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Disruptive Themen beflügeln die künftige Rohstoffnachfrage

OpinionsDisruptive Themen beflügeln die künftige Rohstoffnachfrage

Da Energieeffizienz die Nachfrage nach erneuerbarer Energie und Batterietechnologie beflügelt, könnte der Silber- und Nickelverbrauch zunehmen, so James Butterfill, Head of Research & Investment Strategy, im Ausblick 2018 von ETF Securities. Die Integration von Automation und Technologie könnte Kupfer zugutekommen. Der Klimawandel könnte sich weiter auf den globalen Landwirtschaftssektor auswirken.

Betrachtet man die Rohstoffentwicklung im Laufe der Zeit, wird deutlich, dass sich der wirtschaftlich stärkste Rohstoffsektor tendenziell aus strukturellen Verschiebungen bei Technologie und Wachstum ergibt. Bis ins 18. Jahrhundert entfiel der Großteil des Rohstoffmarktes auf die Landwirtschaft, die sich im Einklang mit dem Handel und der Bevölkerung entwickelte. Durch die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert rückte die Massenproduktion von Stahl und Kohle in den Mittelpunkt. Diese Entwicklung setzte sich im 20. Jahrhundert fort, als Öl und Petroleum das Zepter übernahmen. Wir stehen nun an einem Wendepunkt einer neuen Rohstoffgeneration, die geprägt ist von ineinandergreifenden Technologien in den Bereichen Energieeffizienz, Automation und Klimawandel, welche für die Nachfrage entscheidend sein dürften.

Energieeffizienz

Die Verbreitung erneuerbarer Energien hat in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, da sie eine Möglichkeit darstellen, den zunehmenden Energiebedarf zu decken. Eine der kommerziell und wirtschaftlich rentabelsten Alternativen ist dabei die Solarkraft. Der Bau von Photovoltaikanlagen (PV) übertrifft weltweit auch weiterhin die Erwartungen, wobei die globale PV-Nachfrage einem Bericht von EnergyTrend1 zufolge in diesem Jahr 100 Gigawatt (GW) übersteigen dürfte. China ist der weltweit führende Solarkrafterzeuger und hat 2016 Solaranlagen mit einer Kapazität von 34 GW und über 17 GW allein in der ersten Jahreshälfte 2017 errichtet. Diese zunehmende Nachfrage nach PV-Modulen könnte sich als Segen für die erforderlichen Grundstoffe erweisen, allen voran Silber. Die Silbernachfrage aus der Industrie könnte bis 2022 im Einklang mit der globalen PV-Nachfrage weiter ansteigen.

Technologische Fortschritte bei der Energiespeicherung, insbesondere bei der Batterietechnologie, haben die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energien gesteigert. Bei Lithium-Ionen-Akkus dürfte ein rascher Nachfrageanstieg durch Elektrogeräte, Stromzellen und allen voran die weltweit zunehmende Verbreitung batteriebetriebener Fahrzeuge zu beobachten sein.

Neben Lithium ist die derzeitige Batterietechnologie auch noch auf andere marktgängige Metalle angewiesen, vor allem Cobalt und Nickel. Cobalt, das hauptsächlich in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut wird, verbuchte zusammen mit Lithium ansehnliche Preissteigerungen infolge von Angebotsunterbrechungen und der erwarteten Batterienachfrage. Bei Nickel ist die globale Produktion hingegen aus regionaler Sicht stärker gestreut, und bislang sind rasche Preissteigerungen ausgeblieben.

Wahrscheinlicher ist, dass die Nickelpreise in den kommenden Jahren allmählich von der Nachfrage nach neuen Batterien profitieren und dabei schrittweise steigen. Derzeit vergrößert sich das Angebotsdefizit bei Nickel – ein Trend, der bis ins Jahr 2018 anhalten dürfte. Der Preisanstieg bei Nickel in den letzten Monaten geht auf die erwartete höhere Nachfrage und nicht auf angebotsseitige Faktoren wie die Produktionskosten zurück.

Integration von Automation und Technologie

Ein weiteres anhaltendes Thema, das Rohstoffen zugutekommen könnte, ist die zunehmende Integration von Automation und Technologie. Der stärkere Schwerpunkt auf autonome oder selbstfahrende Fahrzeuge stellt ein spannendes Beispiel hierfür dar. Eine oftmals nicht beachtete Folge einer verstärkten Nutzung dieser Fahrzeugarten ist der höhere Metallbedarf. Kupfer, Silber und Gold weisen eine gute Stromleitfähigkeit auf und kommen in zahlreichen Elektrogeräten und elektrischen Komponenten dieser Fahrzeuge zum Einsatz. Da künftige Fahrzeuge zunehmend von Technologie abhängen und immer autonomer werden, könnte die Zahl der Stromleiter in Aggregatssystemen entsprechend steigen. Kupfer kommt bei Elektrofahrzeugen zudem häufiger zum Einsatz als in Benzinmotoren. Dies gilt vor allem für öffentliche Verkehrsmittel wie Busse. Elektrobusse könnten darüber hinaus eine schnellere Verbreitung finden als Elektro-Pkw, da sie eher durch die lokale Gesetzgebung denn durch Verbraucherpräferenzen beeinflusst sind.

Die möglicherweise interessanteste Gruppe dieser neuen Rohstoffgeneration ist wohl auch die unbekannteste – die Metalle der Seltenen Erden, auch Seltene Erdelemente genannt. Trotz ihrer weitgehenden Unbekanntheit stellt diese Gruppe eine wesentliche Produktionskomponente für moderne Technologien über zahlreiche Branchen wie Medizin, Verteidigung, Transport und Stromerzeugung hinweg sowie für Stützen des täglichen Lebens wie Elektro- und mobile Geräte dar. Da die Mittelschicht weltweit wächst und Automation verstärkt Verbreitung findet, werden eine Reihe von Grundstoffen wie Yttrium und Praseodym eine immer zentralere Rolle in unserer modernen Lebensweise spielen.

Wie bei allen anderen Bodenschätzen auch stellen Angebot und Reserven einen wichtigen Faktor dar. Da zahlreiche Seltene Erdelemente vor allem in den Schwellenländern zu finden sind, dürften die Geopolitik und die Stabilität der Lieferkette zunehmend an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus sind der Abbau und die Veredelung dieser Grundstoffe nach wie vor mit Herausforderungen behaftet. Dies könnte bei den Metallen der Seltenen Erden ähnliche Angebotsunterbrechungen wie in der Vergangenheit zur Folge haben, da ihr Einsatz im Laufe der Zeit zusammen mit technologischen Fortschritten zunimmt.

Klimawandel

Das anhaltend disruptive Thema, das der globale Klimawandel darstellt, könnte ein weiterer Katalysator für eine Verschiebung der Bedeutung einzelner Rohstoffe sein. Der Klimawandel hat weltweit bereits zu strengeren Emissionsstandards für Fahrzeuge geführt, was der Platin- und Palladiumnachfrage für Katalysatoren, die zu einer Verringerung der Schadstoffbelastung beitragen, zugutekommt.

Wasser ist eine im Vergleich zu häufig gehandelten Rohstoffen oftmals außer Acht gelassene natürliche Ressource, deren Rolle für die Landwirtschaft weltweit angesichts der wachsenden Bevölkerung und der steigenden Nachfrage aber nur an Bedeutung gewinnen kann. In den meisten Regionen weist der Landwirtschaftssektor den mit Abstand höchsten Wasserverbrauch auf. Die Beschaffung von Trink- und nutzbarem Wasser zur Bekämpfung der Auswirkungen von anhaltenden Dürren und Rekordstürmen könnte in Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft und weitere Technologien mit Wasserbezug münden.

Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) dürfte der Verbrauch von Agrarrohstoffen wie Soja, Mais und Weizen in den Schwellenländern bis 2025 um 29 Prozent, 14 Prozent bzw. 12 Prozent zunehmen und damit das Nachfragewachstum der Industrieländer bei Weitem übertreffen. Mit steigendem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf nehmen auch die Ansprüche der Verbraucher zu. Getreide ist das gängigste Gut, das sofort durch Fleisch ersetzt wird. Damit steigt nicht nur die Nachfrage nach Lebendvieh, sondern auch nach Getreide, das die größeren Viehbestände zur Fütterung benötigen.

Ausblick

Da diese Themen und Technologien eine immer zentralere Rolle für das künftige Wirtschaftswachstum spielen, stellt die Nachfrage nach den Rohstoffen der nächsten Generation einen wesentlichen Bestandteil dieser Fortschritte dar und dürfte sich im Einklang mit diesen entwickeln.


1) http://pv.energytrend.com/

Den vollständigen Ausblick 2018 von ETF Securities finden Sie hier.