Thursday 25-Apr-2024
10.4 C
Frankfurt am Main

Was sind nachhaltige Investitionen? Die Sichtweise der GLS Investments

TopicsWas sind nachhaltige Investitionen? Die Sichtweise der GLS Investments

Am nachhaltigen Kapitalmarkt streiten Gesetzgeber, Investoren, Ratinganbieter, NGOs oder Journalisten herzlich darüber, was ein nachhaltiges Investment ist. Lange Zeit durfte jede und jeder seine eigene Definition von Nachhaltigkeit umsetzen und gegenüber Investoren bewerben. Diesen Wildwuchs versucht die EU Kommission durch verschiedene Ordnungen aktuell zu beenden. Doch dabei verzettelt sie sich: mit schwammigen Definitionen sowie der Aufnahme von Atomkraft- und Erdgas als „nachhaltige“ Übergangstechnologien hat sie Vertrauen bei Investoren verloren. Viele Anbieter von Anlageprodukten sind zudem von den massiven Datenanforderungen überfordert. Wie sieht die GLS Investments diese Entwicklung? Wie findet die GLS Investments nachhaltige Investitionen? Darüber sprechen wir mit Karoline Wagner, Senior Research Analystin, GLS Nachhaltigkeitsresearch.

Frau Wagner, nachhaltige Investments boomen. Und trotzdem fehlt unverändert ein Grundkonsens, was nachhaltige Investitionen denn genau sind. Der Gesetzgeber verwirrt die Branche mit enormen Datenanforderungen und schwammigen Definitionen. Wie sehen Sie als ein Pionier der Branche die Entwicklung?

Wir begrüßen natürlich jede Initiative des Gesetzgebers, die eine nachhaltige Entwicklung des Finanzmarkts vorantreibt und die soziale und ökologische Transformation fördert. Das ist bitter notwendig. Entschlossenes Handeln ist gefragt.

Also richten Sie sich nach den neuen EU-Vorgaben?

Wir richten uns zunächst nach unseren Anlage- und Finanzierungsgrundsätzen, unserem Nachhaltigkeitsverständnis, das wir seit Gründung der GLS Bank 1974 kontinuierlich entwickelt haben. Sofern die neuen EU-Vorgaben diesem Verständnis entsprechen, setzen wir diese gerne um. In den vergangenen Monaten und Jahren haben wir die Erfahrung gemacht, dass dies aber nicht immer der Fall ist.

Sie sprechen von Atomkraft und Erdgas als nachhaltige Investition?

Das ist natürlich das Offensichtlichste. Atomkraft ist für uns ein No-Go. Bei Erdgas führt ein Schwarz-Weiß-Denken allerdings nicht weiter. Natürlich investieren wir nicht in fossile Geschäftsmodelle, allerdings gibt es viele Unternehmen, die gerade auf dem Weg vom Gas- zum Erneuerbare Energien-Konzern sind. Hier schauen wir genau hin und diskutieren intensiv intern, ob sie investierbar sind. Denn viele solcher Unternehmen benötigen auch Kapital, um diese Transformation finanziell zu stemmen. Aber auch jenseits von Atomkraft und Gas haben wir doch einige Fragezeichen.

Welche Fragezeichen sind das?

Was geschieht denn aktuell am Markt? Der Gesetzgeber schafft einen gesetzlichen Rahmen, beispielsweise die Offenlegungsverordnung, um Transparenz zu fördern. Dabei führt sie eine grobe Definition ein, was ein nachhaltiges Investment sein sollte. Markteilnehmer lesen diese Verordnung sehr aufmerksam und nutzen sie konsequent für ihr Marketing – als wäre Artikel 9 ein Siegel! Dies sehen wir sehr kritisch, insbesondere da sich nicht selten die Anbieter hier hervortun, die bisher wenig mit Nachhaltigkeit zu tun haben. Und auf Basis dieser fragwürdigen Positionierung leiten sie dann einen strengen Nachhaltigkeitsanspruch ab – das können wir nicht immer nachvollziehen. Es ist folgerichtig, dass hier der Gesetzgeber nachschärft.

Nachhaltigkeitsanspruch ist ein gutes Stichwort. Wenn nicht per Gesetz, wie sollte sich dieser denn ansonsten ableiten?

Zunächst stellt sich erst einmal die Frage: Aus welcher Motivation heraus bietet eine Fondsgesellschaft Fonds an? Das klingt banal, aber hier unterscheiden sich Fondsanbieter doch deutlich voneinander. Wir als GLS Investments und auch GLS Bank haben eine klare Haltung: Im Mittelpunkt unserer Tätigkeiten stehen die Menschen mit ihren Bedürfnissen. Wir wollen Lebensgrundlagen bewahren und weiterentwickeln, um sozial gerecht im Einklang mit der Umwelt leben zu können. Ist das aktuell bereits der Fall? Natürlich nicht! Deswegen brauchen wir einen grundlegenden Wandel, wie wir wirtschaften und miteinander leben.

Das klingt jetzt sehr abstrakt. Wie setzen sie das um?

Wir haben ein klares Bild von der Zukunft – sowohl wie wir sie uns wünschen als auch was wir künftig nicht mehr haben wollen. Wir wollen nicht die so genannten „nachhaltigsten“ Unternehmen in den schmutzigen Branchen etwas grüner machen. Stattdessen wollen wir gezielt die Unternehmen finanziell unterstützen, die zukunftsweisende sozial-ökologische Geschäftsmodelle betreiben.

Um es konkret zu machen: Verletzung von Arbeits- und Menschenrechten, Waffen, Atomkraft, fossile Energien, Massentierhaltung, Suchtmittel, Gentechnik in der Landwirtschaft und ähnliche kontroverse Aktivitäten kommen für uns nicht in Frage. Dagegen investieren wir in Erneuerbare Energien, Ernährung, Land und Forstwirtschaft, Wohnen, Bildung und Kultur, Soziales und Gesundheit, Finanzdienstleistungen, Entwicklungs- und Mikrofinanzierung, Mobilität und nachhaltige Wirtschaft.

Wie finden Sie diese Unternehmen?

Durch intensive Recherche. Wir starten nicht mit irgendeinem Index und filtern dann anhand starrer Kriterien. Denn dann würden wir vor allem in die großen Unternehmen investieren, in die sowieso schon alle anderen investieren. Es ist kein Wunder, dass die meisten Fondsgelder in die Microsofts, Amazons und Apples dieser Welt fließen. Sie sind auf den Top-Positionen in den größten Indizes vertreten. Microsoft gilt genau aus diesen Gründen beispielsweise als eines der beliebtesten Investments für Nachhaltigkeitsfonds. Hinzu kommt: je größer das Unternehmen, umso umfangreicher das Nachhaltigkeitsreporting und dadurch auch häufig besser die ESG-Scores.

Wir verfolgen einen anderen Ansatz. Ich bin Teil eines Teams von Spezialist*innen, die überprüfen, inwieweit Unternehmen unseren Anlagegrundsätzen entsprechen bzw. dagegen verstoßen. Dazu nutzen wir vielfältige Quellen. Im Mittelpunkt der Analyse steht die Frage: Was genau macht das Unternehmen? Umweltmanagementsysteme sehen wir positiv. Ein sehr gutes Nachhaltigkeitsreporting allein überzeugt uns nicht, fließt aber positiv in die Bewertung mit ein.

Wie genau bewerten Sie diese Unternehmen? Können Sie uns einen Einblick geben?

Unser Bewertungsverfahren ist mehrstufig. Zuerst treffen wir eine Vorauswahl an Investments. Darunter sind z.B. Unternehmen aus Branchen, die wir grundsätzlich als passend zu unseren Kriterien einstufen. Erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität, etc. Diese Unternehmen prüfen wir erst einmal auf Kontroversen. Bei klaren Verstößen gegen unsere Kriterien fliegen sie aus dem weiteren Prozess. Die restlichen Titel durchleuchten wir intensiv, natürlich unter Zuhilfenahme externer Researchquellen. Wir untersuchen: Womit genau verdienen sie Geld? Inwiefern erfüllen die Produkte und Dienstleistungen notwendige Bedürfnisse von Menschen? Investitionen in Softdrink-Konzerne sind aus unserer Sicht völlig abwegig. Unsere Erkenntnisse fassen wir dann in Nachhaltigkeitsprofilen zusammen.

Sie bilden dann wahrscheinlich einen Nachhaltigkeitsscore pro Unternehmen. Wenn der Wert hoch genug ist, investieren Sie, richtig?

Nein. Bei uns gibt es keine ESG-Scores. Bei uns entscheiden ausgewiesene Expert*innen von Fall zu Fall. Hier differenzieren wir uns deutlich von vielen Wettbewerbern. Was heißt das genau? Wir haben einen so genannten Anlageausschuss eingerichtet. Darin sind Expert*innen aus Wissenschaft, NGOs, der GLS Investments, aber auch der GLS Bank. Der Ausschuss trifft sich 3-4 Mal im Jahr und schaut sich die Nachhaltigkeitsprofile an. In der Sitzung diskutiert das Gremium dann, ob ein Investment unseren Standards entspricht oder nicht.

Dieses Vorgehen sehen Sie übrigens vor allem bei Häusern, die sich schon lange mit dem Thema beschäftigen. Denn wer sich bereits lange mit dem Thema beschäftigt, weiß, dass es bei Nachhaltigkeit auch um ethische Fragen geht, die sich nicht nur über Scores und Zahlen erfassen lassen.

Können Sie uns das an Beispielen konkret erläutern?

Sehr gerne. Lassen Sie mich Beispiele aus unserer letzten Anlageausschuss-Sitzung nehmen.

Dort haben wir zum einen das Unternehmen Worldline diskutiert. Das französische Unternehmen ist vielen wahrscheinlich kein Begriff. Worldline ist ein europäisch führender Anbieter für Zahlungsdienstleistungen. Das Unternehmen hat aus unserer Sicht gute interne Managementsysteme, wenig bekannte Kontroversen und auch einen hohen ESG-Score. Negativ fassten wir im Profil zusammen, dass die Richtlinien des Unternehmens zum Datenschutz unseren Ansprüchen noch nicht genügen. Dies haben wir im Anlageausschuss ausführlich diskutiert. Auch ließ die Energieeffizienz zu wünschen übrig. Solche Aspekte sind nicht schön, aber bei Unternehmen dieser Branche nicht unüblich. Entscheidend war etwas anderes: Worin genau lag das zukunftsweisende sozial-ökologische Geschäftsmodell? Ist die Dienstleistung so notwendig, um grundlegende Bedürfnisse von Menschen zu erfüllen? Darauf fanden wir keine befriedigende Antwort, deswegen haben wir das Unternehmen nicht ins Anlageuniversum aufgenommen.

Können Sie auch ein Unternehmen nehmen, in das Sie nun investieren würden?

Ein Beispiel wäre das Unternehmen OrthoPediatrics Corp. Das amerikanische Medizintechnikunternehmen hat zwar nur eine rudimentäre Nachhaltigkeitsberichterstattung und ist in Delaware registriert, was Fragen an die Steuerehrlichkeit aufkommen ließ. Doch mit den Produkten des Unternehmens können insbesondere Kinder wieder klettern und rennen. Für uns stellt dies ein eindeutiges Grundbedürfnis dar, deswegen haben wir das Unternehmen in das Anlageuniversum aufgenommen.

Was kommt denn am Ende dabei heraus? Wie viele Unternehmen sind denn gut genug, damit sie darin investieren?

Wir haben rund 400 Unternehmen, in die wir insgesamt investieren können, da sie unseren Qualitätsstandards entsprechen. Im Branchenvergleich ist das eher gering. Doch wir verfahren hier bewusst nach dem Grundsatz Klasse statt Masse.

Und mit diesen Investitionen erzielen Sie Wirkung? Das sind also ihre Impact Investments?

Da sind wir sehr vorsichtig. Manche Wettbewerber würden ein Unternehmen wie OrthoPediatrics als eine Investition darstellen, die auf das nachhaltige Entwicklungsziel (SDG) 5 – Gesundheit und Wohlergehen einzahlt. Und es stimmt ja auch, dass die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens Gutes in diesem Bereich bewirken können – keine Frage. Doch es ist schwer belegbar, ob wir mit unserem finanziellen Engagement etwas bewirkt haben. Deswegen deklarieren wir dies nicht als ein Impact Investment. Dies hielten wir für fragwürdig. Impact Investing ist ja ein eigener Anlagestil, der aus dem Gebiet der Alternative Investments stammt. Unsere Fonds sind dagegen überwiegend Public Investments.

Das bedeutet wohlgemerkt nicht, dass wir gar keine Wirkung haben. Wir treten bei Kontroversen häufig in den aktiven Dialog mit Unternehmen oder stellen Unternehmen bei Kapitalmaßnahmen Fondsgelder zur Verfügung. Doch wie wirksam dies ist, ist unter Fachleuten umstritten.

Was bedeutet dies für Ihr Reporting? Wie berichten Sie über Nachhaltigkeit?

Wir vermeiden bewusst bunte Wirkungskennzahlen. Statt sich hinter solch schwer interpretierbaren Kennzahlen zu verstecken, bevorzugen wir es, jedes Unternehmen transparent in so genannten Investitionsberichten vorzustellen. Unsere Kund*innen können sich so selbst ein Bild machen, dass wir das uns anvertraute Kapital nach klaren sozial-ökologischen Kriterien verwalten, die im Einklang mit den GLS Werten stehen. Auf diese Strenge und Transparenz können sich unsere Anleger*innen verlassen.

Frau Wagner, vielen Dank für das Gespräch.

Über Karoline Wagner

Karoline Wagner arbeitet seit März 2022 als Senior Nachhaltigkeitsanalystin bei der GLS Investments. Dort analysiert sie insbesondere Finanzinstitute und Unternehmen aus den Bereichen Nachwachsende Ressourcen sowie Handel und Konsum. Zuvor war sie für ISS ESG (ehemals oekom research AG) tätig, wo sie ebenfalls ESG-Analysen von Finanzinstituten erstellte, mit Schwerpunkt auf internationale Großbanken, Entwicklungs- und Hypothekenbanken. Frau Wagner absolvierte den interdisziplinären Masterstudiengang Politics, Economics, and Philosophy an der Universität Hamburg. Studienbegleitend unterstützte sie unter anderem das Projektentwicklungsprogramm für Erneuerbare Energien der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

Über die GLS Investments

Die GLS Investment Management GmbH, kurz GLS Investments, vereint als 100%ige Tochter der GLS Bank die Kompetenzen zum Management sozial-ökologischer Investmentfonds. Sie gehört zu den strengsten Akteuren am Markt und ist verantwortlich für das GLS Anlageuniversum, das auf Basis eines mehrstufigen, integrierten sozial-ökologischen Auswahlprozesses erfolgt. Anschließend prüft und bewertet ein Team aus Finanzspezialisten die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Unternehmen. Diese Expertise fließt in das Management von 7 Publikumsfonds und einem Spezialfonds. Die GLS Investments hat ihren Sitz in Bochum und ist weltweit tätig. Die bisher aufgelegten Investmentfonds investieren aktuell rund 1,5 Mrd. Euro in Unternehmen und Länder, die eine positive gesellschaftliche Wirkung entfalten und nachhaltige Entwicklung fördern (Stand: 30.11.2022). Mehr Informationen unter: www.gls-investments.de und kontakt@gls-investments.de, Anmeldung zum Newsletter der GLS Investments

Rechtlicher Hinweis: Die Angaben dienen ausschließlich Informationszwecken und stellen kein Angebot bzw. eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Fondsanteilen dar. Sie richten sich nicht an natürliche und juristische Personen, deren Wohn- bzw. Geschäftssitz einer ausländischen Rechtsordnung unterliegt, die für die Verbreitung derartiger Angaben Beschränkungen vorsieht, insbesondere nicht für US-amerikanische Staatsbürger oder Personen mit Wohnsitz bzw. ständigem Aufenthalt in den USA.
Alleinige Grundlage für den Kauf von Fondsanteilen sind die Verkaufsunterlagen (Basisinformationsblatt, aktueller Verkaufsprospekt inklusive Anlagebedingungen, letztverfügbarer Halbjahres- und Jahresbericht). Eine aktuelle Version der Verkaufsunterlagen in deutscher Sprache erhalten Sie kostenlos in Papierfassung bei der Verwahrstelle, der Verwaltungsgesellschaft sowie im Internet unter www.ipconcept.com und www.gls-investments.de.
Eine Investition ist mit Risiken verbunden. Ausführliche Hinweise zu Chancen und Risiken entnehmen Sie bitte den aktuellen Verkaufsunterlagen. Generell birgt jede Investition das Risiko eines Kapitalverlustes. Die Verwaltungsgesellschaft kann beschließen, die Vorkehrungen, die sie für den Vertrieb der Fonds getroffen hat, gemäß Artikel 93a der Richtlinie 2009/65/EG und Artikel 32a der Richtlinie 2011/61/EU aufzuheben. Weitere Informationen zu Anlegerrechten sind in deutscher Sprache auf der Homepage der Verwaltungsgesellschaft (https://www.ipconcept.com/ipc/de/anlegerinformation.html) einsehbar.”

Dies ist eine Marketing-Anzeige. Bitte lesen Sie die Verkaufsprospekte und das KID, bevor Sie eine endgültige Anlageentscheidung treffen.