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Wasser: mehr als bloß ein Tropfen auf dem heißen Stein?

OpinionsWasser: mehr als bloß ein Tropfen auf dem heißen Stein?

von Walter Hatak, Senior Research Analyst der Erste Asset Management.

Wasser ist ein lebensnotwendiges Gut – eine medizinische Faustregel besagt, dass der Mensch nur drei Tage ohne Wasser überleben kann. Nicht ohne Grund wird bei der Erforschung fremder Planeten zuerst nach der Quelle des Lebens, dem Wasser, gesucht. Wassermangel kann ganze Regionen unbewohnbar machen und Menschen zur Flucht zwingen, weshalb die Beurteilung der Wasserverfügbarkeit auch auf globaler Ebene zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Das World Resources Institute hat eine Unterteilung des Wasserrisikos in physische, regulative und Reputationsrisiken vorgenommen und davon 12 Schlüsselindikatoren abgeleitet um eine Evaluierung der weltweit wichtigsten Wassereinzugsgebiete vornehmen zu können.

Beispielsweise wird bei den physischen Risikoindikatoren das Verhältnis der jährlichen Wasserentnahme zum Angebot an Wasser, die Häufigkeit von Fluten oder der Schweregrad von Dürreperioden gemessen. Ebenso wird die Rücklaufquote erhoben, also jene Wassermenge, die nach der Verwendung wieder rückgewonnen wird, sowie der Wasseranteil, der durch geschützte Ökosysteme bereitgestellt wird. Der Anteil an Süßwasser-Amphibien, die nach IUCN (Internationale Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen) als gefährdet eingestuft sind, stellt einen Indikator für das regulative Risiko dar: Ein hoher Anteil impliziert sensible Ökosysteme, die zukünftig verschärfte Regulierungen bei der Wasserentnahme zur Folge haben können. Denn vielerorts stammen Regulierungen aus Perioden mit noch genügend Wasserreserven und sind mittlerweile überholt. OECD-Angaben zufolge hat sich alleine die Entnahme aus Grundwasserreservoiren in den letzten 50 Jahren verzehnfacht, zwischen 2010 und 2055 wird ein weiterer Anstieg der Nachfrage nach Wasser um 55% prognostiziert.

Das Ergebnis dieser Risikoevaluierung ist der „Aqueduct Water Risk Atlas“ des World Resources Institutes, der eine weltweite Gegenüberstellung von Wasserrisiken auf regionaler Ebene ermöglicht. Jene Regionen mit einem geringen Wasserrisiko werden dabei hellgelb eingefärbt, jene mit einem hohen Wasserrisiko dunkelrot, Regionen ohne ausreichende Daten grau.

Overall Water Risk

Beispielhaft seien die folgenden Risiko-Regionen erwähnt, die in jüngerer Vergangenheit mit Wasserverknappung zu kämpfen hatten: Kalifornien hatte 2014 mit einem Dürre-Notstand zu kämpfen, der mit mehreren Waldbränden und einer Absackung des Bodens einherging. Kapstadt sah sich Anfang dieses Jahres zu drastischen Wassersparmaßnahmen gezwungen um den sogenannten Day Zero (=Tag ohne Wasser) zu verhindern.

Wasser(-mangel) als globales Risiko

Eine globale Wasserkrise wird vom World Economic Forum unter Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen als fünftgrößtes Risiko für 2018 gewertet. Generell wird das Risiko einer Wasserverknappung seit 2012 konstant unter den 5 größten Risiken angeführt. An zweiter Stelle der globalen Bedrohungen stehen für 2018 extreme Wetterereignisse. Hier gibt es direkte Zusammenhänge: Die bereits existierende Wasserkrise kann auf fehlende Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zurückgeführt werden, der wiederum in Verbindung mit extremen Wetterereignissen steht. Durch längere Trockenperioden und intensivere Niederschläge kann der ausgetrocknete Boden die Regenmassen nicht mehr aufnehmen wodurch Wasser oberirdisch abrinnt und weniger Grundwasserneubildung wahrscheinlich ist. Nach Angaben des World Resources Institutes leben derzeit eine Milliarde Menschen in Regionen mit knappen Wasserressourcen. Bis 2025 könnte sich diese Zahl auf 3,5 Mrd. Menschen erhöhen. Die häufigsten Ursachen für Wasserknappheit sind die Verschmutzung von Wasser und die damit verbundene Bedrohung von Süßwasserquellen sowie der Klimawandel, der Dürreperioden sowie Fluten verstärkt, Niederschlagsrhythmen verändert, das Schmelzen von Gletschern beschleunigt und damit das Angebot an Wasser verändert.

Da ohne Wasser den Menschen die Lebensgrundlage fehlt, kann die Wasserverknappung in massiven Flüchtlingsbewegungen resultieren, die globale Auswirkungen über die betroffenen Gebiete hinaus haben. Man spricht deshalb mittlerweile von einem Risiko mit gesellschaftlichen Auswirkungen.

Wasser als Fußabdruck der ERSTE RESPONSIBLE Aktienfonds

Die Erste AM hat sich im Jahr 2015 dazu entschieden, als erste KAG in Österreich den Montreal Carbon Pledge zu unterzeichnen und dadurch verpflichtet, den CO-Fußabdruck der relevanten Aktienbestände zu veröffentlichen. Mit der Unterzeichnung und dem damit verbundenen koordinierten Vorgehen bedeutender Assetmanager konnte entsprechender Druck auf Unternehmensseite aufgebaut werden, um die Veröffentlichung von CO2–Daten voranzubringen. 

Eine ähnliche Erfolgsgeschichte soll die in Österreich erstmalige Berechnung des Wasserfußabdrucks für die ERSTE RESPONSIBLE Aktienfonds der Erste AM schreiben. Eine gesamtheitliche Analyse darf sich nicht auf die Messung des CO2-Ausstoßes beschränken.

Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Wasserintensität der im Fonds gehaltenen Unternehmen wurde als zentrale Kennzahl die von den Unternehmen veröffentlichte Wasserentnahme herangezogen. Die mit der erstmaligen Messung des Wasserfußabdrucks einhergehende Pionierrolle hat allerdings den Nachteil, dass viele Datenpunkte noch nicht in ausreichender Qualität vorhanden sind. Um trotzdem eine seriöse Datengrundlage sicherzustellen, werden nur jene Werte berücksichtigt, die unabhängig von mehreren Datenprovidern bereitgestellt werden. Datenpunkte, die für weniger als 80 Prozent der relevanten Unternehmenstätigkeit ausgewiesen werden, bleiben gänzlich unberücksichtigt. Die daraus resultierende Menge an Wasserdaten ist mit einer Gesamtabdeckung von knapp 50% der Portfoliobestände leider noch nicht im Bereich der CO2-Kennzahlen. Diesbezüglich findet ein intensiver Austausch mit den Researchpartnern statt, um einerseits eine höhere Abdeckung zu erreichen und andererseits ein verstärktes Bewusstsein für die Bedeutung des regionalen Wasserverbrauchs aus Investorensicht zu erzielen.

Das Glas ist mehr als halb voll

Gesamtabdeckung der ERSTE RESPONSIBLE Aktienfonds mit Wasserdaten
Wasser - Intensität Erste Responsible AktienfondsQuelle: Bloomberg, MSCI-ESG, ISS-oekom, Berechnungen Erste Asset Management Wasser- und Umsatzdaten Geschäftsjahre 2015-2018

Wasserentnahme und -region als Inputgrößen für den Erste AM Waterfootprint

Der Süßwasserverbrauch gibt an, welche Wassermengen vom Unternehmen im letzten Geschäftsjahr aus Oberflächengewässern oder aus dem Grundwasser entnommen wurden. Der Wert ist sehr stark von der Branche des jeweiligen Unternehmens abhängig. Die Zuteilung des Wasserverbrauchs auf Wasserrisikoregionen (hoch/mittel/niedrig) erlaubt jedoch eine Differenzierung auch innerhalb der Branche und somit eine Einschätzung, inwieweit das Unternehmen zukünftig von einer Wasserverknappung betroffen sein könnte. Dazu muss vorab die Normalisierung des Wasserverbrauchs über den Jahresumsatz erfolgen, um eine Vergleichbarkeit von Unternehmen unterschiedlicher Größe zu ermöglichen. Die so ermittelte Wasserintensität kann dann, in einem letzten Rechenschritt, in Abhängigkeit der regionalen Verteilung der Standorte des Unternehmens, sowie der Gewichtung im Fonds, zu einem gewichteten Mittelwert aggregiert werden.

Im Gegensatz zum CO2-Fußabdruck liefert die regionale Komponente beim Wasserfußabdruck eine sehr wichtige Zusatzinformation. Unternehmen, deren Produktionsstätten in Regionen mit einem hohen Wasserstresslevel angesiedelt sind, haben ein besonders hohes Wasserrisiko, selbst wenn der Wasserverbrauch im Branchenschnitt liegt. Das liegt daran, dass in diesen Regionen die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Wasserverknappung weitaus größer als in low stress regions (Regionen mit einem geringem Wasserstresslevel) ist. Eine tatsächliche Wasserverknappung kann unterschiedliche Implikationen wie strengere Regulierung der Wasserentnahmen, massive Preisanstiege oder sogar eine Schließung der Produktionsstätte nach sich ziehen. Insofern erscheint die Beurteilung des Wasserrisikos auch aus ökonomischer Sicht geboten. Die Einteilung in low, medium und high stress regions orientiert sich an der bereits beschriebenen Risikoeinstufung des World Resources Institutes inder physische, regulatorische und Reputationsrisiken berücksichtigt werden. Die darauf basierende Weltkarte mit regionaler Unterscheidung der Risikogebiete (siehe Grafik oben) ist auch online einsehbar.

Welche Pegelstände werden bei der Messung der Wasserinensität erreicht?

Wasser Intensität Erste Responsible Aktienfonds im VergleichQuelle: Bloomberg, MSCI-ESG, ISS-oekom, Berechnungen Erste Asset Management Wasser- und Umsatzdaten Geschäftsjahre 2015-2018; Indexdaten per 28.12.2018

Das Ergebnis zeigt aus Sicht der Erste AM, dass die Wasserintensität der in den ERSTE RESPONSIBLE Aktienfonds gehaltenen Unternehmen sowohl bei Betrachtung nach Risikoregion, als auch gesamthaft deutlich geringer ist, als im globalen Aktienmarkt. Dieses Ergebnis lässt sich auf die umfassende ESG-Analyse zurückführen, die sämtliche Unternehmen, die in den ERSTE RESPONSIBLE Aktienfonds gehalten werden, durchlaufen müssen. Ein wichtiger Teilaspekt des Nachhaltigkeitsratings ist dabei die Beurteilung, inwieweit ein Unternehmen von hohen Wasserentnahmen in Risikogebieten abhängig ist. Insofern zeigt diese Auswertung, dass die in den ERSTE RESPONSIBLE Aktienfonds investierten Unternehmen auch beim Wassermanagement zu den Branchenbesten zählen.


Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog der Erste Asset Management.

Mehr Informationen zur Produktpalette der Erste Asset Management finden Sie unter www.erste-am.at.