Ein Kommentar von Thomas Haugaard, Portfoliomanager, Janus Henderson Investors: Um die Finanzmärkte zu stabilisieren haben die USA vergangene Woche außergewöhnliche Unterstützung zugesagt: Das Ergebnis eines turbulenten Monats für argentinische Staatsanleihen und den Peso. Auslöser waren ein unerwartet großer Rückschlag für die Partei La Libertad Avanza von Präsident Milei bei den Regionalwahlen in Buenos Aires (PBA), Korruptionsvorwürfe gegen Mileis Schwester und engste Beraterin Karina Milei (die sie bestreitet) sowie ein Ausverkauf der Währung im Vorfeld der nationalen Zwischenwahlen. Das Kernproblem: ein überbewerteter Peso und zu geringe internationale Reserven. Nach den Wahlen dürfte eine Währungsanpassung unvermeidlich sein, um den Aufbau von Reserven zu erleichtern.
Die Erklärungen der US-Regierung, darunter auch die von US-Finanzminister Scott Bessent und Präsident Trump, waren besonders deutlich: „Alle Optionen“ lägen auf dem Tisch. Konkret verhandeln die USA und Argentinien derzeit über eine Swap-Linie in Höhe von 20 Mrd. US-Dollar.[1] Zudem kündigte Bessent an, die USA seien bereit, auf US-Dollar laufende argentinische Staatsanleihen – sowohl am Primär- als auch am Sekundärmarkt – zu kaufen. Konkrete Details stehen jedoch noch aus.
Darüber hinaus hat die Weltbank dem Land Unterstützung zugesagt, wobei frühzeitig bis zu 4 Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden sollen. Davon waren 2,5 Milliarden US-Dollar bereits Teil eines größeren, im April angekündigten Pakets in Höhe von 12 Milliarden US-Dollar.
Starkes Signal, aber Zeit und Umsetzung unklar
Die angekündigte Unterstützung hat bereits zu einer Stabilisierung der argentinischen Staatsanleihemärkte und des Pesos geführt, was den Druck auf die internationalen Devisenreserven verringert und die Sorgen um die kurzfristige Zahlungsfähigkeit verringert. Jedoch bleibt das Kernproblem, ein niedriger realer Wechselkurs (überbewerteter Peso), der den Aufbau von Reserven behindert, ungelöst. Wahrscheinlich wird eine der Bedingungen für die US-Unterstützung ein flexiblerer Wechselkurs nach den Wahlen sein. Dies wurde bereits vor den jüngsten Turbulenzen diskutiert.
Neben der Unterstützung durch die USA fanden die Märkte Trost in Mileis Entscheidung, die Ausfuhrsteuern (zuvor 27 %) auf bestimmte Agrarprodukte abzuschaffen, um Landwirte dazu zu bewegen, ihre Dollar an die Zentralbank zu verkaufen. Mittlerweile steht fest: Der fiskalische Kurs bleibt das zentrale Element des Stabilisierungsprogramms.
Die USA dürften für ihre Unterstützung Gegenleistungen verlangen – sei es politisch (flexiblerer Wechselkurs nach den Wahlen) oder in Form strategischer Partnerschaften in Schlüsselsektoren der argentinischen Wirtschaft (Energie, Lithium und andere wichtige Mineralien). Auch der private Sektor in den USA signalisiert Investitionsbereitschaft in Argentinien, sofern Milei bei den Zwischenwahlen ein vernünftiges Ergebnis erzielt. Zudem ist mit Maßnahmen zur Verringerung des chinesischen Einflusses zu rechnen.
Wahlergebnis steht bevor
Die bevorstehenden Wahlen in Argentinien am 26. Oktober sind entscheidend für das Machtgleichgewicht innerhalb der Regierung – insbesondere was Mileis Fähigkeit betrifft, seine Vetos aufrechterhalten zu können. Die argentinische Regierung arbeitet mit einem Zweikammersystem bestehend aus dem Senat (Oberhaus) und der Abgeordnetenkammer (Unterhaus).
Um Gesetze im Kongress wirksam zu blockieren, müsste Präsident Milei in mindestens einer dieser Kammern genügend Stimmen sichern. Konkret würde er mehr als 33 % der Stimmen im Unterhaus benötigen, um seine Vetos aufrechtzuerhalten. Das bedeutet, dass er selbst ohne Mehrheit mit mehr als einem Drittel der Sitze die Aufhebung seiner Vetos verhindern und viele seiner transformativen politischen Maßnahmen fortsetzen könnte.
Trotz des negativen Ergebnisses für Mileis Partei bei den jüngsten Wahlen in der Provinz Buenos Aires (PBA), bei denen seine Partei eine größere Niederlage als erwartet hinnehmen musste, gilt es als wahrscheinlich, dass Milei bei den nationalen Wahlen ausreichend Unterstützung im Unterhaus erhält. Ein Regimewechsel ist somit nicht in Sicht, und er dürfte auch in den kommenden zwei Jahren Präsident bleiben. Seine Regierungsfähigkeit wird weiterhin auf Koalitionen mit der politischen Mitte und einigen moderaten Peronisten beruhen. Sie dürfte sich folglich nicht allzu sehr von der diesjährigen unterscheiden.
Wir gehen davon aus, dass Milei pragmatischer handelt, als sein Ruf vermuten lässt. Er dürfte die nötigen Bündnisse schmieden, um sein Ergebnis bei den Zwischenwahlen im Oktober zu verbessern und, noch wichtiger, die Unterstützung für Reformen und sein Vetorecht nach der Wahl zu sichern. Das argentinische Präsidialsystem bietet ihm dafür viele Hebel, und es ist anzunehmen, dass er alles Notwendige tun wird.
[1] Swap-Linien sind finanzielle Vereinbarungen zwischen Zentralbanken, die ihnen den Austausch von Währungen ermöglichen und damit den Finanzmärkten Liquiditätshilfe bieten. Sie werden in der Regel eingerichtet, um Liquiditätsengpässe zu verhindern und die Wechselkurse in Zeiten wirtschaftlicher Belastungen zu stabilisieren.