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Chinesische Aktien im Aufwind: Nachhaltige Renaissance oder bloßes Zwischenhoch?

Markets and NewsChinesische Aktien im Aufwind: Nachhaltige Renaissance oder bloßes Zwischenhoch?

Chinesische Aktien haben zuletzt spürbar zugelegt: Der MSCI China Index ist in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gestiegen – angetrieben von Tech- und Pharma-Titeln sowie gezielten staatlichen Unterstützungsmaßnahmen. Für Anleger stellt sich nun die Frage: Beginnt hier eine nachhaltige Renaissance am chinesischen Aktienmarkt – oder handelt es sich lediglich um eine temporäre Erholung mit begrenztem Potenzial? James Donald, Leiter der Emerging Markets-Plattform von Lazard Asset Management, wirft einen differenzierten Blick auf den chinesischen Aktienmarkt und erklärt, warum sich ein Einstieg lohnen könnte.

Attraktive Bewertungen und politischer Rückenwind aus Peking

„Chinesische Aktien haben im vergangenen Jahr eine deutliche Rally hingelegt“, sagt Donald. „Dennoch sind sie im Vergleich zum MSCI EM Index sowie zu ihrer eigenen Historie weiterhin attraktiv bewertet.“ Der MSCI China werde aktuell mit dem 12,4-Fachen des erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses gehandelt und liege damit noch immer deutlich unter seinem Höchststand von 18x im Jahr 2021 und dem breiteren EM-Index (13,2-x). „Man darf nicht vergessen, dass einige der größten Unternehmen Chinas noch vor drei Jahren Rückgänge von über 70 % verzeichneten“, erklärt Donald. „Das lässt Raum für Erholung, sobald sich die Fundamentaldaten verbessern und die Stimmung stabilisiert.“ Insgesamt seien die Bewertungen im globalen Vergleich weiterhin moderat, gestützt durch starke Eigenkapital- und gesunde Free-Cashflow-Renditen.

Die politische Unterstützung für chinesische Unternehmen spricht aus Sicht des Experten ebenfalls für ein Bullenszenario: „Peking hat ein klares Bekenntnis zur Stabilisierung der eigenen Wirtschaft abgegeben und gezielte Maßnahmen zur Entspannung am Immobilienmarkt, zur Ankurbelung der Inlandsnachfrage und zur Förderung von Innovationen im Privatsektor angekündigt“, erläutert Donald. Zeitgleich hätten die regulatorischen Unsicherheiten, die den Markt in den vergangenen Jahren belastet hätten, begonnen nachzulassen, was dazu beitrage, das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen.

Strukturelle Wachstumstreiber überzeugen

Darüber hinaus weise der chinesische Aktienmarkt starke strukturelle Wachstumstreiber auf: „China ist Vorreiter in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Halbleiter, grüne Energie und fortgeschrittene Fertigung“, so Donald. „Gleichzeitig bietet die große und zunehmend anspruchsvolle heimische Konsumentenbasis einen demografischen Motor für langfristiges Wachstum.“ Steigende Einkommen in den Städten und ein generationsbedingter Wandel der Konsummuster würden zusätzliche Chancen in den Bereichen Technologie, Gesundheitswesen und Konsumgüter eröffnen.

Und schließlich könnte nach Ansicht des Experten auch die geopolitische Dynamik zusätzliche Aufwärtsimpulse mit sich bringen: „Aktuell belasten die anhaltenden Handels- und geopolitischen Spannungen mit den USA Chinas exportorientierte Wirtschaft“, so Donald. Eine Entspannung der Beziehungen zu den USA – sei es durch Handelsgespräche, technologische Zusammenarbeit oder eine umfassendere diplomatische Annäherung – würde bestehende Risikoaufschläge jedoch verringern. „Sobald sich die Wogen zwischen den beiden Ländern glätten, erwarten wir einen erneuten Zufluss ausländischen Kapitals nach China, was eine nachhaltigere Neubewertung chinesischer Aktien zur Folge haben könnte“, so der Portfoliomanager.

Risiken bleiben bestehen

Donald weist jedoch auch auf verschiedene Risikofaktoren hin, die sich negativ auf die Aktienkurse chinesischer Unternehmen auswirken könnten. So habe sich zum einen die Binnenkonjunktur im dritten Quartal abgeschwächt, was sich in geringeren Konsumausgaben sowie einer Schwäche bei der industriellen Nachfrage und der Inflation geäußert habe. Zum anderen bestünden gewisse regulatorische Bedenken fort. Chinesische Finanzaufsichtsbehörden könnten sich veranlasst sehen, Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes zu ergreifen, um ein Szenario wie den Börsencrash von 2015 zu vermeiden.

Auch die Schwäche des chinesischen Immobiliensektors bleibe ein Risiko. Fünf Jahre nach dem Einsetzen der Krise in der Branche würden deren strukturelle Probleme weiterhin die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes belasten. Dies wirke sich negativ auf das Verbrauchervertrauen und damit auf die Konsumbereitschaft aus.

Und schließlich deute der Anstieg bei Margin-Finanzierungen auf ein erhöhtes Risiko durch gehebelte Positionen hin. Dies könne im Falle einer Korrektur zu einer Verschärfung der Marktabschwächung führen.

Fazit: Solide Argumente für langfristig orientierte Investoren

Trotz der genannten Risiken überwiegen für Donald jedoch die positiven Vorzeichen: „Der chinesische Aktienmarkt hat die strukturelle Innovationskraft und die nötige Unterstützung von politischer Seite für einen nachhaltigen Aufschwung. Angesichts der aktuell noch günstigen Bewertungen könnte es sich für langfristig orientierte Anleger deshalb lohnen, einen näheren Blick auf den chinesischen Aktienmarkt zu werfen“, sagt Donald abschließend.

Bild © Lazard Asset Management