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Euro-Unternehmensanleihen 2020: High-Yield oder Investmentgrade?

OpinionsEuro-Unternehmensanleihen 2020: High-Yield oder Investmentgrade?

Unternehmensanleihen bescherten Investoren im vergangenen Jahr gute Erträge. Doch wie wird es 2020 weitergehen? Und sollte man eher auf High-Yield-Anleihen setzen oder doch lieber im Investmentgrade-Segment (Credits) nach Chancen suchen?

Aktuelle Marktsituation

Sowohl High-Yield-Anleihen als auch Credits sind aktuell solide unterstützt: Niedrige Inflation und moderates Wirtschaftswachstum lassen derzeit recht wenig Raum für größere Renditeanstiege. Eine extrem lockere Notenbankpolitik und anhaltender „Anlagenotstand“ bei vielen Investoren ermöglichen den allermeisten Unternehmen (sehr) günstige Refinanzierungsmöglich- keiten. Das hält die Ausfallsraten weiter niedrig. Sie werden in den kommenden Monaten zwar leicht ansteigen, doch ist dies im Markt bereits weitgehend eingepreist. Von Investorenseite ist der mögliche Mehrertrag gegenüber Staatsanleihen weiterhin ein starkes Kaufargument.

Die politischen Störfaktoren bei Handelskonflikt und Brexit haben sich im Verlauf des letzten Jahres abgeschwächt. Daneben gibt es aber eine ganze Reihe von weiteren Unwägbarkeiten und Risiken. Die Schwäche in der Automobilindustrie könnte sich beispielsweise vertiefen und auf andere Industriebereiche überspringen. So üppig die Liquiditätsversorgung durch die Notenbank und so groß der Anlagennotstand auch ist: Investoren sind auf den historisch niedrigen Renditeniveaus durchaus selektiv und neigen rasch zum Rückzug, sobald sich ernsthafte Probleme bei einzelnen Unternehmen abzeichnen. In den USA etwa hat es der Energiesektor – speziell bei Schiefergasproduzenten – bereits seit längerem sehr schwer, sich über Banken oder Bondmärkte neues Kapital zu beschaffen. Das könnte (in moderatem Ausmaß) auch für einige Autobauer und ihre Zulieferer zu einem Problem werden, sofern sich die Situation in der Branche weiter verschlechtert.

Coronavirus als Gamechanger?

Das neue Coronavirus hat das Potenzial, zusätzliche Verwerfungen in etlichen Branchen und Unternehmen herbeizuführen, sei es durch (zeitweilig) wegbrechenden Konsum oder durch Unterbrechungen in den globalen Lieferketten. Während es kurzfristig wohl vor allem darauf ankommen wird, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, wird es in weiterer Folge entscheidend sein, ob und wie rasch ein wirksames Mittel zur Behandlung produziert werden kann. Eine Prognose dazu ist derzeit sehr schwierig. Marktkonsens ist aktuell, dass die negativen Effekte zeitlich vorwiegend auf das erste Quartal und geografisch weitgehend auf China konzentriert sein werden und dass es im Verlauf des zweiten Quartals zu einer starken V-förmigen Erholung der Wirtschaft kommen wird. Sofern dies eintritt, dürften die Wachstumseinbußen zum größten Teil zügig aufgeholt werden. Auf das Gesamtjahr 2020 gerechnet sollte in diesem Fall der negative Nettoeffekt – in China und erst recht außerhalb – überschaubar bleiben. Das ist gegenwärtig weitgehend auch unser Basisszenario.

Marktausblick 2020

Nach der starken Performance 2019 wird sich die Spreadeinengung bei Credits und High-Yield in diesem Jahr wohl bei weitem nicht im selben Tempo fortsetzen.

Credits: US-Emittenten dürften auch 2020 das deutlich niedrigere Renditeniveau im Euro für zahlreiche Emissionen nutzen, voraussichtlich in ungefähr gleichem Umfang wie 2019. Mangels Alternativen dürfte der Markt trotz hoher Bewertungen durch Kapitalzuflüsse gut unterstützt bleiben. Hinzu kommen die umfangreichen Liquiditätsspritzen der Notenbanken. Dennoch sind die Märkte aufgrund der sehr hohen Bewertungen anfälliger für Korrekturen. Ein Fokus auf Qualität sollte sich einmal mehr auszahlen und dürfte sowohl unter Ertrags- als auch Risikoaspekten noch an Bedeutung gewinnen. Unter Wahrung dieses strategischen Grundsatzes könnten etwaige Korrekturen zum Zukauf bei ausgewählten Einzelpositionen (beispielsweise Einzeltitel mit höherem Beta und/oder längerer Duration) genutzt werden.

High-Yield: Angesichts eines bestenfalls moderaten Wachstumsausblicks und eines Berges von negativ rentierenden Anleihen ist die Marktstimmung bereits seit längerem in einem Ungleichgewicht: Investoren werden gleichzeitig von Angst und Gier getrieben. Während der weiterhin schwache Welthandel und geringes Wachstum die Anleihen zyklischer Unternehmen sowie der spekulativsten Bonitäten belasten, jagen die Investoren nach Renditen in jenen Bereichen des Marktes, die noch Qualität und zugleich positive Renditen bieten. Vor dem Hintergrund anhaltender Negativzinsen bietet die derzeitige durchschnittliche Marktrendite bei High-Yield-Anleihen aufgrund des höheren Risikos einen attraktiven Mehrertrag von um die drei Prozent, der für leicht steigende Renditen und leichte Spreadausweitungen in unserem Basisszenario ausreichend kompensieren sollte. Daher erwartet das Fondsmanagement für High-Yield-Anleihen eher geringe positive absolute Erträge, sieht zugleich aber das Potenzial für relativen Mehrertrag aufgrund nur moderat steigender Ausfallsraten.

Credits oder High-Yield?

Prinzipiell lässt sich diese Frage pauschal nicht sinnvoll beantworten. Hinzu kommt, dass die Grenze zwischen beiden Marktsegmenten stärker verschwimmt. Bekanntlich hat sich sowohl in den USA als auch in Europa das schwächste Investmentgrade-Segment (BBB) in den letzten Jahren massiv aufgebläht. Ende 2019 umfasste es bereits rund 60 Prozent aller non-financial Investmentgrade-Corporates in Euro und rund ein Drittel der Euro-financials). Entsprechend stark ist auch die Zahl potenzieller „gefallener Engel“ angestiegen (also von Unternehmen, die sich schon bei recht geringfügigen Herabstufungen unvermittelt im High-Yield-Segment wiederfinden, was mitunter mit erheblichen negativen Auswirkungen auf ihre Refinanzierungsmöglichkeiten und auf ihre Investoren verbunden ist). Nicht zuletzt angesichts dessen ist die Überlegung, ob man eher in Credits oder eher in High-Yield investiert, nur ein Teil der relevanten Fragestellung und das wie mindestens ebenso wichtig.

Betrachtet man beispielsweise die Wertentwicklung des Raiffeisen-Europa-HighYield in 2019, dann fällt auf, dass seine Outperformance in ganz überwiegendem Maße auf die Bottom-up Einzeltitelauswahl zurückzuführen war. Der Fokus des Fonds auf Qualität zahlte sich aus und überkompensierte 2019 die relativen Einbußen aus der etwas defensiveren Top-down Fondsausrichtung. Ein Jahr zuvor war es dem Fondsmanagement ebenfalls gelungen, besser abzuschneiden als der Gesamtmarkt. Der Fonds hielt 2018 trotz eines spürbar negativen Ergebnisses für den Markt weitgehend seinen Wert. Ähnliches gilt für die Creditfonds der Raiffeisen KAG, wie den Raiffeisen-Euro-Corporates oder den Raiffeisen 304 – Euro Corporates. An dieser Stelle muss jedoch festgehalten werden, dass Performanceergebnisse der Vergangenheit keine verlässlichen Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung eines Investmentfonds zulassen.

Wir sind davon überzeugt, dass auch 2020 eine gute Einzeltitelauswahl und ein konsequentes, intelligentes Risikomanagement wesentliche Performancetreiber sein werden. Ob man derzeit also besser in High-Yield oder in Credits aufgehoben ist, hängt von der individuellen Situation des einzelnen Investors ab. Nicht zu unterschätzen ist dabei das „wie“ solcher Investments.

Ein gutes aktives Anleihemanagement mit starkem Fokus auf Qualität und Risikomanagement könnte sowohl auf der Ertrags- als auch auf der Risikoseite eine wesentliche Rolle spielen.