Friday 26-Apr-2024
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Die Macht der Zinsen

OpinionsDie Macht der Zinsen

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz: Zinsanhebungen durch die US-Notenbank führen früher oder später zu einer schwächeren Konjunktur, oftmals sogar zur Rezession. Als Anleger und vor allem in der Taktischen Asset-Allocation gilt es daher, aktiv zu werden und nicht auf die Effekte in der Realwirtschaft zu warten. In aller Regel wird die Eintrübung der Daten an den Kapitalmärkten zuerst sichtbar. Es reagieren allerdings nicht alle Märkte gleichzeitig. Manche Segmente bewegen sich früher, während andere Teilbereiche erst mit Verzögerung beginnen, ein sich änderndes Umfeld einzupreisen.

Häufig ist ein Anziehen der Geldpolitik in den fundamental schwachen Segmenten zuerst spürbar. Dort führen eine Einschränkung der Kapitalmarktliquidität sowie schlechtere Finanzierungsbedingungen zu den stärksten Symptomen. Anfang der 2000er waren dies die übertrieben hoch bewerteten Technologiewerte, in der Finanzkrise betraf dies alles, was mit US-Immobilien zu tun hatte. Nun fällt es den Analysten natürlich leicht, die Vergangenheit zu erklären. Doch wie sieht es mit dem aktuellen Zinsanhebungszyklus, also mit der Zukunft aus? Heute bereits können wir erhöhten Druck im Zusammenhang mit den höheren US-Zinsen beobachten – und zwar in den Schwellenländern. Auch hier gibt es spezifische Länderthemen. Trotzdem fällt auf, dass auf jedem Kontinent zumindest eine Währung deutlich abwertet. Gleichzeitig notieren viele US-Aktien auf Höchstständen und US-High-Yield-Spreads nahe den Tiefstständen. Solche Divergenzen sind, wie oben beschrieben, in der Spätphase des Marktzyklus normal. Diese könnte durchaus noch etwas andauern und zwischenzeitlich auch wieder Marktchancen bieten. Aktuell sind diese undurchsichtig, weshalb an der neutralen Ausrichtung festgehalten wird.

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Anleihen – Gemischte Gefühle

Wer hätte zu Jahresbeginn erwartet, dass deutsche Bundesanleihen im laufenden Jahr 2018 eine positive Wertentwicklung abliefern und noch dazu im Ranking der Assetklassen weit oben stehen?

Mit der jüngsten Erholung zumindest der US-Aktienmärkte ist die Risikoaversion auch bei den Anleihen zurückgegangen. Das reflektieren vor allem die US-Unternehmensanleihen und High-Yield-Anleihen, wobei auch der stärkere Dollar seinen Beitrag liefert. Emerging-Market-Anleihen konnten sich im Sommer nur kurzfristig erholen. Der Druck auf die Währungen lässt die Erträge in allen EM-Segmenten aktuell in den tiefroten Bereich sinken.

Die gute Entwicklung der Euro-Staatsanleihen hat mit Italien allerdings ein Sorgenkind. 10-jährige Staatsanleihen rentieren bei etwa 3 Prozent Abstand zur Benchmark der deutschen Bundesanleihen. Erstmals seit der Finanzkrise 2008 liegen diese Renditen näher bei Griechenland als bei Portugal. Denn die Anleihen der Euro-Peripherie (Spanien, Portugal und auch Griechenland) haben sich erholt, Italien hat noch schwierige Zeiten vor sich.

Geld-/Kapitalmarkt – Kleine Renditeabstände und flache US-Zinskurve

An den Staatsanleihemärkten sorgen die rasant flacher werdende US-Zinskurve und damit verbundene Rezessionssorgen – denen wir vorerst wenig abgewinnen – für Diskussionen. Derzeit befinden wir uns noch rund 20 BP von einer inversen US-Zinskurve entfernt. In Anbetracht eines auf der Stelle tretenden Ölpreises und eines dementsprechend geringeren Inflationsdrucks schaffte es die Renditekurve der 10-jährigen US-Staatsanleihen nicht über die 3-Prozent-Grenze und auch der Interkontinental-Spread (USA – Deutschland, 10 Jahre) stagniert seit Juni.

In der Eurozone ist der Blick auf Italien gerichtet. Die Volatilität italienischer Staatsanleihen dürfte vermutlich hoch bleiben, stehen doch einige wegweisende Ereignisse an: Ratingupdates, Budgetentwurf und die Antwort der Europäischen Kommission bis Ende November.

Wir gehen davon aus, dass das Budget der aktuellen Regierung für Aufregung sorgen dürfte, es schlussendlich jedoch zu einem Sinken der derzeit hohen Risikoprämien von italienischen Staatsanleihen kommen wird.

Staats- und Unternehmensanleihen – Blick auf Italien und Risikoprämien

Fed-Präsident Jerome Powell will trotz fortlaufender Kritik von US-Präsident Trump am Kurs der graduellen Zinserhöhungen festhalten. Der schon oft beschriebene Makrodatenkranz bestätigt die starke US-Konjunktur, ebenso wie den weiterhin guten Ausblick sowie einen sehr robusten Arbeitsmarkt. Dazu ist das FED-Ziel für die Inflation von 2 Prozent im Jahr 2018 erreicht.

Trotz der nun bereits flachen US-Zinskurve sehen wir noch Potenzial in diesem Trend und sind entsprechend positioniert – ebenso bei den inflationsindexierten Anleihen in Europa und den USA.

Bei den Unternehmensanleihen profitiert das High-Yield-Segment vom sehr guten makroökonomischen Umfeld. Und zwar deutlich stärker als das Investment Grade-Segment, da die Ausfallsraten in Europa und vor allem in den USA weiter sinken. Wir erwarten mittelfristig jedoch engere IG-Risikoprämien und damit eine Nachholbewegung relativ zu anderen Risikomärkten. Wir behalten ein Übergewicht an Euro-Unternehmensanleihen bei.