Erst haben die Türkei und Argentinien die Schlagzeilen beherrscht, jetzt sind der südafrikanische Rand und der brasilianische Real an der Reihe – als schwächste Währungen seit Beginn der Krise. Sabrina Khanniche, Senior Economist, und Anjeza Kadilli, Economist, beide Pictet Asset Management, fragen: Ist das begründet?
Wer fällt als nächstes?
Unsere proprietäre Scorecard für die Anfälligkeit von Schwellenländern zeigt, dass die Korrektur für Südafrika möglicherweise begründet ist, weniger aber für Brasilien.
Was passiert an diesen Märkten, und haben wir bei beiden Währungen mit einer weiteren Abschwächung zu rechnen?
ABB. 1 SCHWELLENLÄNDERWÄHRUNGEN GEGENÜBER USD (%) & ANFÄLLIGKEITSWERTE (RANKING)
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream
Brasilien: In Kampfbereitschaft
Von den vier Märkten scheint Brasilien wirtschaftlich noch am besten in Form zu sein. Argentinien, die Türkei und Südafrika haben jeweils ein hohes Leistungsbilanzdefizit, Brasilien steht besser da. Das Land hat umfangreiche Devisenreserven (370 Mrd. USD), die für 27 Importmonate reichen, und kann damit seine Währung gut schützen.
Problematisch ist eher die Staatsverschuldung von 76% des BIP (das zweitgrößte in Schwellenländern nach Ägypten), die selbst in den optimistischsten Szenarien noch einige Jahre steigen dürfte.
Das ist allerdings nicht so dramatisch, weil knapp 95% der Staatsschulden bei Gläubigern im Inland zu Buche stehen und aufgrund verschiedener Faktoren weniger volatil sind als bei ausländischen Investoren aufgenommene Schulden.
ABB. 2 CHART LINKS: STAATSVERSCHULDUNG BRASILIEN, AUFGESCHLÜSSELT NACH INLANDS- UND AUSLANDSSCHULDEN (% DES BIP) / CHART RECHTS: HAUSHALTSSALDO BRASILIEN (% DES BIP)
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream
Wahlen rücken in den Vordergrund
Es scheint, dass die Anfälligkeit Brasiliens weitgehend dem unsicheren Ausgang der Wahlen im nächsten Monat geschuldet ist (der erste Wahlgang findet am 7. Oktober statt, der zweite am 28. Oktober).
Die Kandidaten kommen aus allen politischen Lagern. Momentan führen Fernando Haddad (offizieller Kandidat der Arbeiterpartei, der vom inhaftierten ehemaligen Präsidenten Lula unterstützt wird) und der rechtsgerichtete Jair Bolsonaro, der vor kurzem bei einer Wahlkampfveranstaltung auf offener Straße niedergestochen wurde.
Die Anfälligkeit Brasiliens ist dem unsicheren Ausgang der Wahlen im nächsten Monat geschuldet.
Wir gehen davon aus, dass das Thema Staatsverschuldung angegangen wird, ganz gleich, wer als Sieger aus den Wahlen hervorgehen wird. Die Tiefe der Reformen hängt jedoch vom politischen und persönlichen Profil des Wahlsiegers ab.
Südafrika: Geht dem Land die Puste aus?
Auf der anderen Seite des Atlantiks, in Südafrika, ist die Anfälligkeit gegenüber globalen Entwicklungen größer als in Brasilien, was auf die schwachen gesamtwirtschaftlichen Fundamentaldaten und das instabile politische Umfeld zurückzuführen ist.
Die Schonzeit, die Präsident Ramaphosa nach seiner Wahl im Februar genossen hat, ist jetzt vorbei und die Währung hat erneut abgewertet. Technisch gesehen ist Südafrika im 2. Quartal das erste Mal seit 2009 in die Rezession gerutscht. Abträglich für den Rand waren auch Bedenken, dass es infolge der für Ende des Monats geplanten Verfassungsänderung zu Landnahmen wie in Simbabwe kommen könnte.
Das Haushaltsdefizit des Landes ist hoch. Die angekündigten Steuererhöhungen dürften nichts gegen die steigenden öffentlichen Ausgaben ausrichten können, und die Lage wird durch in Schieflage geratene staatseigene Betriebe noch verschärft.
ABB. 3 CHART LINKS: SÜDAFRIKA: HAUSHALTSSALDO IM VERHÄLTNIS ZUM BIP / CHART RECHTS: SÜDAFRIKA: STAATSVERSCHULDUNG IM VERHÄLTNIS ZUM BIP
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream
Das Leistungsbilanzdefizit ist weiterhin hoch. Darin spiegelt sich eine schwächere Nachfrage wider und finanziert wird das Defizit durch volatile Portfoliozuflüsse (Aktien und Anleihen), die für Veränderungen der globalen Finanzierungsbedingungen und der Länderratings anfällig sind. Die Abwertung des Rand dürfte die Inflation kräftig steigen lassen, die sich bereits ihrer oberen Zielspanne nähert. Dies würde den Spielraum der Zentralbank für eine expansivere Geldpolitik beschneiden.
Abschließende Gedanken…
Beide Schwellenländer müssen genau beobachtet werden. Wir glauben jedoch, dass Südafrika in den kommenden Monaten den heißen Atem des Abwärtstrends stärker zu spüren bekommen wird. Das Land ist stärker vom Ausland abhängig als Brasilien und anfällig für handelspolitische Probleme und stärkere Spannungen zwischen China und den USA (jeweils der zweit- bzw. drittgrößte Handelspartner). Wir sind zudem der Ansicht, dass die instabile politische Führung den Druck auf die ohnehin schon schwache Haushaltslage erhöhen könnte.
MARKTBEOBACHTUNG
DATEN ZUR MARKTBEOBACHTUNG
31.08.2018Quelle: Datastream, Bloomberg, Daten vom 31.08.2018, in USD. Angaben zu den Aktienindizes auf Basis der Wiederanlage der Nettodividenden; Angaben zu Anleihen- und Rohstoffindizes auf Basis der Gesamtrendite. Die Entwicklung der Wechselkurse wird als Performance-Berechnung basierend auf den Währungskursen herangezogen.
Sabrina Khanniche
Sabrina Khanniche ist seit 2011 als Ökonomin im Fixed Income-Team bei Pictet Asset Management beschäftigt. Vor Pictet war sie vier Jahre als Finanzingenieurin bei Groupama Asset Management tätig und in dieser Funktion für die Analyse und Modellierung von Hedgefondsrisiken zuständig. In dieser Rolle veröffentlichte und präsentierte sie ihre Arbeiten auf internationalen Fachkonferenzen. Frau Khanniche hat an der Universität Paris West Nanterre La Défense einen Masterabschluss und einen Doktortitel erworben.
Anjeza Kadilli
Anjeza Kadilli kam 2015 zu Pictet und arbeitet als Ökonomin im Economic Analysis Team von Pictet Asset Management, wo sie für die makroökonomische Analyse von Schwellenländern, insbesondere Lateinamerika, zuständig ist. Sie hat einen PhD in Econometrics von der Universität Genf, wo sie ebenfalls einen MSc und BSc in Economics erwarb. Während ihres PhD-Studiums war sie auch Gaststudentin an der Universität von Südkalifornien, der Riksbank und der HEC Montreal
Über Pictet Asset Management
Pictet Asset Management ist ein unabhängiger Vermögensverwalter mit einem verwalteten Vermögen von 163 Milliarden EUR, das wir für unsere Kunden in Aktien, Festverzinsliche, alternative Anlagen und Multi-Asset-Produkte investieren. Wir verwalten Einzelmandate und Anlagefonds für einige der größten Pensionsfonds, Finanzinstitute, Staatsfonds, Finanzintermediäre und deren Kunden weltweit. Bei unserem auf Anlagen basierenden Geschäft verfolgen wir einen langfristigen Ansatz mit einer einzigartigen Kundenorientierung. Unser Ziel ist es, der bevorzugte Anlagepartner unserer Kunden zu sein. Wir schenken ihnen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, bieten Pionier-Strategien und fühlen uns der Exzellenz verpflichtet.
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