Portfolios

Durch Einrichtung mehrerer Verteidigungslinien können Anleger ein robustes Aktienportfolio aufbauen, so Laurent Nguyen, Head of Global Defensive Equities, und Gabriele Susinno, Senior Client Portfolio Manager, beide Pictet Asset Management.

Steinmauern, Türme, Festungsanlagen und schwere Holzfallgitter. Die Monarchen und Fürsten im Mittelalter wussten, wie man sich verteidigt. Sie liessen sich alle möglichen Arten von Festungen einfallen, um ihren Reichtum zu schützen – und waren damit erfolgreich.

Die Investment-Community könnte sich von den Adligen des Mittelalters das eine oder andere abschauen. Die meisten Anleger wissen, dass sich durch Kapitalschutz in schlechten Zeiten langfristig bessere Renditen erzielen lassen, aber nur wenige haben eine Idee, wie ein robustes Aktienportfolio richtig aufgebaut wird. 

Viele der bei den Anlegern momentan sehr beliebten konservativen Aktienstrategien haben eine grosse Schwachstelle – sie haben nur eine einzige Verteidigungslinie. 

Nehmen wir zum Beispiel „Low Volatility“, eine Aktienstrategie, die sich sehr schnell verbreitet hat. 

Fonds, die am MSCI Minimum Volatility Index gemessen werden, investieren oftmals in Unternehmen, die hohe Dividenden in Branchen wie Versorger, Basiskonsumgüter oder Immobilien auszahlen. Diese Unternehmen werden als stabile Investitionen betrachtet, weil sie häufig Merkmale von Anleihen mit Kuponzahlung aufweisen. 

Die Investition in Low-Volatility-Strategien hat in den letzten Jahren gut funktioniert, weil die Anleiherenditen historisch niedrig waren. Mit steigenden Zinsen könnte sich das jedoch ändern: Die meisten Unternehmen in diesen Indizes haben sich stark verschuldet, um Dividenden und Aktienrückkäufe zu finanzieren, was zu einer Schwächung ihrer Bilanzen geführt hat (siehe Abbildung). Das verheisst nichts Gutes für Fonds, die ausschliesslich in Low-Volatility-Aktien investiert sind. 

SCHULDENKRISE?

Kumulative Verschuldung (in Mrd. USD) seit 1998 bei Low-Volatility-Unternehmen und 4P-Unternehmen im oberen Quartil, ohne Finanzen Führende 4P-Unternehmen sind solche, die bei den 4P (Investment-Kennzahlen GDE) im oberen Quartil angesiedelt sind (Profitability, Protection, Prudence, Price). Low-Volatility-Unternehmen sind solche, die bei unserer Kennzahl „Protection“ im oberen Quartil angesiedelt sind. Quelle: Pictet Asset Management; Daten beziehen sich auf den Zeitraum 31.12.1997–31.12.2017.

Ein weiterer beliebter Ansatz ist die Investition in Fonds, die vorwiegend in „Qualitätsaktien“ anlegen. Solche Strategien greifen im Allgemeinen auf analytische Kennzahlen zurück, um eine Gruppe von Unternehmen zu identifizieren, die rentabel und kaum verschuldet sind und deren Erträge in der Vergangenheit immer sehr stabil waren. 

Da sich diese Strategien jedoch auf die aktuelle Ertragslage eines Unternehmens konzentrieren und nicht die Aktienbewertungen berücksichtigen, haben sie eine starke Neigung zu US-Technologiewerten – die am meisten zu der jüngsten Aktienrallye beigetragen haben – und sind in Finanzwerten stark untergewichtet (siehe Abbildung).

Technologie ist die teuerste Branche. Und eine, deren Unternehmen empfindlich auf stärkere Regulierung und Veränderungen im Konsumentenverhalten reagieren. Hinzu kommt, dass Strategien mit Ausrichtung auf Qualitätsaktien, die in Finanzwerten untergewichtet sind, in Zeiten steigender Zinssätze möglicherweise benachteiligt sind, weil die Margen der Banken im Kreditgeschäft in der Regel steigen, wenn die Leitzinsen nach oben gehen. 

RISIKOBEHAFTET

Aktive Branchengewichtungen im Verhältnis zum MSCI World IndexQuelle: MSCI, Bloomberg, Pictet Asset Management, Daten vom 31.07.2018 

Wie diese Beispiele zeigen, sind Anleger in konservativen Aktienfonds, die sich auf nur einen defensiven Faktor konzentrieren, Risiken ausgesetzt.

Nicht nur, dass Ein-Faktor-Strategien konzentriert in überteuerten Aktien anlegen – ihnen fehlt es auch an der nötigen Flexibilität, um sich an plötzliche Veränderungen im makroökonomischen Umfeld, wie z.B. steigende Zinssätze, anzupassen. 

Somit erleiden sie unverhältnismässig grosse Verluste, wenn sich die Märkte ungünstig entwickeln.

Die vielen Gesichter der Verteidigung

Um diese Risiken zu minimieren, konzentriert sich unsere Strategie auf vier entscheidende Faktoren der Verteidigung; wir nennen es unser 4P-Konzept: Profitability, Prudence, Protection und Price. 

Der Faktor Profitability ist unsere Kennzahl für die Stärken und den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens. Unternehmen, die bei diesem Wert ganz oben angesiedelt sind, zeichnen sich unter anderem durch stabiles Ertragswachstum, niedrige operative Hebelwirkung und hohe Cashflow-Generierung aus. Unser Research hat ergeben, dass Unternehmen mit einer positiven Rentabilitätsgeschichte in der Regel zuverlässiger und vorhersehbarer Erträge erzielen als solche, deren Aktienbewertungen teilweise auf viel zu hohen Erwartungen für das Gewinnwachstum basieren. 

Prudence ist der Faktor, der die operativen und finanziellen Risiken eines Unternehmens misst. Nach unserem System sind umsichtige Unternehmen solche mit einem niedrigeren Ausfallrisiko, die organisch anstatt durch Übernahmen wachsen. Wir investieren in Unternehmen, die dauerhaft Shareholder Value erzielen, indem sie in vernünftigem Umfang wachsen und sich ihr stabiles Finanzprofil bewahren. Hierzu schauen wir uns die Art und die Stabilität der Cashflows des Unternehmens im Verhältnis zu seinen finanziellen Verpflichtungen wie Zinslast, Dividenden oder Investitionen an. 

Mit unserer Kennzahl Protection beobachten wir, wie ein Unternehmen sich im Laufe des Konjunkturzyklus entwickelt – Ziel ist es, systematische oder unternehmensspezifische Risiken zu quantifizieren. Wir suchen nach Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen, deren Aussichten stabil sind, auch wenn Veränderungen im Konjunkturzyklus eintreten. Darüber hinaus analysieren wir die Volatilität einer Aktie und deren Korrelation mit anderen Aktien, um herauszufinden, inwieweit sich dies auf das Risiko-Rendite-Profil des gesamten Portfolios auswirkt. 

Zu guter Letzt wollen wir auch nicht zu viel für unsere Investments bezahlen. In unserer Komponente Price sind daher mehrere zuverlässige Bewertungsmodelle berücksichtigt, mit deren Hilfe wir die Werte mit dem attraktivsten Preis ausfindig machen. Ohne diese Kennzahl könnte es passieren, dass die Portfoliomanager vielversprechende Anlagen übersehen oder Aktien auswählen, bei denen die Gefahr eines Kapitalverlusts besteht. 

Aufgrund dieses umfassenden Ansatzes weist unser Portfolio ein defensives Profil aus, das Large-Cap-, Quality-, Value- und Low-Volatility-Werte enthält. Jedes unserer vier P stellt eine Verteidigungslinie dar, die zusammen ein Aktienportfolio ergeben, das Schocks an den Märkten besser abfedern kann.

Der Schutz des Kapitals mit einem mehrdimensionalen defensiven Ansatz ist unerlässlich, um langfristig robuste Renditen zu erzielen.

Anpassungsfähigkeit ist gefragt

Unser 4P-Ansatz ist dynamisch, nicht statisch wie viele Smart-Beta-Strategien. 

Beim Aktien-Screening sind zunächst alle 4P gleich gewichtet. Wir ändern dann diese Gewichtung und stützen unsere Entscheidungen auf eine Analyse der wirtschaftlichen und Markttrends sowie des Momentums und der Bewertung des jeweiligen P. 

Wir haben zum Beispiel den Faktor Protection in den letzten beiden Jahren untergewichtet, weil Werte bei dieser Kennzahl weit oben angesiedelt waren – viele davon Aktien, die sich fast wie Anleihen verhalten – und ins Trudeln geraten, wenn die US-Notenbank die Zinsen anhebt. Ausserdem haben unsere Analysen gezeigt, dass Bewertungen für Aktien, die bei Protection gut abschneiden, nicht so attraktiv waren wie diejenigen, die im MSCI World Equity Index vertreten sind.1

Bei der jüngsten Neugewichtung der 4P jedoch haben wir unsere Untergewichtung in Aktien, die bei Protection die höchsten Werte aufwiesen, auf 5–10% reduziert, weil ihre durchschnittliche Bewertung im Vergleich zum MSCI World unter den Durchschnitt der letzten 30 Jahre gefallen ist.2

Wir bevorzugen weiterhin Unternehmen, die bei der Kennzahl Price am besten abschneiden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um solche aus Branchen wie Basiskonsumgüter, Finanzen und Industrie – ein Universum, das durch hohe Qualität und robuste Unternehmensgewinne gekennzeichnet ist. Unsere Übergewichtung bei der Kennzahl Price liegt bei 5%.  

Wir glauben, dass unser mehrdimensionaler Ansatz, in Kombination mit dynamischer Anpassung, eine solide Grundlage für den Aufbau von Portfolios darstellt, bei der keine Verteidigungslinie zu stark oder zu wenig berücksichtigt wird. Auf diese Weise Kapitalschutz zu betreiben, ist der richtige Weg, um langfristig robuste Renditen zu sichern. 

Wie schon die hohen Herrschaften im Mittelalter wussten, reicht eine einzelne Verteidigungslinie nicht aus.


1) Die relative Bewertung wird gemessen am KBV von Unternehmen im oberen Quartil der Kennzahl „Protection“, relativ zum MSCI World Index. Überdurchschnittliche relative KBVs führen in der Regel anschliessend zu einer niedrigeren Performance über einen Zeitraum von 1 Jahr bei Unternehmen im oberen Quartil der Kennzahl „Protection“, relativ zum MSCI World Index. Quelle: Pictet Asset Management, Thomson Reuters Datastream, Worldscope. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 31.12.1987–30.06.2018
2)Stand 30.06.2018

Das könnte Sie ebenfalls interessieren: Defensive Aktien – auf stabilerem Weg zu höheren Erträgen

Laurent Nguyen

Laurent Nguyen kam 1998 zu Pictet Asset Management. Er leitet das Quantitative Equities Team. Bevor er zu Pictet kam, arbeitete er bis 1996 Lehrassistent in den Bereichen Portfoliomanagement und Optionstheorie. Von 1997 bis 2007 war er ausserdem als Dozent bei der AZEK – Swiss Training Center for Investment Professionals – tätig. Laurent Nguyen erwarb an der Universität Genf einen Master in Finanzwirtschaft.

Gabriele Susinno

Gabriele Susinno kam 2015 zu Pictet und ist Senior Client Portfolio Manager beim Team Quantitative Equities. Bevor er zu Pictet Asset Management kam, arbeitete er acht Jahre lang bei Unigestion, wo er der Gruppe Quantitative Research and Risk Management in der Funds of Hedge Funds-Abteilung vorstand. Davor arbeitete er als Leiter Marktrisikomanagement bei der Banque Cantonale Vaudoise. Gabriele Susinno begann seine Finanzlaufbahn 1997 und sammelte berufliche Erfahrung als quantitativer Analyst am London Business School Software House (MONIS), als Verantwortlicher für die ALM-modeling bei INA – Assitalia sowie als Senior Advisor für institutionelle Investoren bei Capital Management Advisors/Deloitte. Er hat einen Master in Astrophysik und einen Ph.D. in Experimenteller Teilchenphysik von der Universtitä Genf und dem CERN.

Pictet Asset Management ist ein unabhängiger Vermögensverwalter mit einem verwalteten Vermögen von 163 Milliarden EUR, das wir für unsere Kunden in Aktien, Festverzinsliche, alternative Anlagen und Multi-Asset-Produkte investieren. Wir verwalten Einzelmandate und Anlagefonds für einige der größten Pensionsfonds, Finanzinstitute, Staatsfonds, Finanzintermediäre und deren Kunden weltweit. Bei unserem auf Anlagen basierenden Geschäft verfolgen wir einen langfristigen Ansatz mit einer einzigartigen Kundenorientierung. Unser Ziel ist es, der bevorzugte Anlagepartner unserer Kunden zu sein. Wir schenken ihnen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, bieten Pionier-Strategien und fühlen uns der Exzellenz verpflichtet.

Mehr zu den Anlagestrategien von Pictet Asset Management

Folgen Sie Pictet Asset Management

Für weitere Informationen steht Ihnen Frank Böhmer gerne zur Verfügung.
Telefon: 069-79 5009 1224
e-mail: fbohmer@pictet.com