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Warum Asset-Manager lernen müssen, nein zu sagen

OpinionsWarum Asset-Manager lernen müssen, nein zu sagen

von Morten Hahn, Geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Lübke & Kelber GmbH.

Einer der ersten Graphen, die jeder Neuling in der Immobilienbranche zu Gesicht bekommt, ist die Risiko-Rendite-Kurve der verschiedenen Investmentstile. Ganz unten links: Core – Immobilien mit geringem Return, die aber im Gegenzug keine Probleme bereiten sollten. Value-add-Investments sind hingegen mit ihren höheren Renditechancen im risikoreicheren rechten Kurvenabschnitt dargestellt.

Solche Schulweisheiten müssen in der aktuellen Marktsituation im Bürosegment hinterfragt werden. Schließlich sind Core-Objekte in klassischer Bestlage inzwischen so rar, dass die Renditeniveaus stetig absinken. Bei einer Drei vor dem Komma bleibt wenig Risikopuffer für Einnahmeausfälle, und wenn dann in einer Core-Immobilie ein Leerstand von nur zehn Prozent entsteht oder die Instandhaltungskosten unvorhergesehen ansteigen, wird der verbleibende Cashflow schnell einmal negativ. Schließlich kann man heute selbst nicht immer darauf setzen, dass langjährige Mietverträge mit guten Unternehmen absolute Sicherheit gewähren. Wer heute noch als Mieter die Toplage sucht, kann morgen schon ganz anders denken. Strategien unterliegen Veränderungen, Geschäftsfelder wechseln, weshalb wechselnde Flächenbedürfnisse und infolgedessen auch Umzüge an der Tagesordnung sind. Für den Vermieter bedeutet das zumindest vorübergehende Leerstände.

Für zahlreiche Investoren – übrigens auch für Finanzierer – rücken Value-add-Investments zunehmend in den Fokus. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum einen stehen den sinkenden Ertragspotenziale bei Core- und Core Plus-Objekten deutlich interessantere Wertschöpfungspotenziale in der Value-add-Klasse gegenüber. Zum anderen ist die Nachfrage nach Büroflächen in den meisten deutschen Top-Städten derzeit kaum zu befriedigen, was dazu führt, dass auch „schlechtere“ Objekte akzeptiert werden. Daher ist der Plan an sich vernünftig, möglichst viele dieser leer stehenden Flächen preisgünstiger zu erwerben, umfangreich zu sanieren, zu modernisieren und damit marktgängig zu machen. Allerdings sind längst nicht alle Büroimmobilien mit Teilleerstand für eine Repositionierung geeignet, sei es aufgrund alter Bausünden oder weil die Nachrüstungen zu kostspielig wären.

Spitzt sich nun aber der Wettstreit um die revitalisierbaren Objekte zu, steigen selbst bei sanierungsbedürftigen Immobilien die Quadratmeterpreise deutlich. Genau das erleben wir gerade. Verbunden mit steigenden Baukosten sinken die Gewinnmargen, wenn das Objekt möglichst bald nach der Neupositionierung wieder veräußert werden soll. Wer dann noch eine mögliche negative Preiskorrektur am Ende des Wirtschaftszyklus mit einberechnet, merkt schnell: Nicht alles, was „Value add“ verspricht, wird zukünftig auch die erhoffte Wertsteigerung erzielen.

Sofern die Konditionen und das Revitalisierungskonzept allerdings stimmen, sind Value-add-Objekte nach wie vor eine der wichtigsten Möglichkeiten, eine attraktive Rendite mit Büroimmobilien zu erzielen. Dass die Qualität und die Standortkenntnis des Asset-Managements dabei eine entscheidende Rolle spielen, ist zwar richtig, aber keine bahnbrechende Erkenntnis.

Wichtiger ist die Schlussfolgerung, dass Asset-Manager ihre Expertise dazu nutzen müssen, von einem unsicheren Investment ganz entschieden abzuraten: Kundenorientiertes Handeln bedeutet in der aktuellen Marktphase auch, hin und wieder nein zu sagen. Nur wer sich auf ausgewählte Projekte konzentriert, kann in volatilen Märkten einen durchweg positiven Track-Record vorweisen. Oder, um es frei nach Werner von Siemens zu formulieren: Für augenblicklichen Gewinn sollte kein Unternehmen die eigene Zukunft verkaufen.


Über den Autor
Morten Hahn trat 1994 nach einer Tätigkeit im Firmenkundengeschäft der Dresdner Bank in die Dr. Lübke GmbH ein und verantwortete bis 1999 die Entwicklung der Büros in Dresden, Leipzig und Erfurt. Im Rahmen eines MBO übernehmen Morten Hahn und Ulrich Jacke die Dr. Lübke GmbH von der Dresdner Bank. Sowohl Morten Hahn als auch Ulrich Jacke sind seit 1999 Geschäftsführer des Unternehmens.

Dr. Lübke & Kelber
Dr. Lübke & Kelber ist ein eigentümergeführtes und unabhängiges Dienstleistungsunternehmen mit fast 50-jähriger Markt- und Immobilienkompetenz, das einen vollumfänglichen Leistungskatalog bietet. Das Unternehmen ist in Berlin, Frankfurt, München, Stuttgart, Düsseldorf und Dresden mit einem Team von 60 Spezialisten präsent und verfügt über ein erstklassiges Netzwerk. Dr. Lübke & Kelber konzentriert sich auf das Transaction Management von Wohn- und Gewerbeinvestments sowie das Asset Management. Für die Einhaltung hoher Qualitätsstandards wurden wir mit dem weltweit anerkannten Gütesiegel „Regulated by RICS“ zertifiziert.