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EU-Nachhaltigkeitsregulierung – Wettbewerbsnachteil für Europa?

OpinionsEU-Nachhaltigkeitsregulierung – Wettbewerbsnachteil für Europa?

Viele Abkürzungen, viel Diskussion. Ophelie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer von DPAM, ordnet die aktuelle Debatte um die Nachhaltigkeitsvorschriften in Europa ein: Es geht um drei Regelwerke: die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) und die EU-Taxonomie. Und es sind zwei gegensätzliche Lager, die zwar beide aus Sicht der Wettbewerbsfähigkeit argumentieren, aber zu völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen.

Regulatorische Sicherheit als Wettbewerbsvorteil

Für Unternehmen geht eine strenge Regulierung mit höheren kurzfristigen Compliance-Kosten einher. Mit diesen erkaufen die Firmen ihren Investoren eine höhere Datenzuverlässigkeit. Im Laufe der Zeit könnten die Kapitalkosten für Firmen sinken, die strenge Standards erfüllen. Wer sich dagegen für weniger strenge Regelungen einsetzt, gefährdet das Vertrauen der Investoren und den Marktzugang.

Die Wiedereingliederung von Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in die CSRD könnte zu einem zweigeteilten Markt führen: Größere Unternehmen passen sich schnell an, während kleinere Unternehmen einen eher freiwilligen Ansatz verfolgen. Frühe Anwender könnten Investitionen anziehen, während Nachzügler benachteiligt werden könnten.

Die jüngste Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat scheint einen Kompromiss zu erzielen, durch den sich die Zahl der direkt betroffenen Unternehmen verringert. Nach Angaben der Kommission würden 4.792 Unternehmen aus dem CSRD-Geltungsbereich herausfallen.

Andererseits wurde der Geltungsbereich der CSDDD erheblich eingeschränkt; nur Unternehmen mit mindestens 5.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro würden erfasst. Die CSRD enthält weiterhin die Verpflichtung für Unternehmen zur Verabschiedung von Klimawandelplänen. Allerdings wurde die Verpflichtung zu deren Umsetzung gelockert. Ein gemeinsamer Rahmen für die zivilrechtliche Haftung wurde gestrichen, eine Überprüfungsklausel hingegen aufgenommen.

CSDDD – gut für Menschenrechte, fairen Wettbewerb und Wachstum

Die Änderungen an der CSDDD könnten noch für Reue sorgen, da sie ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen ist, insbesondere im globalen Süden. Eine aktuelle Studie hebt hervor, dass die CSDDD einen positiven Beitrag zum wirtschaftlichen Wohlstand leistet, insbesondere durch kostengünstige Verbesserungen für Arbeitnehmer und Gemeinden in gefährdeten Regionen. Sie fördert eine vorausschauende Spezialisierung und verhindert ausbeuterische Praktiken – damit stärkt die CSDDD als Grundlage für globale Sozial- und Umweltstandards die Menschenrechte sowie die wirtschaftlichen Aussichten Europas. Die Studie warnt davor, dass eine Schwächung der Richtlinie ihre Wirksamkeit untergraben und europäische Unternehmen dem unlauteren Wettbewerb durch ausländische Unternehmen aussetzen könnte, die keinen ähnlichen Anforderungen unterliegen.

SFDR und neue Produktklassifizierungen

Während sich die Branche auf regelmäßige Offenlegungen zu nachhaltigen Finanzprodukten (SFDR) vorbereitet, dürfte bis mindestens zum ersten Quartal 2026 Unsicherheit herrschen. Verbrauchertests und eine Übergangsphase für Produkte gemäß Artikel 8 und 9 dürften die vollständige Umsetzung bis 2028 verzögern.

Wer sich auf die neue Regulierungslandschaft vorbereiten möchte, hat nur wenige konkrete Informationen. Der Vorschlag konzentriert sich weiterhin auf drei Kategorien: Nachhaltige Produkte, Übergangsprodukte und ESG-Kollektionen (soll noch umbenannt werden). Die Kategorie „Impact” wurde verworfen. „Nachhaltige” Produkte unterliegen den Ausschlusskriterien der Paris Aligned Benchmark, „Übergangsprodukte” und „ESG-Kollektionen” denen der Climate Transition Benchmark.

Unklar sind die Kriterien und Anforderungen für die Produktklassifizierung. Dies erschwert die Vorbereitungen für eine eventuelle Neuklassifizierung. Ob die Kategorisierung im Gegensatz zum derzeitigen freiwilligen Ansatz für alle Produkte obligatorisch sein wird, ist offen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Trilog-Verhandlungen dürften rasch beginnen, mit dem Ziel, das erste Omnibus-Paket noch vor Jahresende fertigzustellen. Dieses Paket, das die Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinheitlichen soll, wird eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung des endgültigen Rahmens spielen.

Bild © DPAM