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True Leadership: Nahbar und weitsichtig

Markets and NewsTrue Leadership: Nahbar und weitsichtig

Ein Beitrag von Christiane Pietsch, Partner und Head of the Financial Services Practice bei Odgers Berndtson Deutschland: Die Herausforderungen für CEOs dieser Tage sind mannigfaltig. Was die Optimisten in solchen Zeiten von dem Rest unterscheidet, ist einfach zu identifizieren: Weitsicht, Nahbarkeit und Nachsicht.

Die Ergebnisse einer Deloitte-Umfrage vom Februar dieses Jahres scheinen auf den ersten Blick widersprüchlich. Während gerade einmal 27 Prozent der befragten CEOs der Entwicklung der Weltwirtschaft positiv gegenüberstehen, sind 80 Prozent der Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer durchaus optimistisch, wenn es um die Entwicklung des eigenen Unternehmens geht. Wie ist es also zu erklären, dass die Mehrheit der CEOs Chancen erkennt, obwohl die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anders eingeschätzt werden?

Eine plakative, aber dennoch wahre Aussage: Jede Krise birgt auch immer eine Chance – vor allem für diejenigen, die es schaffen, sie zu erkennen und wahrzunehmen. Ein gutes Beispiel ist Fresenius, die auf ihrem diesjährigen Capital Markets Day im Juni in London die Umsatzprognose für ihr Krankenhausgeschäft Fresenius Helios auf ein zweistelliges Wachstum anheben konnten. Das Unternehmen bewertet das Wachstum des deutschen Krankenhausmarktes als „beständig und zuverlässig“. Für den Großteil der Konkurrenz zeichnet sich ein anderes Bild ab. Diese leiden unter den gesamtwirtschaftlichen Bedingungen, schreiben teils rote Zahlen oder haben bereits einen Insolvenzantrag gestellt.

Natürlich lässt sich die wirtschaftliche Lage einer kommunalen Klinik nicht ohne Weiteres mit der einer finanzstarken Kette vergleichen, hinter der ein börsennotierter Konzern steht. Dennoch zeigt das Beispiel eindrucksvoll, dass Unternehmen auch in einem schwierigen Umfeld durchaus wachsen können, wenn die Führungsebene die richtigen Weichen stellt.

Nichts ist beständiger als der Wandel

Für die nachhaltige, positive Veränderung ist die Grundeinstellung entscheidend. Diese zeichnet sich vor allem durch Offenheit gegenüber Neuem und Weitsicht aus. Dessen sind sich viele CEOs bewusst, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PWC zeigt: Fast die Hälfte von Personen in der Unternehmensführung (45 Prozent) wissen, dass der aktuelle Kurs in zehn Jahren wirtschaftlich nicht mehr tragfähig wäre. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, wie schnell sich beispielsweise neue Technologien entwickeln – allen voran generative Künstliche Intelligenz. CEOs, die sich heute noch nicht mit den Chancen auseinandersetzen, wie das eigene Geschäftsmodell von der KI profitieren kann, werden zwangsläufig den Anschluss verpassen. Zentral ist hier die Betonung auf dem Auseinandersetzen mit den Möglichkeiten. Denn nur, weil KI mittlerweile in vielen Bereichen einsetzbar wird, heißt es nicht, dass ihr Einsatz heute auch schon zwingend notwendig oder sinnvoll ist. Common Sense ist jedoch, dass ohne KI in Zukunft Potenziale aus Datenmengen ungenützt bleiben. Und genau dafür müssen die nötigen Voraussetzungen am besten gestern schon geschaffen worden sein – durch die Weitsicht der CEOs.

Wandel gestalten

Die Notwendigkeit für einen beständigen Wandel zu erkennen, ist allerdings erst der erste Schritt. Viel schwieriger ist das, was folgt: Die Organisation auf diese Veränderung vorzubereiten. Der Wandel birgt Chancen aber auch Risiken, die es gemeinsam mit den Stakeholdern zu evaluieren gilt, um anschließend die Routine zukunftsgerichtet – über alle Unternehmensebenen hinweg – zu verändern. Die daraus neu gewonnen Fähigkeiten und das Mindset sind es, die Fach- von Führungskräfte von der Konkurrenz unterscheiden. CEOs müssen der Veränderung positiv gegenübertreten. Sie sollten den zukünftigen Wandel als Chance betrachten, um dann den visionären Unternehmergeist an die eigene Belegschaft weiterzugeben. Neben der Führungspersönlichkeit gibt es auch verschiedene Mittel, um Mitarbeitende adäquat in den Change-Prozess und die dafür benötigten Entwicklungen einzubinden sowie vorzubereiten.

Nah statt abgehoben

Wie es nicht geht, zeigt aktuell die Politik. Die Regierungsparteien sind bei der Europawahl im Juni von den Wählenden deutlich abgestraft worden, was Expertinnen und Experten vor allem auf eine mögliche große kommunikative Distanz vieler Regierenden zu den Belangen der Menschen im Land zurückführen. In herausfordernden Zeiten gilt es, die Kommunikationsleitungen weit offen zu halten – bestenfalls transparent in alle Richtungen. Denn nur wer fortlaufenden über den Veränderungsprozess informiert, Pläne teilt und auch mit Rückschlägen offen umgeht, darf auch Rückhalt erwarten. Das Feedback der eigenen Mitarbeitenden ist besonders wichtig, denn beidseitige unzureichende Kommunikation kann zu Unsicherheit sowie Stress führen. Dies schürt damit Ängste und eine ablehnende Haltung Neuem gegenüber. Eine Person allein an der Spitze des Unternehmens kann nicht alle kommunikativen Fäden in den Händen halten und sollte frühzeitig für Multiplikatoren sorgen, die als „One Voice“ in den Dialog treten. Dies fördert die Glaubwürdigkeit der Führungsspitze und Unterstützung für den Wandel.

Nach Kommunikation kommt Enablement

Reden allein reicht allerding nicht aus. Veränderung braucht auch das nötige Skillset im Unternehmen. Das gilt gerade mit Blick auf neue Technologien. KI wird von Mitarbeitenden jedoch häufig als Disruption wahrgenommen. Es fehlt überwiegend an Verständnis, Ausbildung und Anwendung. Auch solche Hürden müssen abgebaut werden. Es liegt in der Verantwortung der Führungsebene, zu erkennen, woher Skepsis und Ablehnung kommen. Die Weiterbildung wird daher in den kommenden Jahren immer wichtiger – auch vor dem zunehmenden Fachkräftemangel, der sich insbesondere bei gut ausgebildeten IT-, Sicherheits- und KI-Spezialistinnen und -Spezialisten noch deutlicher zeigen wird.

„Ohne das nötige Skillset im Unternehmen bleibt jede Veränderung nur ein leeres Versprechen. Besonders mit Blick auf neue Technologien wie KI wird deutlich, dass Mitarbeitende diese häufig als Bedrohung wahrnehmen, insbesondere, wenn ihnen das Verständnis und die Fähigkeiten fehlen, diese Technologien zu nutzen. Auch solche Hürden müssen beseitigt werden. Es ist die klare Verantwortung der Führungsebene, die Ursachen von Skepsis und Ablehnung zu erkennen und anzugehen.“ Christiane Pietsch, Partner und Head of the Financial Services Practice bei Odgers Berndtson Deutschland

Die größten Herausforderungen für CEOs in diesem und den kommenden Jahren ist also der Balanceakt zwischen Weitsicht, Nahbarkeit sowie Nachsicht, welche gerade der Wandel in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten nötig macht. Der Vormarsch der Künstlichen Intelligenz wird von Expertinnen und Experten jetzt schon mit der industriellen Revolution verglichen – obwohl das Potenzial erst zu einem Bruchteil erkannt sowie genutzt wird. Dieses Anfangsstadium des Ausprobierens kann dazu führen, dass man falsche Entscheidungen trifft. Es ist daher umso wichtiger die Trends zu verfolgen und Entwicklungen kritisch zu beobachten. Es geht um den wertschätzenden Dialog auf Augenhöhe – egal ob mit der Reinigungskraft oder einem Vorstandskollegen. Denn nur so werden Bedürfnisse und Potentiale erkannt und das Unternehmen bleibt am Puls der Zeit.

Bild (c) Odgers Berndtson