In unserem neuesten Interview spricht Dr. Tillmann Lang von Inyova über die Bedeutung von Impact-Investing und wie es sowohl finanzielle Erträge als auch positive Umweltveränderungen fördert. Er beleuchtet die globale Plastikkrise und fordert Unternehmen wie Beiersdorf auf, ambitionierte Ziele zur Plastikreduktion zu setzen. Erfahren Sie, wie nachhaltige Investitionen langfristig bessere Renditen bieten können und warum Nachhaltigkeit und Profit Hand in Hand gehen.
altii: Wir haben heute Dr. Tillmann Lang von Inyova zu Gast im altii Interview. Er bezeichnet sich selbst als Techie und Mathematiker, der nach Zürich kam und dort dem Asset-Management nicht entkommen konnte. Stimmt das?
Dr. Tillmann Lang: Ja, das stimmt. Ich habe meine Karriere mit Clean-Tech-Themen an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit und Technologie verbracht. Ich war leidenschaftlich an Finanzen interessiert und als ich in Zürich ankam, konnte ich der Asset-Management-Industrie tatsächlich nicht entkommen. Irgendwann sah ich eine Chance, mit einigen Kollegen einen Unterschied zu machen.
altii: Sie haben sich für die Reduzierung von Plastik in der Kunststoff-Wertschöpfungskette eingesetzt. Was hat es damit auf sich?
Dr. Tillmann Lang: Mit Inyova bieten wir Impact-Investing an. Das bedeutet, Geldanlage, die sowohl die Welt verbessert als auch Rendite erwirtschaftet. Im Bereich Kunststoff und Plastik haben wir ein großes Umweltproblem. Unternehmen, in die wir investieren, spielen eine entscheidende Rolle: Sie können Teil der Lösung oder des Problems sein. Wir investieren in sie, um sowohl finanzielle Erträge zu erzielen als auch die Welt zu verbessern.
altii: Sie haben gerade die Plastik-Krise erwähnt. Was verstehen Sie darunter?
Dr. Tillmann Lang: Unter der Plastik-Krise verstehen wir, dass unser weltweiter Konsum massiv auf Plastik basiert. Es werden pro Minute weltweit eine Million Plastikflaschen verkauft. Über die Hälfte des produzierten Plastiks ist für den Einmalgebrauch gedacht, und nur 10% davon werden recycelt. Dies führt zu riesigen Müllbergen und 100 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren. Mikroplastik ist inzwischen überall, sogar in menschlichen Eizellen. Es ist eine ökologische Krise, eine Krise der Biodiversität und eine Gesundheitskrise. Zudem trägt die Plastikproduktion zum Klimawandel bei, da sie auf fossilen Brennstoffen basiert und bei der Verbrennung CO2 freisetzt.
altii: Bezieht sich Ihre Investorenerklärung auf ein bestimmtes Unternehmen in Deutschland? Reden wir über eine Plastikkrise hier in den OECD-Staaten oder in den Emerging Markets?
Dr. Tillmann Lang: Die Krise findet überall statt. In Deutschland sind wir sowohl Mitverursacher als auch Mitleidtragende. Entscheidungen über Produktion und Konsum treffen wir hier, und Unternehmen wie Beiersdorf spielen eine große Rolle. Sie können die Problematik mitgestalten oder verschärfen.
altii: Was erwarten Sie konkret von Beiersdorf?
Dr. Tillmann Lang: Wir fordern, dass Beiersdorf die Gesetzgebung im Bereich Plastik unterstützt und nicht weglobbyiert, sich selbst ambitionierte Ziele zur Plastikreduktion setzt und diese stringent verfolgt. Zudem müssen sie auch bei Materialien und Giftstoffen in der Wertschöpfungskette Verbesserungen anstreben.
altii: Wenn Beiersdorf positiv auf Ihre Forderungen reagiert und die Plastikmenge reduziert, was haben Sie als Inyova davon?
Dr. Tillmann Lang: Wir vertreten die Ziele unserer Investoren, die sowohl Geld verdienen als auch die Welt verbessern wollen. Unternehmen, die sich auf zukünftige Herausforderungen vorbereiten und nachhaltig agieren, sind langfristig erfolgreicher und bieten bessere Renditen. Daher sind wir eher geneigt, in Unternehmen wie Beiersdorf zu investieren, die sich positiv entwickeln.
altii: Können Sie Ihren Investmentprozess im Kontext der planetaren Grenzen und der Erderwärmung beschreiben?
Dr. Tillmann Lang: Nachhaltige Investitionen gehen davon aus, dass sich die Welt und das Wirtschaftssystem stark verändern. Unternehmen, die sich auf diese Veränderungen vorbereiten, sind langfristig wertvoller. Wir investieren in Unternehmen, die Lösungen für zukünftige Probleme entwickeln und stringent umsetzen können. Unser Portfolio besteht aus Unternehmen, die bereits grün sind, wie Vestas, und solchen, die Teil der Lösung werden können, wie BMW. Wichtig ist, dass wir finanzmathematisch ein gut diversifiziertes Portfolio mit einem guten Risikoprofil und Rendite erstellen.
altii: Wer sind Ihre Investoren?
Dr. Tillmann Lang: Unsere Anleger sind Privatpersonen, die Geld verdienen und die Welt verbessern wollen. Unsere Durchschnittskundin ist etwa 36 Jahre alt, 40% unserer Kunden sind Frauen. Die Durchschnittsportfolios liegen zwischen 20.000 und 50.000 Euro, und man kann schon mit 2.000 Euro starten.
altii: Was kaufen Ihre Kunden konkret?
Dr. Tillmann Lang: Wir bieten Aktienmarktlösungen mit Managed Accounts und Projektfinanzierungen an. Bei Aktieninvestments besitzen die Kunden die Aktien direkt und können opt-outen. Im Zinsbereich investieren sie in Projekte wie Windparks und Holzfabriken.
altii: Wie groß ist Ihre Research-Abteilung?
Dr. Tillmann Lang: Unsere ganze Firma arbeitet nach diesen Prinzipien. Unser dezidiertes Impact-Team besteht aus drei Personen, und insgesamt sind wir 40. Wir nutzen viel Technologie und Daten für unsere Analysen und arbeiten eng mit der Wissenschaft zusammen.
altii: Wie finden Ihre Investoren Sie?
Dr. Tillmann Lang: Meistens über Empfehlungen von Freunden und durch öffentliche Aufmerksamkeit in Medien und Podcasts. Unsere Professionalität und Tiefenanalysen haben uns auch Allianzen mit Investoren verschafft, die insgesamt 130 Milliarden Euro verwalten.
altii: Welche anderen Themenfelder sind für Sie noch interessant?
Dr. Tillmann Lang: Neben Klimakrise, Geschlechtergleichheit und Menschenrechten beschäftigen wir uns mit allen UN-Entwicklungszielen. Nachhaltigkeitsthemen sind vielfältig und miteinander verbunden.
altii: Möchten Sie noch etwas hinzufügen?
Dr. Tillmann Lang: Ich ermutige alle Anleger, sich mit Nachhaltigkeit in der Geldanlage auseinanderzusetzen. Nachhaltigkeit und Rendite widersprechen sich nicht, im Gegenteil, sie können sehr gut Hand in Hand gehen. Ein sauberer, solider Investmentansatz berücksichtigt Nachhaltigkeitsrisiken als Teil des Risikomanagements und ermöglicht gute Renditeerwartungen.
altii: Wenn ein Investor Fragen zur Anlagestrategie hat, wie gehen Sie damit um?
Dr. Tillmann Lang: Wir sind in erster Linie ein Digitalanbieter mit umfassenden Informationen auf unserer Website und in der App. Zudem bieten wir Live-Webinare und Konsultationen mit Experten und beantworten Fragen per E-Mail.
altii (csa): Vielen Dank!
Über Dr. Tillmann Lang
Dr. Tillmann Lang beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Frage, wie man die Welt nachhaltiger machen kann – und welche Rolle das Finanzwesen dabei spielt. Vor der Gründung von Inyova arbeitete Tillmann mehr als 6 Jahre bei der Strategieberatung McKinsey & Company. Zusätzlich war Tillmann CFO bei Benefiit, einem Netzwerk aus Impact-Investoren und ist Gründungsdirektor des Sustainability-in-Business-Labs der ETH Zürich. Er hat an der ETH Zürich einen Doktortitel erlangt und an den Universitäten in Heidelberg und Santiago de Chile Mathematik und Informatik studiert.
Bild: Inyova