Von der Theorie zur Praxis: Warum Par nicht mehr gilt
Die Annahme, dass Credit-Default-Swap-Basisgeschäfte in Europa zuverlässig zu Par konvergieren, ist ins Wanken geraten.
Während die Märkte in den USA weiterhin nach dem etablierten Mechanismus funktionieren, zeigen jüngste Restrukturierungsfälle in Europa, dass Investoren mit neuen rechtlichen und strukturellen Risiken konfrontiert sind.
USA vs. Europa: Unterschiedliche Rechtsrahmen
Im Zentrum steht die Frage der Deliverables. In den USA garantiert der Trust Indenture Act von 1939, dass zentrale Vertragsbedingungen nur einstimmig geändert werden dürfen. Damit existieren stets Anleihe-Stubs, die in CDS-Settlement-Prozessen genutzt werden können. In Europa hingegen erlauben nationale Mehrheitsverfahren wie das deutsche StaRUG oder französische Safeguard, Anleihebedingungen auch gegen den Willen einzelner Investoren zu verändern – mit erheblichen Folgen für CDS-Investoren.
Fallstudien: Atos, Altice, Ardagh
Die Beispiele Atos, Altice France und Ardagh illustrieren die Spannbreite möglicher Ergebnisse. Während Atos-Anleger, die nicht an der Restrukturierung teilnahmen, ihre Basis-Pakete nahe 100 abrechneten, erhielten Restrukturierungsteilnehmer deutlich werthaltigere Pakete aus neuen Notes, Cash und Equity. Bei Altice griff das ISDA-Entscheidungsgremium sogar auf sogenannte Composite Packages zurück – ein Novum, da erstmals auch Aktien einbezogen wurden. Ardagh wiederum zeigt, dass bei Umwandlung in reines Eigenkapital am Trigger-Zeitpunkt schlicht keine Deliverables mehr existieren können.
Implikationen für Investoren
Für Investoren bedeutet dies eine neue Realität: Basisgeschäfte in Europa sind kein mechanischer Arbitrage-Trade mehr, sondern ein strukturell und rechtlich geprägtes Investment. Wer lediglich auf Spreads und relative Bewertungen schaut, läuft Gefahr, zentrale Risiken zu übersehen.
„Die Analyse von Lock-up-Strukturen, Covenant-Details und den Präzedenzfällen der Determinations Committees ist heute entscheidend.“
Philipp Graxenberger, XAIA Investment GmbH
Strukturelles Research und aktives Management erforderlich
XAIA begegnet dieser Verschiebung mit einem klaren Fokus auf strukturelles Research und aktives Management.
Das bedeutet, nicht nur Bewertungsdifferenzen zwischen Anleihe- und CDS-Märkten zu identifizieren, sondern auch die rechtliche Durchsetzbarkeit von Deliverables in Restrukturierungsfällen zu prüfen.
„Wir sehen die Basis nicht mehr als reines Preisthema. Sie ist zum juristischen und strukturellen Trade geworden.
Das verlangt eine andere Art von Risikoanalyse.“
Josef Pschorn
Fazit: Chancen für Spezialisten
Für institutionelle Investoren steigt damit die Komplexität und erfordert tiefere Expertise in Restrukturierungsrecht, Covenant-Analyse und CDS-Mechanik. Gleichzeitig eröffnet sich ein Feld, das für klassische Marktteilnehmer zunehmend unzugänglich wird.
Damit verschiebt sich der Wettbewerbsvorteil hin zu spezialisierten Häusern, die sowohl juristische Feinanalyse als auch aktive Portfoliosteuerung beherrschen.
Aspekt | USA | Europa |
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Credit-Event-Typen | Bankruptcy, Failure to Pay | Bankruptcy, Failure to Pay plus Restructuring (MMR) |
Rechtsrahmen | Trust Indenture Act (1939): Änderungen an Principal/Coupon/Maturity nur mit einstimmigem Consent. | Mehrheitsänderungen möglich (z. B. UK Restructuring Plan, deutsches StaRUG, spanische Vorinsolvenzregime, französisches Safeguard). |
Deliverables nach Restrukturierung | Handelbare Anleihe-Stubs bleiben vorhanden und sind deliverable in CDS-Auktionen. | Deliverables können immobilisiert/gelöscht oder in Equity bzw. Composite Packages umgewandelt werden. |
Implikation für Investoren | Hohe Settlement-Sicherheit; Basis-Paket tendiert zu Par. | Erhöhte Settlement-Unsicherheit; Basis kann ≠ Par sein. |
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Die vollständige englische Ausgabe des ‚Perspectives‘ Marktkommentars finden Sie hier: Link
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