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Verteidigung im Weltraum: Neuer strategischer Sektor an europäischen Börsen

Markets and NewsVerteidigung im Weltraum: Neuer strategischer Sektor an europäischen Börsen

Ein Kommentar von Cristophe Pouchoy, Fondsmanager Internationale Aktien bei LFDE: Bis zu eine Billion US-Dollar könnte der Verteidigungshaushalt der USA im Jahr 2026 umfassen. Allein das symbolträchtige US-Raketenabwehrsystem „Golden Dome“ ist ein Mammutprojekt, das in den nächsten drei Jahren schätzungsweise 175 Milliarden US-Dollar verschlingen wird.

Dynamisches Wachstum auf beiden Seiten des Atlantiks

Auch in Europa steigen die Ausgaben im Zusammenhang mit der Verteidigung deutlich. Dies kommt den Branchen zugute, die sich zwischen Verteidigungs- und Raumfahrtindustrie bewegen. Dieser Trend ist einer der Katalysatoren des strukturellen Wachstums des Weltraum-Ökosystems. Schätzungen zufolge wird der Markt für Verteidigung im Weltraum bis 2035 auf 250 Milliarden US-Dollar anwachsen, was einem jährlichen Zuwachs von 9 % entspricht.[1] Einige Sektoren dürften sogar noch stärker zulegen; auf kurze bzw. mittlere Sicht ist zudem eine Beschleunigung zu erwarten (+24 % im Jahr 2024[2]).

Das ambitionierte „Golden Dome“-Projekt wirkt sich stimulierend auf das gesamte Ökosystem der Luft- und Raumfahrt aus. Die Hauptinnovation dieses Luftverteidigungssystems besteht in seiner weltraumgestützten Ebene zur Erfassung und Zerstörung von ballistischen Raketen. So hat BAE Systems in den USA gerade einen Auftrag im Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar erhalten, um Satelliten zur Raketenverfolgung zu bauen. Dies ist ein Beispiel unter vielen für einen Trend, der auf beiden Seiten des Atlantiks zu beobachten ist.

Entstehung eines neuen Leitthemas für Europa

Die an der Börse notierten Raumfahrtunternehmen stammen zwar derzeit hauptsächlich aus Nordamerika, doch es bildet sich inzwischen auch eine Gruppe europäischer Spitzenunternehmen. 2025 entwickelte sich die europäische Souveränität zu einem vielversprechenden Investitionsthema. Die Verteidigungsetats der EU-Mitgliedstaaten, die in der Vergangenheit immer wieder schwankten, dürften mittelfristig von unter 2 % bis 3 % auf 5 % des BIP steigen. Der Zugang zum Weltraum, seine Überwachung und sein Schutz sind zu bedeutenden Faktoren für die nationale Souveränität geworden.

Die Entwicklung von Titeln wie Thales, Safran, Avio oder Leonardo macht diesen historischen Wendepunkt bereits sichtbar und versinnbildlicht heute den Aufstieg der europäischen Verteidigungs- und Luftfahrtindustrie. Diese Unternehmen positionieren sich auch in den Bereichen Cybersicherheit, unbemannte Luftfahrzeuge und zivil-militärische Technologien – Segmente, die ein strukturelles Wachstum aufweisen. Angesichts der gut gefüllten Auftragsbücher könnten diese Flaggschiffe die neuen Triebkräfte für die Börsen in Europa werden.

Wandel des Weltraum-Ökosystems

Zahlreiche Akteure aus dem Verteidigungssektor widmen sich nun bedeutenden Raumfahrtaktivitäten nach dem Vorbild von BAE Systems oder des auf Trägerraketen spezialisierten italienischen Unternehmens Avio, das einen wichtigen Beitrag zu Arianespace geleistet hat und 70 % seines Umsatzes mit Tätigkeiten im Verteidigungssektor erzielt. Ebenso verhält es sich mit Unternehmen, die vorwiegend im zivilen Bereich tätig sind, wie Thales, dessen Umsatz inzwischen zu 55 % in der Verteidigung erwirtschaftet wird.

Das Weltraum-Ökosystem befindet sich mitten im Umbruch. Neben Herstellern von Trägerraketen – wie Rocket Lab und Avio –, von Satelliten oder Mondmodulen, Lieferanten und Nutzern von Geodaten oder aber Technologieunternehmen, die für die Funktionsweise von Raketen und Satelliten entscheidende Bauteile und Software liefern, verdeutlichen auch Akteure aus dem Verteidigungsbereich die Dynamik des Sektors.

Mittlerweile stehen auch europäische Unternehmen im Mittelpunkt dieser aufstrebenden Space-Ökonomie, die auf eine nachhaltige technologische Souveränität abzielt. Das Interesse globaler Investoren an diesen Unternehmen zeigt, dass Europa hierbei nicht nur strategisch, sondern auch wirtschaftlich durchaus Potenziale besitzt.

[1] 2023 bis 2035, Weltwirtschaftsforum, 2024
[2] NovaSpace, 2025

Bild ©  LFDE