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Handelskrieg zwischen USA und China: Warum China es mit seiner Politik schafft, auf Wachstumskurs zu bleiben

OpinionsHandelskrieg zwischen USA und China: Warum China es mit seiner Politik schafft, auf Wachstumskurs zu bleiben

Eine stärker auf Wachstumsförderung ausgerichtete Fiskal- und Geldpolitik dürfte dem chinesischen BIP-Wachstum im kommenden Jahr wichtige Impulse geben, so Patrick Zweifel, Chief Economist bei Pictet Asset Management.

CHINA REAGIERT AUF US-HANDELSZÖLLE

Vor dem Hintergrund der auferlegten US-Handelszölle gehen wir davon aus, dass die chinesische Fiskal- und Geldpolitik stärker auf Wachstumsförderung ausgerichtet sein wird. Infolgedessen dürfte das BIP im kommenden Jahr um zusätzliche 0,5% steigen. Dennoch glauben wir, dass es sicherlich länger dauern wird, bis die Konjunkturbelebungsmaßnahmen der Regierung in Peking greifen, und sie auch nicht ganz so viel Schlagkraft haben werden wie in früheren Lockerungszyklen.

Handelspolitik

Während China seine Zölle auf US-Einfuhrwaren im Wert von 110 Mrd. USD bereits auf bis zu 25% erhöht hat, hat das Land seine Einfuhrzölle, mit denen es chinesische Importeure, Unternehmen und Verbraucher belastet, gesenkt und plant weitere Senkungen. Berücksichtigt man auch die Senkung der Meistbegünstigungszölle (MFN), die am 1. November fällig sind, so hat China seine durchschnittlichen MFN-Zölle von 9,9% auf 7,5% herabgesetzt. Durch niedrigere Zollabgaben auf Einfuhren aus anderen Ländern werden Abgabenpflichtige entlastet, die durch höhere US-Zölle belastet werden.

Geldpolitik

Mit der Senkung seines Mindestreservesatzes um 250 Bp seit April hat China ein deutliches Signal ausgesendet. Die Investitionsausgaben im Bereich Immobilien und Produktion sind im 3. Quartal bereits gestiegen. Wir gehen davon aus, dass der Reservesatz bis März 2019 um weitere 100 Bp gesenkt wird.

SENKUNG DES MINDESTRESERVESATZES ALS ZEICHEN FÜR GELDPOLITISCHE LOCKERUNG

Mindestreservesatz China & VPI-Inflationsrate

Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream, Oktober 2018

Fiskalpolitik

Teil des Instrumentariums ist auch eine proaktivere Fiskalpolitik in der Gestalt einer Steuersenkung von 1,3 Bio. RMB für das Gesamtjahr. Dies entspricht fast 2% des BIP von 2017, davon resultieren etwa 500 Mrd. RMB aus einer Senkung der Einkommensteuer mit Wirkung zum 1. Oktober.

Für 2019 ist mit weiteren Maßnahmen zu rechnen, insbesondere mit der steuerlichen Förderung von Infrastrukturinvestitionen sowie der Senkung der Mehrwertsteuer und der Körperschaftsteuer.

EIN STEINIGER WEG: KAPITALABFLÜSSE, INFLATION UND SCHULDENABBAU

China muss bei der Ausweitung seiner fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen drei große Hürden überwinden:

  1. Zinsdifferenz China-USA (Spread der 10-jährigen Anleihen mit 40 Bp auf 7-Jahres-Tief) und Risiko von Kapitalabflüssen  
  2. VPI-Inflation auf 7-Monats-Hoch
  3. Schuldenabbau: Inländisches Gesamtfinanzierungsvolumen auf Rekordhoch

China hat die Kapitalkontrollen bereits verschärft, um die erste Hürde zu überwinden. Der Anstieg der Inflation wird von der Politik als temporär betrachtet, zumal das Ziel von 3% noch nicht erreicht ist. Dieses Thema steht daher nicht im Vordergrund. Schuldenabbau dürfte erst wieder betrieben werden, wenn die handelspolitischen Spannungen nachlassen, da kurzfristiges Wachstum momentan oberste Priorität hat.

KAPITALABFLÜSSE SIND AUFGRUND VON KAPITALKONTROLLEN WEITER NIEDRIG.

China: Nettoportfoliozuflüsse durch gebietsfremde Anleger* (kumulative Zuflüsse YTD) [Abb. links]/Chinesische Nettokapitalströme* (kumulative Ströme YTD) [Abb. rechts]Abb. links: Quelle: Pictet Asset Management, International Institute of Finance (IIF). * Nettokäufe von Aktien und Anleihen durch gebietsfremde Anleger. IIF Portfolio Flows Tracker.
Abb. rechts: Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Datastream. * Veränderung der Devisenreserven (ohne Währungsbewertungseffekt), bereinigt um Leistungsbilanztransaktionen und Netto-Direktinvestitionsströme.

Bislang scheinen die Maßnahmen Wirkung zu zeigen und die Anleger sind an Bord geblieben. Die chinesischen Kapitalabflüsse sind zwar im September gestiegen, aber aufgrund der Kapitalkontrollen weiterhin überschaubar – gegenüber 2017 haben sie sich sogar halbiert (Abb. rechts). Hinzu kommt, dass sich die ausländischen Zuflüsse im selben Zeitraum verdreifacht haben (Abb. links).

Berücksichtigt man auch die erwartete Aufnahme der chinesischen Finanzmärkte in die breiteren Marktindizes, wird deutlich, dass das Vertrauen der Anleger in China weiterhin hoch ist.

EINSCHÄTZUNG UNSERES EMERGING EQUITY TEAMS

von Avo Ora, Head of Asia (ex-Japan) Equities

Wie oben bereits geschildert, wird China weitreichende politische Maßnahmen ergreifen, um den Auswirkungen der US-Zölle zu begegnen. 

Die chinesische Regierung konnte sich aufgrund der ausgleichenden Schwäche des RMB gegenüber dem US-Dollar alle Optionen offen lassen, aber dies wird nicht von Dauer sein.

Die Maßnahmen, die am wahrscheinlichsten sind, nämlich geldpolitische Lockerung und fiskalpolitische Anreize, kommen in der Regel festverzinslichen Anlagen zugute. Das ist ein weiteres Argument für unser Engagement in Unternehmen aus dem Baugewerbe – das eine ein Zementhersteller, das andere ein Stahlproduzent. Diese Unternehmen sind nicht nur attraktiv bewertet, sondern sie können jetzt noch mehr freien Cashflow generieren, weil das Angebot aufgrund der von den chinesischen Behörden eingeführten Umweltbeschränkungen knapper wird.

Wir glauben, dass angebotsseitige Reformen weiter vorangetrieben werden, und zusätzliche Anreize dürften sich positiv auf die Bautätigkeit auswirken.

AUSLASTUNG DER STAHLPRODUKTIONSKAPAZITÄTEN NACH EINFÜHRUNG VON BESCHRÄNKUNGEN FÜR UMWELTVERSCHMUTZENDE PRODUZENTEN

Stahlproduktionskapazität, Nachfrage & Auslastung ChinaQuelle: Goldman Sachs, 15. Oktober 2018

MARKTBEOBACHTUNG

DATEN ZUR MARKTBEOBACHTUNG

Quelle: Datastream, Bloomberg, Daten vom 30.09.2018, in USD. Angaben zu den Aktienindizes auf Basis der Wiederanlage der Nettodividenden; Angaben zu Anleihen- und Rohstoffindizes auf Basis der Gesamtrendite. Die Entwicklung der Wechselkurse wird als Performance-Berechnung basierend auf den Währungskursen herangezogen.


Über die Autoren

Avo Ora kam 2011 zu Pictet Asset Management und ist Head of Asian Equities Ex Japan, inklusive der Indien- und China-Teams. Bevor er zu Pictet kam, war er bei Putnam als Investment Manager für Strategien im Bereich Asia Pacific ex Japan tätig. Seine berufliche Laufbahn begann er 1998 als Analyst bei Putnam. Avo erwarb einen Bachelor in internationalen Studien von der Clark University in Masachusetts und einen Master in internationalen Beziehungen von der Columbia University of International Public Affairs.

Patrick Zweifel kam 1997 zu Pictet. Er ist als Chef-Ökonom von Pictet Asset Management tätig. Bevor er 2009 in diese Funktion wechselte, leitete er das Makro-Research-Team von Pictet Private Wealth Management. Dort war er insbesondere für Schwellenländer und Japan, sowie für die Entwicklung quantitativer Modelle für die wichtigsten Anlagekategorien, hauptsächlich Wechselkursmodelle, zuständig. Vor seiner Tätigkeit bei Pictet war er Forschungsassistent der Fachrichtung Ökonometrie und Geldmarkttheorie und beteiligte sich an internationalen Forschungsprojekten der Weltbank und der Europäischen Union. Patrick Zweifel hat einen Doktortitel im Fachgebiet Ökonometrie von der Universität Lausanne.

Über Pictet Asset Management 

Pictet Asset Management ist ein unabhängiger Vermögensverwalter mit einem verwalteten Vermögen von 163 Milliarden EUR, das wir für unsere Kunden in Aktien, Festverzinsliche, alternative Anlagen und Multi-Asset-Produkte investieren. Wir verwalten Einzelmandate und Anlagefonds für einige der größten Pensionsfonds, Finanzinstitute, Staatsfonds, Finanzintermediäre und deren Kunden weltweit. Bei unserem auf Anlagen basierenden Geschäft verfolgen wir einen langfristigen Ansatz mit einer einzigartigen Kundenorientierung. Unser Ziel ist es, der bevorzugte Anlagepartner unserer Kunden zu sein. Wir schenken ihnen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, bieten Pionier-Strategien und fühlen uns der Exzellenz verpflichtet.

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Für weitere Informationen steht Ihnen Frank Böhmer gerne zur Verfügung.
Telefon: 069-79 5009 1224
e-mail: fbohmer@pictet.com