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Das Potenzial von künstlicher Intelligenz bei industrieller Software

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Ein Beitrag von Dan McFetrich, Global Sector Specialist bei Schroders. Er analysiert, welche Einsatzzwecke KI in der Industriesoftware haben könnte und welche Vorteile damit zu erwarten sind und veranschaulicht diese unter anderem am Beispiel SAP.

Die Beschäftigung in der verarbeitenden Industrie hat sich seit der Pandemie weitgehend erholt, doch das Wachstum stagniert inzwischen. Wir sehen auch weiterhin einen besorgniserregenden Fachkräftemangel in Schlüsselpositionen im gesamten Fertigungsprozess und das US Manufacturing Institute schätzt, dass bis 2029 rund 425.000 dieser Stellen unbesetzt bleiben werden. Angesichts des anhaltenden demografischen Wandels und des Fachkräftemangels erweisen sich die Lohninflationsraten im verarbeitenden Gewerbe in den USA als weitaus stärker als die allgemeine Produktinflation in der verarbeitenden Industrie, was den Druck auf die Gewinnspannen der Hersteller erhöht. Dieser Margendruck zwingt die Hersteller zur Digitalisierung, um die industrielle Produktivität zu verbessern. Die Einführung von Industriesoftware war und ist ein entscheidender Faktor für das Produktivitätswachstum in der Fertigung, und diese Notwendigkeit wurde durch COVID beschleunigt.

KI verbessert die Optimierung industrieller Software und beschleunigt die Einführung

Welche Auswirkungen wird die KI-gestützte Industriesoftware haben? Wir sind der festen Überzeugung, dass die bevorstehende Integration von KI in die Entwicklung industrieller Software den Wertbeitrag für die Hersteller erheblich steigern wird. So erwarten wir unter anderem eine erhöhte Effizienz. KI kann die Kodierungseffizienz für Softwareingenieure steigern, Innovationszeiten beschleunigen und maßgeschneiderte Ausschreibungsprozesse rationalisieren.

Eine andere Auswirkung könnte auch eine verbesserte Funktionalität sein. KI kann die Zuverlässigkeit, Schnittstellen und Benutzerfreundlichkeit von Softwareplattformen verbessern. Algorithmen des maschinellen Lernens können Dateneingaben analysieren, um Muster zu erkennen, während KI diese Informationen nutzt, um Entscheidungen in Echtzeit zu treffen, was letztlich den erbrachten Wert der Software steigert. Außerdem erwarten wir durch die Integration von KI eine Markterweiterung, da die erweiterten Fähigkeiten und die verbesserte Leistung neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen.

Fallstudie 1 – Emersons jüngste Kundenveranstaltung “Emerson Exchange” in Deutschland

Emerson, der weltweit führende Anbieter von Prozessautomatisierungssystemen, veranschaulicht diese Trends in der Praxis. Auf seiner halbjährlichen Kundenveranstaltung in Düsseldorf präsentierte das Unternehmen seine Vision einer “grenzenlosen Automatisierung”, bei der die Software eine zentrale Rolle spielt.

In vielen Anlagen kann der ursprüngliche Hardware-Steuerungscode des Automatisierungssystems 15 bis 20 Jahre alt sein und die Dokumentation ist begrenzt. Emerson hat daher gerade ein “Revamp”-Produkt auf den Markt gebracht, bei dem KI eingesetzt wird, um Kunden bei der Modernisierung ihrer installierten Automatisierungsbasis zu unterstützen, indem veraltete, nicht unterstützte Steuerungssysteme durch das neueste Prozessautomatisierungssystem DeltaV ersetzt werden.

Dieses Tool analysiert die aktuellen Konfigurationsdateien des installierten veralteten Systems und übersetzt die Konfigurationsdatei mithilfe von KI in eine DeltaV-Steuerungssystemkonfiguration. Die automatische Konfiguration kann Millionen von Dollar an Arbeitskosten für die Konvertierung der Konfiguration von einem System in ein anderes einsparen und den Zeitplan des Modernisierungsprojekts um Monate verkürzen.

Emerson geht davon aus, dass KI dabei helfen wird, diese neuen Softwaresteuerungssysteme zu testen und zu validieren und sowohl die Produktentwicklungszyklen als auch einen maßgeschneiderten Angebotsprozess für neue Kunden zu beschleunigen.

Fallstudie 2 – SAP ist der weltweit führende Anbieter von Enterprise Application Software

Wir glauben auch, dass KI ein potenzieller Game Changer für SAP sein könnte. Wie die meisten Softwareunternehmen wird auch SAP von einer gesteigerten Effizienz bei der Softwareentwicklung, d. h. der Codierung, profitieren. In der Tat hat das Unternehmen kürzlich eine organisatorische Umstrukturierung angekündigt, mit dem Ziel, die Automatisierung durch den verstärkten Einsatz von KI zu erhöhen.

Vielleicht noch wichtiger ist jedoch, dass KI die Umsatzaussichten von SAP erheblich steigern könnte. Einer der einflussreichsten Anwendungsfälle für KI ist angesichts der hier vorhandenen Einsparpotenziale der Back-Office-Bereich, welche von den SAP-Systemen gesteuert werden (z. B. Finanzen, Personalwesen, Beschaffung und Lieferkette). Theoretisch kann SAP seinen Kund:innen erhebliche Produktivitätsvorteile bieten und einen Teil dieser Einsparungen für sich verbuchen.

Auch wenn die Einführung von KI-bezogenen Produktfunktionen bei SAP noch in den Kinderschuhen steckt, könnte das Interesse an KI dazu beitragen, die Akzeptanz von SAPs neuem Cloud-Produkt für die Unternehmensressourcenplanung (ERP) zu fördern. Aufgrund der Langlebigkeit der Produkte und dem Aufwand bei einem Produktwechsel zögern viele Unternehmen derzeit noch, auf ERP umzusteigen. Da die Kund:innen jedoch nur mit dem neuen SAP-Produkt auf KI-Funktionen zugreifen können, hat KI das Potenzial, die Kund:innen in das neue Produkt zu drängen, da sie sich bewusst sind, dass Nachzügler einen erheblichen Wettbewerbsnachteil erleiden könnten.

Es ist auch erwähnenswert, dass SAP sein KI-fähiges Produkt mit einem Preisaufschlag von 30 % anbietet. Insgesamt glauben wir, dass KI sowohl dem Umsatz als auch den Margen von SAP erheblichen Rückenwind verschaffen wird.

Diese beiden Beispiele zeigen, wie KI die Entwicklung industrieller Softwareprodukte verbessern und neue Anwendungsfälle erschließen wird. Es handelt sich nur um zwei von vielen Beispielen, bei denen die KI einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert für Unternehmen im Bereich industrieller Software, deren Kund:innen und Investor:innen bieten kann.

Sie stellen laut Schroders keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar.