Ein Beitrag von Naomi Fink, Chief Global Strategist von Nikko Asset Managemen: Sie sieht in Markt- und Handelsturbulenzen kaum Gefahr für die Reflation in Japan
Investitionen sind wichtiger als Handel
Japan erzielt weiterhin beträchtliche Handelsüberschüsse gegenüber den USA. Viel wichtiger für die eigene Leistungsbilanz ist jedoch die positive Entwicklung japanischer Investments im Ausland. Hinzu kommt die anhaltende Widerstandsfähigkeit der japanischen Wirtschaft nach Jahrzehnten der Deflation, selbst angesichts externer Unsicherheiten.
Inflation – Herausforderung fürs (reale) Wachstum
Das japanische BIP schrumpfte zuletzt real; das lag aber nicht primär an den Exporten. Das nominale BIP-Wachstum ist im Jahresvergleich weiterhin positiv, da der nominale Anstieg des privaten Konsums den Rückgang der Nettoexporte deutlich überkompensiert hat. In realen Zahlen sieht das Bild jedoch anders aus – da wurde der Konsum durch die Inflation gebremst.
Aufschwung bei Investitionen
Mit der fortschreitenden Reflation könnten sich die Vorteile des Strukturwandels für die Unternehmen bemerkbar machen. Die nominalen Einnahmen und verbesserte Margen haben zu einem starken Gewinnwachstum der Unternehmen beigetragen. Die jahrelange Bargeldhortung in den Unternehmensbilanzen kehrt sich infolge der Inflation um; die Firmen zahlen höhere Löhne und tätigen überfällige Investitionen. Nach kurzzeitigem Rückgang erholten sich die Unternehmensinvestitionen Anfang 2025 wieder deutlich.
Die Position als wichtiger Gläubiger der USA gibt Japan die Möglichkeit, über mögliche Vergeltungszölle auf Investitionen mit den Füßen abzustimmen und US-Investitionen zu liquidieren, die nicht mehr rentabel sind. 388 Milliarden Yen wurden bereits aus staatlichen Reserven in die Entlastung von Firmen gesteckt, die von den US-Zöllen hart getroffen sind.
Inflationsbedingte Wachstumsbremse lösen
Obwohl die Gesamt- und Kerninflation nun seit etwa drei Jahren über dem Zielwert der Notenbank BOJ liegt, hat diese noch keinen endgültigen Sieg über die Deflation erklärt. Dies liegt vor allem an der privaten Nachfrage. Zwar sind die Nominallöhne seit mehreren Jahren gestiegen. Für die Haushalte sind jedoch die Reallöhne entscheidend, die erst kürzlich wieder anstiegen. Derzeit ist die Inflation die größte Herausforderung für deren ansonsten wachsende Kaufkraft – eine deutliche Abkehr von den „verlorenen Jahrzehnten“.
Bargeld gerät in Bewegung
Die Arbeitslosenquote von 2 % steht mit einer beschleunigten Inflation im Einklang. Die Löhne und der nominale Konsum steigen. Die Haushalte verlagern Teile ihrer Gesamtguthaben in Investmentfonds und Aktien. Ein Teil der derzeit in Bargeld gehaltenen 1,1 Billiarden Yen muss in positiv verzinsliche Vermögenswerte investiert werden, um die künftige Kaufkraft der privaten Haushalte vor der hartnäckigen Inflation zu schützen.
Die privaten Haushalte dürften angesichts dieser günstigen Trends weiterhin einen Wachstumspuffer gegen die Unsicherheit bieten, solange die Inflation im Verhältnis zum Einkommensniveau begrenzt bleibt. Der Arbeitskräftemangel dürfte die Unternehmen weiterhin dazu zwingen, ihre Barreserven im Wettbewerb um knappe Arbeitskräfte einzusetzen, abgeschriebene Vermögenswerte zu ersetzen und in die zukünftige Produktivität zu investieren.
BOJ hat Spielraum
Letztendlich ist es die Aufgabe der BOJ, auf die größte Bedrohung für die Kaufkraft der privaten Haushalte zu reagieren. Die ungewisse Auslandsnachfrage erschwert den Kurs zur Normalisierung der Geldpolitik. Sollte die Inflation weiterhin ein Risiko für das reale Wachstum darstellen, könnte die BOJ noch vor Ende 2025 mit der Rücknahme ihrer unterstützenden Geldpolitik beginnen. Spielraum dafür hat sie jedenfalls – auch dank der anhaltenden Widerstandsfähigkeit der privaten Haushalte.
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