Vor etwas mehr als einem Jahr, am 10. Januar 2024, ist die geänderte Verordnung (EU) 2015/760 über europäische langfristige Investmentfonds („ELTIF 2.0“) in Kraft getreten. ELTIF ist die Abkürzung für European Long Term Investment Fund. Es handelt sich hier um eine Fondsstruktur, die 2015 europaweit eingeführt wurde, um Kapital für langfristige Investitionen zu mobilisieren. Der Schwerpunkt lag zunächst auf Infrastruktur-Investments, für die der Bedarf in Europa sehr groß ist. Mit der Reform der ELTIF-Verordnung wurde nun das Anlagespektrum auf andere Privatmarktanlagen und zusätzliche Anlagevehikel erweitert. „ELTIFs können nun in eine ganze Reihe von nicht börsennotierten Vermögenswerten investieren: neben Infrastruktur sind hier Private Equity, Wagniskapital (Venture Capital), Private Debt und Immobilien sowie sonstige Sachwerte zu nennen“, erläutert Marc Tavakolian, Head of Investor Relations Private Assets bei ODDO BHF Asset Management.
Demokratisierung von Private Assets
Mit der Reform der ELTIF-Verordnung wurde auch die ursprüngliche Mindestanlage von 10.000 Euro und die Maximalallokation von 10 Prozent innerhalb eines Privatanlegerportfolios aufgehoben. Dadurch eröffnen sich nun auch für normale Privatanleger interessante Anlageperspektiven in Anlageklassen, die bei institutionellen Investoren schon lange Standard sind. „Hinzu kommt, dass Privatmarktanlagen meist schwach mit den Bewegungen am Aktien- oder Anleihemarkt korreliert sind und dadurch für eine breitere Streuung im Portfolio sorgen“, erläutert der Experte. „Außerdem sind immer mehr interessante, wachstumsstarke Unternehmen nicht mehr an der Börse notiert, sondern befinden sich in privaten Händen. Hier eröffnen sich daher Anlagemöglichkeiten, die über konventionelle Anlagen nicht erschlossen werden können.“ Aus seiner Sicht ist die Beimischung von Private Assets über einen ELTIF in den meisten Depots sinnvoll. Vor einer Anlageentscheidung muss Tavakolian zufolge eine ausführliche Beratung stehen: „Denn ELTIF ist nicht gleich ELTIF: Die Produkte der verschiedenen Anbieter unterscheiden sich in der Auswahl der Anlageklassen, der Investitionsvehikel und in der Dauer der Kapitalbindung.“ Der Markt befinde sich noch in einer frühen Phase. Banken und Finanzvertriebe hätten die Chance, sich über ihre Expertise und ihre Beratungsqualität langfristig bei Kunden zu positionieren. Mit steigendem Produkt- und Beratungsangebot dürften immer mehr Privatanleger die Vorzüge des ELTIF zu schätzen wissen. „Ähnlich wie eine höhere Verbreitung der Aktienanlage würde sich auch die Einbeziehung des ELTIF in die Kapitalanlage positiv auf die Vermögensbildung der Deutschen auswirken“, ist Tavakolian überzeugt.
Anlagechance Private Equity
Tavakolian freut es, dass die ELTIF-Novelle nun auch Privatanlegern ermöglicht, indirekt über Private Equity-Fonds in Unternehmen mit langfristigem Kapitalbedarf zu investieren. In den vergangenen Jahrzehnten haben Private Equity-Investitionen zeigen können, dass sie das Potenzial für höhere Renditen im Vergleich mit traditionellen Anlageklassen haben können*. Private Equity-Fonds investieren das Kapital von Anlegern in Unternehmen, die sich in Privatbesitz befinden und deren Geschäftsanteile nicht an der Börse gehandelt werden. Ziel von Private-Equity-Beteiligungen ist es, diese Unternehmen bei ihrem Wachstum zu unterstützen und ihre Leistung zu verbessern. In einem ELTIF darf nun sowohl direkt als auch über Fonds in Unternehmensbeteiligungen investiert werden. „Aus unserer Sicht ist gerade das ein entscheidender Vorteil. Denn eine Anlage in einen einzelnen Private-Equity-Fonds ist für einen Privatanleger mit hohen Risiken verbunden. Die Verteilung auf mehrere, unterschiedliche Fonds und damit indirekt auf eine größere Anzahl von Unternehmen streut das Risiko“, so Tavakolian. Typischerweise haben Private-Equity-Anlagen mehrjährige Laufzeiten und bieten oft ein höheres Renditepotenzial. Es gebe zwar ELTIF 2.0, die eine vorzeitige Rückgabe der Anteilscheine möglich ist. Dafür müsse jedoch Liquidität vorgehalten werden, was die Gesamtrendite schmälert. „Es sind ja gerade diese Liquiditäts- und auch die Komplexitätsprämien, die für die höheren Renditen im Vergleich zu marktgehandelten Anlagen sorgen“, erläutert der Experte von ODDO BHF.